Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser dazu aufgefordert, "hart und entschlossen" gegen die Absender von Mord- und Gewaltaufrufen im Messengerdienst Telegram vorzugehen.
Deutschlands größte Journalistenorganisation reagiert damit auf Recherchen von Tagesschau.de, nach denen seit Mitte November rund 250 Tötungsaufrufe in Telegram-Chaträumen gefunden wurden. Sie richten sich dem Bericht zufolge unter anderem gegen Politiker, Wissenschaftler, Ärzte und Journalisten. Den Recherchen zufolge soll das nur die Spitze des Eisbergs sein, da die meisten Chatgruppen nicht einsehbar sind.
„Wir Journalistinnen und Journalisten erleben die Anfeindungen aus dem Lager von Impfgegnern und Coronaleugnern tagtäglich“, sagt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall. Der DJV-Vorsitzende erinnert in dem Zusammenhang daran, dass die neue Innenministerin bei ihrem Amtsantritt ein entschlossenes Vorgehen gegen den Extremismus angekündigt habe: „Frau Faeser, lassen Sie den Worten Taten folgen. Die Lage ist ernst.“
Telegram gilt als Sammelbecken für Radikale und Corona-Leugner
Der Messengerdienst Telegram gilt als Sammelbecken für Kriminelle, Coronaleugner und Verschwörungserzähler, da der Dienst nicht oder kaum gegen kriminelle Inhalte vorgeht. Das nutzen radikale Gruppierungen aus. Auf etablierten Plattformen wie Youtube platzierten sie
"weichere Inhalte", um nicht gelöscht zu werden. Für radikalere Inhalte würden ihre Follower dann von dort aus auf andere Plattformen wie den Messengerdienst Telegram verwiesen.Hintergrund ist das "Netzwerkdurchsetzungsgesetz", das soziale Netzwerke wie Youtube und Facebook dazu verpflichtet, strafbare Inhalte rasch zu sperren oder zu löschen. Telegram fällt als Messengerdienst nicht unter diese Regelung und hat sich deshalb zum Sammelbecken für Radikale und Kriminelle entwickelt.
Erst vor einigen Wochen durchsuchten Ermittler nach radikalen Äußerungen von bayerischen AfD-Politikern in einem internen Telegram-Chat zwei Wohnungen in Kulmbach und Miesbach.