Innerhalb eines Tages meldeten die Gesundheitsämter in Deutschland nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Freitagmorgen 4.516 neue Corona-Infektionen. Von Mittwoch auf Donnerstag war der Wert von 2.828 auf 4.058 erheblich angestiegen.
Für eine konkrete Schlussfolgerung sei es noch zu früh, hatte der Epidemiologe Gérard Krause vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur gesagt. "Wir haben immer wieder sprunghafte Anstiege, die sich nicht notwendigerweise als Vorbote eines exponentiellen Anstiegs herausstellen."
Experte Krause: Nicht nur auf reine Laborbefunde schauen
Er riet, in der Corona-Krise weitere Daten zu berücksichtigen. "Wir müssen mehr auf die Erkrankungszahlen statt auf die reinen Laborbefunde schauen." Diese Zahlen seien stabiler gegen Schwankungen, die durch Wechsel in der Testaktivität entstehen könnten. "Die Belegung der Intensivstationen ist ein weiterer wichtiger Indikator."
Bei den intensivmedizinisch behandelten Covid-19-Patienten zeichnet sich derzeit ein merklicher Anstieg ab, noch sind aber viele Betten frei. Laut aktuellem RKI-Lagebericht wurden am Donnerstag 487 Corona-Infizierte intensivmedizinisch behandelt, 239 davon wurden beatmet. Eine Woche zuvor (1.10.) hatte der Wert noch bei 362 (193 beatmet) gelegen, in der Woche davor (24.9.) bei 296 (166 beatmet). Rund 8500 Intensivbetten sind in den deutschen Kliniken derzeit noch frei.
Experte Streeck: 4.000 Neuinfektionen pro Tag zur Zeit bedeuten nicht mehr das Gleiche wie im Frühjahr
Auch der Bonner Virologe Hendrik Streeck warnt davor, die reinen Infektionszahlen zum Maßstab im Kampf gegen Corona zu machen. "4.000 Neuinfektionen pro Tag zur Zeit bedeuten nicht mehr das Gleiche, was sie im März und April bedeutet haben", erläutert er in einem Gastbeitrag für das "Handelsblatt" (Freitag). Abhilfe könne ein Ampelsystem schaffen, das auf dem Zusammenspiel von Infektionszahlen, Anzahl der Tests, stationärer und intensivmedizinischer Belegung basiert. Es müsse darum gehen, mit den vorhandenen Daten "ein intelligenteres und vorausschauendes System zu entwickeln". Generell gelte es, sich an ein Leben mit Corona zu gewöhnen, so Streeck weiter. Das bedeute "auch zu akzeptieren, dass Sars-CoV-2 bei uns heimisch wird". Auch Todesopfer ließen sich vielleicht minimieren, aber nicht vermeiden.
Bisheriger Höchstwert an Neuinfektionen datiert auf 28. März
Die höchste Zahl vom RKI erfasster Neuinfektionen hatte es Ende März, Anfang April gegeben, als der Wert mehrfach über 6000 lag. Der bisherige Höchstwert war 6294 am 28. März. An dem Tag wurden 325 Todesfälle gemeldet - am Freitag waren es 11. Zu beachten ist bei dem Vergleich, dass die Dunkelziffer nicht erfasster Fälle im Frühjahr sehr wahrscheinlich deutlich höher war als derzeit, weil noch wesentlich weniger Tests durchgeführt wurden. In der Woche vom 23. bis 29. März lag die Zahl erfasster Tests bei unter 362 000 - inzwischen sind es gut eine Million (28.9.- 2.10.). Lag die Rate der positiven Tests damals noch bei fast 8,7 Prozent, sind es derzeit etwa 1,6 Prozent.
Seit Beginn der Corona-Krise haben sich nach RKI-Angaben mindestens 314.660 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert (Datenstand 9.10., 0.00 Uhr).