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Krieg: Wird Hessen kriegstüchtig? - Umdenken nach Russlands Angriff

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Wird Hessen kriegstüchtig? - Umdenken nach Russlands Angriff

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    Können Panzer über Hessens Brücken fahren? Solche Fragen spielen aktuell wieder eine Rolle. (Archivbild)
    Können Panzer über Hessens Brücken fahren? Solche Fragen spielen aktuell wieder eine Rolle. (Archivbild) Foto: Swen Pförtner/dpa

    Der Kalte Krieg ist lange vorbei, doch Hessen bereitet sich auf neue Bedrohungen vor. Nur rund zwei Flugstunden entfernt tobt der russische Angriffskrieg in der Ukraine. «Er bedeutet eine signifikante Veränderung bei den Bedrohungsszenarien für den Schutz der Bevölkerung», sagt der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) der Deutschen Presse-Agentur.

    Bunker für Bürger, kriegsbereites Gesundheitssystem, Reservisten im Heimatschutz, für Militärfahrzeuge geeignete Straßen und zivil-militärische Zusammenarbeit lauten hier einige Stichwörter. Boris Pistorius (SPD), geschäftsführender Bundesverteidigungsminister, hat im Herbst 2023 die Öffentlichkeit mit dem Satz aufgerüttelt, Deutschland müsse kriegstüchtig werden - und später etwas milder von nötiger Verteidigungsfähigkeit gesprochen.

    Hessen hat nur noch 15 «sehr begrenzt nutzbare» Bunker

    Laut dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) in Bonn hat es einst allein «in den alten Bundesländern rund 2.000 öffentliche Schutzraumanlagen» gegeben. Heute seien es bundesweit noch 579 «akut nur sehr begrenzt nutzbare» Bunker. Auf Hessen entfallen davon seinem Innenministerium zufolge 15 Bunker mit insgesamt 33.000 Schutzplätzen - in einem Bundesland mit rund 6,2 Millionen Einwohnern.

    Allerdings gelten große öffentliche Bunker auch nicht mehr als zeitgemäß. Bei Vorwarnzeiten von nur noch wenigen Minuten bei Angriffen mit modernen Waffen könnten sie von den meisten Anwohnern nicht rechtzeitig erreicht werden, erklärt das hessische Innenministerium. Zudem könnten sich Ansammlungen von mehreren Hunderten oder gar 1.000 Menschen «selbst zu einem Ziel für einen Angreifer entwickeln».

    Schutz im Krieg in U-Bahn-Stationen und Tiefgaragen

    Es gehe heute vornehmlich um den Schutz vor herumfliegenden Trümmerteilen oder Splittern in rasch erreichbaren Schutzräumen wie Kellern, die sich leicht zu Selbstschutzräumen umbauen ließen. Auch U-Bahn-Stationen, Tunnel und Tiefgaragen sollen nach den Angaben als Zufluchtsort genutzt werden können. Ein «Nationales Schutzraumkonzept» werde von Bund und Ländern ausgearbeitet, unter Beteiligung des hessischen Innenministeriums.

    Landesgesundheitsministerin Diana Stolz (CDU) sagt der dpa, dass auch «Kliniken krisenfest aufgestellt sein müssen». Rettungsdienst und ambulanter Bereich müssten dafür ebenfalls in den Blick genommen werden.

    Handbuch für Krankenhäuser auch für einen Krieg

    In den vergangenen Monaten ist laut Gesundheitsministerium von zahlreichen Experten ein neues Handbuch zu Alarm und Einsatzplanung erarbeitet worden - auch für «Szenarien im Verteidigungsfall». Notfalls könnten Sanitätszüge oder Medizinische Task Forces «zusätzliche Behandlungsplätze für 25 oder 50 Patientinnen und Patienten vor den Aufnahmebereichen von Krankenhäusern einrichten». Diese würden «nach Sichtung notfallmedizinisch versorgt und in weiterführende medizinische Versorgungseinrichtungen transportiert».

    Überdies hat Hessen eine «Sanitätsmittelbevorratung» bei jeder unteren Katastrophenschutzbehörde in 21 Landkreisen und fünf kreisfreien Städten - in Kliniken, Apotheken oder Behördengebäuden «für den Massenanfall von Verletzten», wie das Gesundheitsministerium weiter mitteilt.

    Heimatschützer üben auch am Wochenende

    Im Juni 2024 war auch das Sicherheitskabinett der hessischen Landesregierung zu einer auswärtigen Kabinettssitzung auf dem Flugplatz der U.S. Army Garrison in Wiesbaden zusammengekommen, um mit Experten über Landesverteidigung, Ukraine-Hilfen und Heimatschutz zu beraten.

    Das Heimatschutzregiment 5 der Bundeswehr ist im Herbst 2024 in Wiesbaden aufgestellt worden. Im Krisenfall soll es die Truppe unterstützen. Es besteht großenteils aus Freiwilligen, die sich für das Programm «Ungediente für die Reserve» gemeldet hatten. Bewerber durchlaufen einen Gesundheitstest und einen Sicherheitscheck. Die Heimatschützer mit einem zivilen Hauptberuf werden an bestimmten Werktagen und einzelnen Wochenenden ausgebildet. Dann können sie etwa bei Naturkatastrophen, aber eben auch bei der Sicherung von Kasernen und Flughäfen eingesetzt werden.

    Sind Hessens Brücken für schwere Militärfahrzeuge geeignet?

    Landesregierung und Streitkräfte haben in Hessen überdies die Instandhaltung des sogenannten Militärstraßengrundnetzes im Blick. Dieses besteht größtenteils aus Autobahnen und Bundesstraßen, die auch für Militärfahrzeuge geeignet sein sollen. Der geschäftsführende Bundesverkehrsminister Volker Wissing (parteilos) hat einst gesagt: «Deutschland ist logistischer Dreh- und Angelpunkt für Europa.» Das gelte seit Russlands Invasion in der Ukraine «in besonderem Maße auch für militärische Transporte».

    Viele Straßenbrücken der Republik sind aber sanierungsbedürftig. Doch eine parlamentarische Anfrage des BSW im vergangenen Jahr, ob die damalige Bundesregierung von einer ausreichenden Nutzbarkeit der Brücken für Militärfahrzeuge ausgehe, hatte das Bundesverteidigungsministerium bejaht. Das Militärstraßenrundnetz werde «laufend aktualisiert».

    In Wiesbaden befindet sich Hauptquartier der US-Armee in Europa

    Hessens Landeshauptstadt Wiesbaden ist ein Militärstandort mit internationaler Bedeutung, etwa mit dem Europa-Hauptquartier der US-Streitkräfte und dem neuen Ukraine-Kommando der Nato zur Koordinierung der Waffenhilfe für das angegriffene Land. Hessen steht nach Auskunft seines Innenministeriums im engen Austausch mit den deutschen und ausländischen Streitkräften auf seinem Gebiet. Innenminister Poseck betont, auch im Sinne des Bevölkerungsschutzes werde Hessen diese Zusammenarbeit «weiter vertiefen».

    Auch Frankfurter U-Bahnstationen könnten im Kriegsfall wie in der Ukraine als Schutzraum für Bürger dienen. (Archivbild)
    Auch Frankfurter U-Bahnstationen könnten im Kriegsfall wie in der Ukraine als Schutzraum für Bürger dienen. (Archivbild) Foto: Andreas Arnold/dpa
    Große Krankenhäuser wie hier das Universitätsklinikum Frankfurt könnten in einem Krieg eine wichtige Rolle spielen. (Archivbild)
    Große Krankenhäuser wie hier das Universitätsklinikum Frankfurt könnten in einem Krieg eine wichtige Rolle spielen. (Archivbild) Foto: Sebastian Gollnow/dpa
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