Hessens Finanzminister Alexander Lorz hat die Kritik an höheren kommunalen Grundsteuerbescheiden trotz anderslautender Empfehlungen des Landes zurückgewiesen. Der CDU-Politiker verwies im Wiesbadener Landtag auf die Finanzhoheit der Städte und Gemeinden. Diese Entscheidungsfreiheit auch bei der Grundsteuer sei rechtlich vorgegeben. «Das hätte keiner von uns anders machen können», betonte Lorz.
Die vom Land veröffentlichten Empfehlungen zu Hebesätzen zur Berechnung der jeweiligen Grundsteuer für die Kommunen hätten nur unverbindlich die möglichen «Verschiebungen» durch die Grundsteuerreform darstellen sollen. Das hessische Modell für diese bundesweite Neuregelung sei auch kürzlich vom Finanzgericht des Landes in Kassel als verfassungskonform bestätigt worden.
Gebrochenes Versprechen?
Nach Darstellung der Grünen-Opposition dagegen hatte Schwarz-Rot in Hessen ein Versprechen gebrochen, nämlich dass keine Kommune insgesamt mehr Grundsteuer nach der Reform kassieren solle als vorher. «Rund 60 Prozent der Kommunen in Hessen erhöhen die Grundsteuer über die Hebesatzempfehlungen des Landes hinaus», hieß es in einem Grünen-Antrag.
Der gerade in den Bundestag gewählte Landtagsabgeordnete Tarek Al-Wazir (Grüne) nannte dies «verheerend». Die Kommunen litten unter einer extrem angespannten Finanzlage, weil sie von Schwarz-Rot weniger Geld bekämen - das treibe sie zu Steuererhöhungen.
«Der Bescheid kommt ja aus dem Rathaus»
Die FDP-Parlamentarierin Marion Schardt-Sauer ergänzte: «Vor allem Menschen in alten Häusern in Ortslagen haben zum Teil erhebliche Grundsteuererhöhungen zu verkraften.» Sie sprach von schwindendem Vertrauen der Bürger in ihre Kommunen, «denn der Bescheid kommt ja aus dem Rathaus».
Al-Wazir zufolge betrifft diese Steuerart alle Hessinnen und Hessen. Nicht nur Eigentümer, sondern auch Mieterinnen und Mieter zahlten sie über ihre Nebenkosten. Die Grundsteuerreform sei nötig, weil das bisherige System ungerecht erscheine. Einige hätten sehr wenig gezahlt, andere sehr viel. Die Grundsteuer ist eine der wichtigen Einnahmequellen der Kommunen, mit der diese etwa Schulen, Kindergärten und Spielplätze finanzieren.
«Uns liegen die Kommunen am Herzen»
Die SPD-Parlamentarierin Esther Kalveram versicherte dagegen mit Blick auf die Opposition: «Diese Landesregierung ist kommunalfreundlich. Uns liegen die Kommunen am Herzen.»
Laut dem CDU-Abgeordneten Michael Reul ist die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung wichtiger denn je: «Die Kommunen sind die ersten Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger.» Das Land überweise ihnen nicht nur selbst Geld, sondern setze sich auch beim Bund für mehr Zahlungen ein: «Denn viele Anforderungen an Städte und Gemeinden gehen auf bundespolitische Entscheidungen zurück, ohne dass eine entsprechende finanzielle Kompensation erfolgt.»
Sofortige Grundsteuerbremse?
Der AfD-Abgeordnete Bernd Erich Vohl forderte weniger Aufgabenübertragung an Gemeinden, eine Verringerung von «verwaltungsaufwendigen Förderprogrammen», eine konsequentere Digitalisierung in Rathäusern und mehr Anreize für eine verstärkte interkommunale Zusammenarbeit.
Der Immobilieneigentümer-Verband Haus & Grund Hessen pochte derweil auf eine sofortige Grundsteuerbremse. «Das wäre die passende Antwort auf das Vorgehen etlicher Kommunen, die vor Inkrafttreten der Grundsteuerreform noch kräftig an der Grundsteuer-Schraube gedreht hatten, und anderer Kommunen, die sich bei der Umsetzung der Reform nicht an die von der Politik zugesagte Aufkommensneutralität gehalten haben», erklärte Verbandsgeschäftsführer Younes Frank Ehrhardt. Für eine wirkungsvolle Begrenzung der Steigerung der Wohnkosten sei ein Oberwert für die Grundsteuer B überfällig.
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