In dem aufgerollten Verfahren gegen eine falsche Narkoseärztin in Kassel ist Revision eingelegt worden. Wie ein Sprecher des Landgerichts Kassel bestätigte, haben sowohl die Verteidigung der Frau als auch die Nebenklage von dem Rechtsmittel Gebrauch gemacht. Damit muss sich der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe erneut mit dem Fall beschäftigen. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet.
Die heute 54-Jährige arbeitete als Anästhesistin, obwohl sie keine war - und verursachte durch Behandlungsfehler den Tod von drei Patienten. Im Mai 2022 hatte die 6. Große Strafkammer des Kasseler Landgerichts sie unter anderem wegen dreifachen Mordes und versuchten Mordes in zehn Fällen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verurteilt. Der BGH hob damals das Urteil dann aber teilweise auf und verwies den Fall zur Neuverhandlung an das Kasseler Landgericht zurück, unter anderem, weil er den Tötungsvorsatz nicht ausreichend begründet sah.
Milderes Urteil im Berufungsverfahren
Dessen 10. Große Strafkammer war den Forderungen der Staatsanwaltschaft Kassel in dem Revisionsverfahren gefolgt und verurteilte die Frau jüngst wegen Körperverletzung mit Todesfolge in drei Fällen und gefährlicher Körperverletzung in zehn Fällen zu 15 Jahren Haft. Damit fiel das Urteil deutlich milder aus als im ersten Prozess.
Die Nebenklage hatte beantragt, die 54-Jährige wegen Mordes erneut zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe zu verurteilen und die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Ihre Verteidiger hatten für eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben bis acht Jahren wegen gefährlicher Körperverletzung beziehungsweise acht Jahre wegen gefährlicher Körperverletzung mit Todesfolge plädiert.
Gefälschte Approbationsurkunde
Die Verurteilte hatte sich mit einer gefälschten Approbationsurkunde eine Anstellung als Narkoseärztin in einem Hospital in Fritzlar (Schwalm-Eder-Kreis) erschlichen und war dort jahrelang tätig gewesen.
Ihr Werdegang ist verschlungen: Mal studierte sie Biologie, mal Zahnmedizin. Sie absolvierte eine Heilpraktikerprüfung sowie zahlreiche Praktika. Abschluss und Promotion erfolgten schließlich in Biologie. Der Doktorgrad wurde ihr von der Uni Kassel allerdings wegen eines Plagiats wieder entzogen. Einen zweiten Doktortitel soll sie im Internet gekauft haben. Eine abgeschlossene Ausbildung als Ärztin hat die 54-Jährige nicht.
2018 wechselte sie in den Reha-Bereich einer Klinik in Schleswig-Holstein - laut Ermittlern ebenfalls wieder unter falschen Angaben. Doch beim Wechsel der Ärztekammer wurden Unstimmigkeiten in ihren Unterlagen entdeckt. Die Frau zeigte sich schließlich wegen Anstellungsbetrugs selbst an, die Ärztekammer Hessen und ihr früherer Arbeitgeber ebenfalls.
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