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Betreiber-Bande von "Darknet-Bunker" an der Mosel angeklagt

Cybercrime

Betreiber-Bande von "Darknet-Bunker" an der Mosel angeklagt

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    Polizisten sichern das Gelände eines ehemaligen Bundeswehr-Bunkers. Dort blühte Cyber-Kriminalität.
    Polizisten sichern das Gelände eines ehemaligen Bundeswehr-Bunkers. Dort blühte Cyber-Kriminalität. Foto: Thomas Frey, dpa, Archiv

    Rund ein halbes Jahr nach der Zerschlagung eines Darknet-Zentrums in einem früheren Bunker ist Anklage gegen die Betreiber-Bande erhoben worden. Insgesamt acht Tatverdächtige sollen in der unterirdischen Anlage in Traben-Trarbach in Rheinland-Pfalz auf Servern Webseiten gehostet haben, über die Kriminelle aus aller Welt millionenschwere illegale Geschäfte abwickelten, wie die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz am Dienstag mitteilte. Hauptakteur soll ein 60-jähriger Niederländer sein, der den "Cyberbunker" Ende 2013 erworben und nach und nach aufgebaut habe.

    Die Hunderttausenden Deals, die über die Server im Ex-Bunker gelaufen sein sollen, reichten laut Ermittlern vom Drogenhandel über das Verschicken von Kinderpornos und Falschgeldgeschäften bis zu Datenhehlerei, Mordaufträgen und Cyberangriffen.

    Die Hunderttausenden Deals, die über die Server im Ex-Bunker gelaufen sein sollen, reichten laut Ermittlern vom Drogenhandel über das Verschicken von Kinderpornos und Falschgeldgeschäften bis zu Datenhehlerei, Mordaufträgen und Cyberangriffen. Die Landeszentralstelle Cybercrime der Generalstaatsanwaltschaft wirft den Angeschuldigten Beihilfe vor, weil sie durch die Bereitstellung der Server diese Taten "maßgeblich unterstützt und gefördert" hätten. Das Darknet ist ein abgeschirmter Teil des Internets.

    Die achtköpige Bande hatte eine genaue Rollenverteilung

    Zudem müssten sich die vier Niederländer, drei Deutschen und ein Bulgare im Alter von 20 bis 60 Jahren wegen Gründung und Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung verantworten. Der beschuldigte 60-Jährige soll "der Kopf der Gruppe" gewesen sein, der alle geschäftlichen Entscheidungen traf. Ein weiterer Niederländer (50) soll den Angaben zufolge als "Art Manager" fungiert haben, eine Deutsche (52) war die "Buchhalterin". Die übrigen im Team seien als Administratoren für die technischen Dinge und IT zuständig gewesen.

    Das Rechenzentrum war Ende September 2019 in einer großen Aktion nach rund fünf Jahren Vorarbeit ausgehoben worden. 403 Server wurden sichergestellt, sieben Personen kamen in Haft. Erstmals wurde ein "Bulletproof-Hoster" (kugelsicherer Hoster) getroffen, der das Ziel verfolgte, mit höchsten Sicherheitsstandards kriminelle Kunden vor dem Zugriff staatlicher Organe zu bewahren - also quasi ein digitales Versteck für Cyberkriminelle bietet.

    Das Verfahren werde zunächst auf sieben Tatkomplexe beschränkt, weil die Auswertung des Datenmaterials andauere, teilte die Behörde mit. Zu den illegalen Plattformen und Foren, die ihre Straftaten über die Server in dem Ex-Bunker laufen ließen, gehörte der weltweit zweitgrößte Darknet-Marktplatz für verbotene Güter, "Wall Street Market", den Ermittler im Frühjahr 2019 zerschlagen hatten. Über diese Plattform gingen gut 234 000 Deals mit Betäubungsmitteln im Wert von gut 36 Millionen Euro über die Bühne.

    Auch der Angriff auf 1,25 Millionen Telekom-Router Ende November 2016 wurde laut Generalstaatsanwaltschaft über einen Server im "Cyberbunker" gesteuert. Geschätzter Schaden: zwei Millionen Euro. Zum Kundenstamm zählte laut Staatsanwaltschaft auch der Marktplatz "Cannabis Road" mit knapp 4000 Einzelverkäufen von Cannabisprodukten - und das Untergrundforum "Fraudsters", über das Daten, Falschgeld, Ausweise und Drogen gehandelt wurden.

    Ermittler fanden keinen einzige legale Webseite

    Gehostet haben sollen die Beschuldigten zudem den schwedischen Darknet-Marktplatz "Flugsvamp" für den Handel mit Betäubungs- und Arzneimitteln: Umsatz 30 bis 40 Millionen Euro. Zudem sollen sie die Plattformen "orangechemicals", "acechemstore" und "lifestylepharma" für synthetische Drogen gehostet haben.

    Die Ermittler hätten bei der Auswertung der Server bisher "keine einzige legale Webseite oder legalen Service gefunden", teilte die Generalstaatsanwaltschaft mit. Wegen des Hostings von weiteren kriminellen Seiten soll möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt eine weitere Anklage erhoben werden. Außerdem sei damit zu rechnen, dass gegen die Betreiber der Seiten noch Verfahren eingeleitet werden, hieß es. Insgesamt müssten die Ermittler einen Gesamtdatenbestand von mehr als zwei Millionen Gigabyte auswerten.

    Die Angeschuldigten sollen in wechselnder Beteiligung an den Taten beteiligt gewesen sein. Die Anklage ist zur Jugendkammer des Landgerichts Trier erhoben worden, weil zwei der Angeschuldigten zur Tatzeit noch Heranwachsende waren. Einen Termin für den Prozess gibt es noch nicht. (dpa)

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