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Gerichte in den Bundesländern entscheiden unterschiedlich

Verkaufsverbote

Gerichte in den Bundesländern entscheiden unterschiedlich

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    Ein Mann mit Mundschutz steht vor einem geöffneten Blumenladen in Regensburg. Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern dürfen wieder öffnen - wenn sie ein Hygienekonzept vorlegen können.
    Ein Mann mit Mundschutz steht vor einem geöffneten Blumenladen in Regensburg. Geschäfte mit einer Verkaufsfläche von bis zu 800 Quadratmetern dürfen wieder öffnen - wenn sie ein Hygienekonzept vorlegen können. Foto: Armin Weigel/dpa

    Die Verkaufsverbote für große Geschäfte mit mehr als 800 Quadratmetern spalten die deutsche Rechtsprechung. Am Montag verkündeten die Oberverwaltungsgerichte in Bayern, Niedersachsen und dem Saarland unterschiedliche Entscheidungen zur Rechtmäßigkeit der Verkaufsverbote. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVGH) in München sieht in der 800-Quadratmeter-Regel einen verfassungswidrigen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes. Die Oberverwaltungsgerichte in Niedersachsen und dem Saarland dagegen halten die Vorschrift für rechtens. Der Handelsverband Deutschland (HDE) forderte einheitliche Regelungen für alle Einzelhändler unabhängig von der Ladengröße.

    Der Stein des Anstoßes: Die 800-Quadratmeter-Regel gilt nicht für alle Geschäfte gleichermaßen, deswegen klagen mehrere Einzelhändler in mehreren Bundesländern. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in München rügte insbesondere die Ausnahmen für Buchläden und Fahrradhändler. Das ist aus Sicht des höchsten bayerischen Verwaltungsgerichts "aus infektionsschutzrechtlicher Sicht sachlich nicht gerechtfertigt".

    Vorschrift nicht außer Kraft gesetzt

    Unmittelbare Konsequenzen hat aber auch die Münchner Entscheidung nicht: Das Gericht setzte die bayerische Version der Vorschrift wegen der Pandemie-Notlage "ausnahmsweise" nicht außer Kraft, wie es in der Mitteilung hieß. Der 20. Senat beschränkte sich darauf, die Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz festzustellen.

    Die Richterkollegen in Lüneburg und Saarlouis sehen die Sache ohnehin anders. Laut niedersächsischem Oberverwaltungsgericht ist die Flächenbeschränkung eine notwendige infektionsschutzrechtliche Maßnahme. Dementsprechend lehnte der 13. Senat den Antrag ab, die Regel vorläufig außer Kraft zu setzen. Geklagt haben vier große Möbelhäuser mit Verkaufsflächen von 25 000 bis 60 000 Quadratmetern aus dem Raum Hannover.

    Antrag von Kaufhauskonzern abgelehnt

    Und im Saarland lehnte das Oberverwaltungsgericht einen Antrag des Kaufhauskonzerns Galeria Karstadt Kaufhof auf Aussetzung der dortigen Corona-Bekämpfungsverordnung ab. Eine Reduzierung des Warenangebots durch Verkleinerung der Verkaufsfläche und die dadurch bewirkte Leerung der Innenstädte sei ein "geeignetes und erforderliches Mittel, um die Ansteckungsgefahr zu verringern", begründete das Gericht in Saarlouis seine Entscheidung.

    Einzelhandelsverband: Regeln wettbewerbsverzerrend und willkürlich

    "Der Handel braucht diskriminierungsfreie Regelungen für die Ladenöffnungen", forderte in Berlin Stefan Genth, der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbands HDE. "Wir finden die Regeln wettbewerbsverzerrend und willkürlich", kritisierte Bernd Ohlmann, Sprecher des Handelsverbands Bayern. "Ein großes Möbelhaus kann den Abstand zwischen den Kunden genauso gewährleisten wie ein kleiner Einzelhändler." Auch die teilweise unterschiedlichen Vorschriften in verschiedenen Bundesländern ärgern den Einzelhandel: "Letztendlich kocht jedes Land sein eigenes Süppchen", sagte Ohlmann. Für die Unternehmen sei jeder einzelne Tag wichtig.

    Auch Bürger klagen gegen Einschränkungen

    Neben Einzelhändlern klagen deutschlandweit auch viele Bürger gegen Corona-Einschränkungen. "Die Gerichte verzeichnen eine steigende Zahl von Rechtsschutzgesuchen gegen die Corona-Maßnahmen", sagte dazu Sven Rebehn, der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Richterbunds. "Im Verlauf der Pandemie ist eine Tendenz festzustellen, dass die Gerichte feiner abgestufte, differenzierte Maßnahmen zum Infektionsschutz verlangen und generelle Verbote kritischer bewerten."

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