Stresshormone können sich auf die Gesundheit auswirken – und doch gibt es Unterschiede in den Folgen der Stresseinwirkung. Vereinfacht gesagt: Positiver Stress beflügelt, negativer Stress macht krank.
Stress als natürliche Reaktion des Körpers
Wir alle kennen Stress, ob aus der Schule, im beruflichen oder privaten Alltag. Ständige Überforderung durch Leistungsdruck, das Hetzen von Termin zu Termin oder eine allgemeine Überreizung durch sogenannten Freizeitstress setzen den Körper unter Dauerspannung. Das natürliche Hormongleichgewicht droht zu entgleisen, sollte nichts gegen den Stress unternommen werden. Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie unterstreicht in dem Zusammenhang, dass bis zum Abbau aller Stresshormone und Rückbildung der gesundheitlichen Auswirkungen bis zu drei Jahre vergehen können.
Dabei ist Stress eigentlich eine gute und gesunde Reaktion des Körpers, mit deren Hilfe Gefahren für Leib und Leben abgewehrt werden sollen. Stand der Säbelzahntiger vor der Gruppe von Menschen, verhalfen ihnen die umgehend ausgeschütteten Stresshormone zu ungeahnten Kräften und mehr Ausdauer. Heute ist das freilich nicht mehr nötig. Stress erleben die meisten Menschen nun eher durch eine Bedrohung ihres Selbstwertgefühls, verdeutlicht die Techniker Krankenkasse. Manche haben Angst vor bestimmten Dingen (räumliche Enge, Menschenmassen, Spinnen etc.), andere fürchten die Trennung von ihrer Familie. Teilweise entsteht Stress sogar aus Frust, weil etwas anders läuft als geplant.
Das passiert bei Stress im Körper
Die Information, dass eine Gefahr vorliegt, wird über das sympathische Nervensystem und hier über die einzelnen Nervenstränge zur Nebenniere geleitet. Diese antwortet darauf, indem sie Adrenalin und Noradrenalin ausschüttet (sogenannte Katecholamine). Sie sorgen dafür, dass sich Herzschlag und Blutdruck beschleunigen, Muskeln angespannt werden und Blutzucker freigesetzt wird.
Doch nicht nur das sympathische System arbeitet, sondern auch die Amygdala. Diese ist laut spektrum.de eine mandelförmige Struktur im Gehirn und für die Verarbeitung von Informationen zuständig. Sie meldet nun an den Hypothalamus, dass es eine Gefahr gibt. Dieser wiederum setzt hormonelle Botenstoffe frei, die auf die Hypophyse wirken. Sie setzt ACTH (Adrenocorticotropin) frei, das mit dem Blut zur Nebennierenrinde gelangt und dort für die Freisetzung von Cortisol sorgt.
Dank dieses Zusammenspiels verschiedener Strukturen und Bereiche bekommt der Körper mehr Sauerstoff und hat genügend Energie, um rasch agieren zu können. Die Techniker Krankenkasse listet mögliche Auswirkungen von Stress auf den Körper auf:
- schnellerer Atem
- höherer Puls und Blutdruck
- höhere Blutzuckerproduktion in der Leber
- Ausschwemmen von roten Blutkörperchen, damit mehr Sauerstoff und Nährstoffe zu den Muskeln gelangen können
- Weiten der Blutgefäße für eine bessere Durchblutung
- Ansteigen des Muskeltonus
- schnellere Blutgerinnung
- Produktion von Botenstoffen zur Steigerung der Immunabwehr
- geringere Produktion von Sexualhormonen
- Verlangsamung der Verdauung
Dauerstress macht krank
Die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie weist darauf hin, dass chronischer Stress ohne ausreichende Erholungs- und Entspannungsphasen zur Überlastung des Körpers führt. Schlafstörungen und Depressionen können die Folge von dauerhaft zu hohen Adrenalin- und Cortisolspiegeln im Blut sein. Auch sexuelle Unlust kann sich zeigen, ein unerfüllter Kinderwunsch kann die Folge eines stressbedingt gestörten Zyklus sein.
Infekte und Wundheilungsstörungen können auftreten, sogar Krebs kann durch Dauerstress begünstigt werden, erklärt der stellvertretende Klinikdirektor und Leiter des Schwerpunkts Endokrinologie, Diabetologie und Ernährungsmedizin der Medizinischen Klinik am Universitätsklinikum Frankfurt Prof. Dr. Jörg Bojunga.
Stress und der weibliche Zyklus
Sexuelle Unlust bei Frauen ist eine der häufigsten Begleiterscheinungen von dauerhaftem Stress. Dabei liegt es nicht an der mangelnden Zeit oder der Tatsache, dass viele Frauen angesichts zahlreicher alltäglicher Verpflichtungen „den Kopf voll haben“, sondern vor allem am Stresshormon Cortisol. Dieses von den Nebennieren ausgeschüttete Hormon bringt die hormonelle Balance aus dem Takt. Das MVZ Deine Frauenärzte Mittelfranken weist auf typische Auswirkungen von Stress auf den weiblichen Zyklus hin:
- Unregelmäßigkeiten oder eine ausbleibende Periode
- unterschiedlich starke Blutungen
- stärkere PMS-Symptome
- Störungen des Eisprungs
Längerfristige Probleme mit dem Zyklus können zu Unzufriedenheit führen und die Lebensqualität beeinträchtigen. Ebenso kann ein unerfüllter Kinderwunsch die Folge sein, was nicht nur familiäre, sondern vor allem psychische Folgen bis hin zu schweren Depressionen haben kann. Es ist daher wichtig, den Zyklus wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Das MVZ empfiehlt dazu außer Entspannungsübungen und geplanten Auszeiten eine generell gesündere Lebensweise mit viel Bewegung und gesunder Ernährung. Auch professionelle Unterstützung und Beratung können sinnvoll sein. Frauen sollten sich dafür zuerst an ihren Gynäkologen oder ihre Gynäkologin wenden.
Hat Stress auch positive Seiten?
Wie Medizinjournalistin Constanze Löffler in einer Publikation der Universität Freiburg berichtet, kann Stress sich auch positiv auswirken und etwa beim Lernen helfen. Dies haben Studien mit Probanden, die sich in einer Bewerbungssituation beweisen mussten, gezeigt. Hintergrund: Adrenalin und Noradrenalin fördern die Wachheit und lassen den Körper zusammen mit dem Hormon Cortisol leistungsfähiger werden. Sie sorgen dafür, dass sich Menschen Gelerntes besser merken. Werden Stresshormone von außen zugeführt, können sie sogar die schädigende Wirkung von Stress umkehren, wie Versuche mit Patienten, die vor einer Herz-OP Cortisol erhalten hatten, gezeigt haben. Diese Probanden waren nach der OP deutlich weniger gestresst oder verängstigt.
Dem Artikel von Constanze Löffler zufolge kann Stress also positiv auf die Psyche, die Leistungsfähigkeit sowie bezogen auf die Bindung zu anderen Menschen wirken. Dies gilt aber nur für Stress, der wenige Minuten oder Stunden andauert. Länger anhaltender Stress mit einem hohen Pegel an Stresshormonen im Blut macht dennoch krank.
Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden