Presseschau zur Eskalation in der Ukraine-Krise: Dass Russlands Staatschef Putin Truppen in die Ost-Ukraine schickt, verschärft die Lage weiter. Will er wirklich Krieg? Und was macht der Westen? Hier die Pressestimmen.
"Wladimir Putin hat die – ohnehin schon löchrige – Maske fallen lassen: Im Kreml sitzt ein Kriegsherr und Kriegstreiber. Ein Kolonialherr, der über fremde Länder und Völker bestimmen will. Der Grenzen mit Gewalt überrennt, der Verträge bricht, der die Grundlage friedlichen Zusammenlebens schlicht nicht akzeptiert: gemeinsame Regeln und das Recht auf Selbstbestimmung." Bild
"Mit dem Marschbefehl für seine Soldaten hat Wladimir Putin nun allen Verhandlungen auf der Grundlage des Friedensplans von Minsk eine Absage erteilt." Echo
"Ohne direkt den Teufel an die Wand malen zu wollen. Aber momentan wirkt es, als würde Putin nicht einmal davor zurückschrecken, einen Dritten Weltkrieg anzuzetteln." Watson (Schweiz)
"Nach Wochen einer gezielten Eskalation hat Russlands Präsident Wladimir Putin alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe und Vermutungen bestätigt. Die Anerkennung der zynisch Volksrepubliken genannten Sepaaratistengebiete Donezk und Luhansk sowie die umgehende Entsendung von Truppen folgt brutalem Kalkül und einem exakten Plan - und ist möglicherweise noch lange nicht der letzte Schritt in Putins Versuch, den Herrschaftsbereich der Sowjetunion wieder herzustellen." Tagesschau
Presseschau zur Ukraine-Krise: Putin spielt ein riskantes Spiel
"Für den Westen und die Nato stellt sich jetzt die Frage, wie eine maximal harte Antwort gefunden werden kann, die keinen großen Krieg auslöst. Viele Worte über „nie dagewesene Sanktionen“ haben Washington und Brüssel zuletzt verloren. Jetzt müssen sie die Karten auf den Tisch legen." Frankfurter Rundschau
"Illusionen, mit wem man es im Kreml zu tun hat, kann keiner mehr haben. Die Europäer müssen mehr für die Abschreckung tun – auch für die nukleare." FAZ
"Eine große Militärkampagne gegen die Ex-Sowjetrepublik ist für die russische Führung erst die letzte Lösung. Sollte es Putin gelingen, die Ukraine zu beherrschen, kann er in einem nächsten Schritt den Druck auf Anrainerstaaten erhöhen, die Mitglied von EU und Nato sind. Putin spielt ein riskantes Spiel um die Nerven der Ukrainer - und eigentlich aller Europäer." Hospodarske noviny (Tschechien)
"Putin machte deutlich, wie weit er bereit ist, für seine Vision von einer Sicherheitsarchitektur zu gehen, wie sein Russland sie braucht. Angesichts dieser Entschlossenheit ist der Westen fassungslos. Niemand will für die Ukraine sterben. Die angekündigten Sanktionen sind ein Eingeständnis der Schwäche. Es herrscht Uneinigkeit darüber, wie schnell sie kommen und wie hart sie durchgesetzt werden sollen. Putin ist vorbereitet auf alles, was Europa und die USA in petto haben." De Standaard (Belgien)

"Angesichts der Eskalation in der Ostukraine kann man nur zu einem Schluss kommen: Russlands Präsident Wladimir Putin war nie an einem politischen Kompromiss zur Lösung des Konflikts interessiert. (...) Der Westen sollte dies als ultimativen Weckruf begreifen. Europäer und Amerikaner müssen wachsam sein. Jetzt geht es um die Verstärkung der militärischen Abschreckung und um die Vorbereitung harscher Sanktionen gegen Russland." WAZ
Pressestimmen zu Putin und der Ukraine: "Es ist eine Kriegsmission"
"Die Hoffnungen auf eine friedliche Lösung in Osteuropa schwinden. Aber auch der Kremlchef Putin kann mit der Entwicklung kaum zufrieden sein. Er dürfte gehofft haben, Russlands Macht ohne einen einzigen Schuss zu steigern. Nun droht ihm ein Schritt ins Ungewisse." NZZ
"So endet die Nachkriegswelt und auch die Welt nach dem Kalten Krieg: noch nicht mit einem Knall und nicht mit etwas, was annähernd einem Wimmern gleicht, sondern mit einer Wutrede. In einem außergewöhnlichen Monolog, der am Montag weltweit live übertragen wurde, attackierte und delegitimierte der russische Präsident Wladimir Putin nicht nur die unabhängige Ukraine und ihre Regierung, sondern alle Seiten der Sicherheitsarchitektur in Europa und erklärte beide zu Kreaturen eines korrupten Westens - angeführt von den Vereinigten Staaten -, die Russland gegenüber unablässig feindselig eingestellt sind. (...)" Washington Post (USA)
"Die Uhrzeiger haben es verraten: Russlands Präsident Wladimir Putin brauchte weder einen Appell der Separatisten noch eine Beratung seines Sicherheitsrats. Das Dekret zur Anerkennung der "Donezker Volksrepublik" (DVR) und der "Luhansker Volksrepublik" (LVR) hatte er bereits vorher unterzeichnet, die Entscheidung längst getroffen. Womöglich schon vor der Abgabe des russischen Forderungskatalogs in Bezug auf westliche Sicherheitsgarantien. Alles, was darauf in den letzten Monaten folgte, war ein abgekartetes Spiel. Der Kreml-Chef wusste, musste wissen, dass sein Ultimatum in dieser Form nicht angenommen werden würde." Der Standard (Österreich)
"Der Herr im Kreml gibt. Der Herr im Kreml nimmt. Und der Herr im Kreml schickt gleich Truppen in die sogenannten Volksrepubliken. „Friedensmission“ nennt er das. Es ist eine Kriegsmission." Handelsblatt
"Putin hat mehreren Politikern einen Gefallen erwiesen, obwohl dies kaum seine Absicht gewesen sein dürfte. (...) (US-Präsident) Joe Biden braucht sich nun nicht mehr dauernd mit innenpolitischen Problemen herumzuschlagen. (...) Wenn es zum Krieg kommt, kann er sagen, dass er vorzeitig davor gewarnt hat. Kommt es hingegen zu einer Entspannung, kann er behaupten, dass dies dem entschlossenen Auftreten Amerikas zu verdanken sei. Auch (dem britischen Premier) Boris Johnson warf Putin einen Rettungsring zu. Die Aufmerksamkeit für dessen (Corona-Party-)Skandale, für die dramatischen Brexit-Folgen und das Nordirland-Problem ist dahingeschwunden. (...) Im Zusammenhang mit der aktuellen Krise zogen viele die Kompetenz von Olaf Scholz in Zweifel. Doch mit seinem vorwöchigen Besuch in Moskau bewies der deutsche Bundeskanzler, dass er ein Politiker mit hervorragenden Fähigkeiten und ein ausgezeichneter Verhandler ist. Als ob Putin ihn aus dem Dornröschenschlaf geweckt hätte." Nepszava (Budapest)