Genau zwei Jahre nach der Schließung der Kaufhof-Filiale setzt die Stadt Hanau mit der Eröffnung des neuen Stadthofs einen Impuls für die Innenstadtbelebung. In dem denkmalgeschützten Gebäude, das die Stadt gekauft hat und in Eigenregie weiterentwickelt, entsteht eine Mischung aus Läden, Gastronomie, Freizeit-, Kultur- und Bildungseinrichtungen. Das Erdgeschoss als Vorzeigestück des Umbaus wurde jetzt erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.
Entstanden ist dort ein bunter Mix aus kleinen Pop-up-Läden und Aktionsflächen. Herzstück ist die sogenannte Agora, eine Versammlungsfläche mit Sitzgelegenheiten und kleiner Bühne für die Auftritte von Künstlern, für Vorträge oder als Speakers' Corner.
Die anderen Stockwerke und das Tiefgeschoss des denkmalgeschützten Gebäudes mit einer Gesamtfläche von rund 11.000 Quadratmetern sollen nach und nach saniert werden und Platz für Ausstellungen, Events und Bildungseinrichtungen bieten. Die offizielle Eröffnung für das breite Publikum wird an diesem Donnerstag mit einem großen Fest gefeiert.
«Jede Stadt muss ihre eigenen Antworten finden»
«Die Innenstädte befinden sich in einem Schicksalsjahrzehnt», sagt der Hanauer Oberbürgermeister Claus Kaminsky (SPD). «Jede Stadt muss, wenn sie an einer lebendigen Innenstadt interessiert ist, ihre eigenen Antworten finden.» Bei den Städten, die nach dem plötzlichen Leerstand einer ehemaligen Kaufhof-Immobilie Hanaus «Schicksals- und Leidensgenossen» wurden, sei diese Herausforderung besonders groß.
Hanau hat die Immobilie für 25 Millionen Euro gekauft, etwa 40 Millionen Euro sollen darüber hinaus in den kommenden Jahren in die Weiterentwicklung des Areals in bester Citylage investiert werden. Mit dieser Entscheidung, die schon sehr kurz nach der Nachricht von der Kaufhof-Schließung getroffen worden sei, habe Hanau die Zukunft dieser wichtigen Immobilie selbst in die Hand genommen und nicht nur darauf gehofft, dass «irgendein Marktgeschehen» künftig Frequenz und Leben in die Innenstadt bringe, erklärt der OB.
Andere Städte seien da zögerlicher unterwegs, sagt Kaminsky. Namen nennt er nicht.
Andere Städte «fasziniert bis fassungslos»
«Es geht nicht nur um eine leerstehende Immobilie im Herzen der Stadt, sondern es geht um die Innenstadt als Ganzes», betont Kaminsky. Das Vorgehen Hanaus habe auch andere Städte aufhorchen lassen.
Mittlerweile könnten er und sein Team theoretisch «wesentliche Zeit unseres Arbeitstages in anderen Städten verbringen», um über das Projekt zu berichten. Oder in Hanau Gäste begrüßen, die «ein Stück fasziniert bis fassungslos davor stehen, was hier doch in recht kurzer Zeit geschehen ist», sagt Kaminsky.
Die überparteiliche Unterstützung für das Projekt erstaune außerhalb von Hanau, sagt Kaminsky. Die Zustimmung in der Stadtgesellschaft hänge auch damit zusammen, dass Hanau bereits vor Jahren bei der völligen Umgestaltung des zentralen Freiheitsplatzes mit der Errichtung des Forums gezeigt habe, dass die Stadt in der Lage sei, wirklich große Innenstadt-Projekte zu stemmen.
Günstige Mieten senken Risiko für Läden
Das Konzept «Aus Kaufhof macht Stadthof» sieht der OB als Brennglas für die Transformation der Innenstädte. Es gehe darum, Orte der Begegnung und ein Wohlfühlambiente zu schaffen.
Im neuen Stadthof will die Stadt bewusst offen für Veränderungen sein. Kleinere Läden bekommen die Chancen, sich dort auszuprobieren und zu testen, wie ihre Produkte ankommen. Vergünstigte Mieten mit verschiedenen Laufzeiten begrenzen deren wirtschaftliches Risiko.
Keine Kannibalisierung
Genauso schnell, wie sich die Welt ändert, soll sich auch das Erdgeschoss als Herzstück des neuen Stadthofs ändern. Einige Angebote werden wieder verschwinden, andere dazukommen. «Das ist ein atmendes System», erklärt der OB.
Befürchtungen, dass Läden oder Einrichtungen, die in den Stadthof einziehen, aus anderen Standorten in Hanau wegziehen, teilt Kaminsky nicht. Das Gegenteil sei der Fall, betont er. So habe ein Unternehmen, das durch die breite Berichterstattung auf den neuen Kaufhof aufmerksam geworden sei, dort keinen Platz mehr gefunden, da bereits alle Flächen im Erdgeschoss vermietet worden seien. Es habe sich nun einen anderen Standort in der Innenstadt eingemietet.
Blick auf andere Städte: Darmstadt
Auch in anderen hessischen Städten mit geschlossenen Kaufhof-Filialen gibt es Pläne für die Zukunft der jeweiligen Standorte. In Darmstadt war laut Stadtverwaltung eigentlich eine Zwischennutzung mit Pop-up-Läden aus Handel, Dienstleistungen und Kultur geplant. Zum vorigen Weihnachtsgeschäft sei die Immobilie jedoch an den Discounter Tedi vermietet worden. Der Mietvertrag bestehe noch bis Ende des Jahres.
Die Stadt plane zudem eine kurzfristige Aufwertung. Es sei eine kleinere Teilfläche im Erdgeschoss angemietet worden. Ab dem Frühjahr soll dort vorübergehend ein Biergarten öffnen. Ende 2025 würden dann grundsätzliche Umbaumaßnahmen beginnen.
Offenbach
Große Pläne mit dem ehemaligen Kaufhof hat die Stadt Offenbach. Sie hat das Gebäude in der Fußgängerzone für rund 13 Millionen Euro gekauft, um es zur «Station Mitte» umzubauen: Geplant ist ein Lern-, Kultur- und Begegnungszentrum mit Stadtbibliothek, Verkaufsflächen und Café. Die Umbaukosten werden auf rund 22 Millionen Euro geschätzt.
Ziel ist ein «Haus des Lernens und Wissens mitten im Herzen der Stadt, in dem lockeres Zusammenkommen auch ohne gleichzeitigen Konsumzwang möglich sein wird», wie die Stadt mitteilt. Das Konzept soll dazu beitragen, dass die Innenstadt dauerhaft zusätzlich belebt wird. Ein ursprünglich angedachter Veranstaltungssaal auf dem Dach wird sich allerdings nicht realisieren lassen, die Statik machte der Stadt einen Strich durch die Rechnung.
Wiesbaden
In Wiesbaden ist laut Stadtverwaltung ein Ankauf und eine Entwicklung der Gewerbeimmobilie durch die Stadt «zu der aktuellen Preisvorstellung des Eigentümers keine für uns gangbare Variante». Die Landeshauptstadt stehe in einem intensiven Austausch mit den Eigentümervertretern. Neben einer vorwiegend gewerblichen Funktion stehe auch die Möglichkeit einer Teilnutzung für eine Kultur- und eine Bildungseinrichtung im Raum.




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