Kurban kann sich nicht erinnern. Aber er weiß, dass er klinisch tot war. Und dass Menschen in Uniform nicht zugeschaut, sondern gedrückt, gedrückt, gedrückt haben – damit sein Herz wieder schlägt. Und das tut es. Dafür hat sich der 18-Jährige nun im Polizeipräsidium Gießen bei den Beamtinnen und Beamten bedankt, die ihm das Leben gerettet haben.Im Februar war der junge Mann, der vor zwei Jahren aus Afghanistan nach Deutschland geflüchtet war, am Gießener Marktplatz vom Fahrrad gestürzt. Zeugen wählten den Notruf. Als die erste Streife eintraf, zeigte Kurban keine Vitalzeichen mehr. Hauptkommissar Christian Fuchs erinnerte sich im Polizeipräsidium Nord an den Einsatz: «Wir haben versucht, seinen Puls und Atmung festzustellen. Aber leider ergebnislos.»
Keine bleibenden Schäden
Er war es, der den 18-Jährigen dann auf den Rücken drehte und eine Herz-Rhythmus-Massage begann. Seine Kollegin Sweetana Weber, Polizeikommissaranwärterin, hat unterstützt, sich um die umstehenden Passanten gekümmert. «Polizeiarbeit ist immer Teamwork», erläuterte sie. Unter laufender Wiederbelebung kam Kurban ins Krankenhaus, sein Zustand galt zunächst als kritisch.
Die Ärzte versetzten ihn in ein künstliches Koma, vier Wochen lag er auf der Intensivstation. Dort wurde ein bislang unerkannter Herzfehler festgestellt. Ihm wurde ein Stent gesetzt. «Das Erste, woran ich mich erinnere, ist, dass ich im Krankenhaus aufgewacht bin», berichtete Kurban, der in einer Awo-Wohngruppe in Gießen lebt. An den Unfall selbst erinnert er sich nicht.
Mittlerweile geht es ihm wieder gut, sagt er. Bleibende Schäden habe er keine. Sich zu bedanken war ihm sehr wichtig: «Die Polizisten haben mein Herz gerettet.» Auch dem Personal der Intensivstation am Universitätsklinikum Gießen hat er bereits einen Präsentkorb überreicht.
Reanimationen sind selten
An den Einsatz im Februar erinnern sich die beiden Polizisten gut, er ist für sie etwas Besonderes. «Es war wie im Film, glücklicherweise mit Happy End», sagte Fuchs. Solche Notfälle, bei denen noch kein Rettungswagen vor Ort ist, sind laut dem 43-jährigen Polizisten äußerst ungewöhnlich: «Das war eine Premiere für mich - und das nach 25 Dienstjahren.» Sichtlich berührt zeigte sich die 35 Jahre alte Anwärterin: «Einen solchen Einsatz nimmt man mit nach Hause.»
Dass ein Geretteter später den Kontakt sucht, um sich zu bedanken, ist selten. Zu selten, findet Polizeisprecher Pierre Gath. «Es ist das Schönste für unsere Leute, so etwas zu hören.» Er betonte, wie wichtig Erste Hilfe ist. Für Polizistinnen und Polizisten sei sie zwar Teil der Grundausbildung – verpflichtende Auffrischungen gebe es aber nicht.
Jugendliche bedanken sich bei Polizei
Nach seinem längeren Aufenthalt im Krankenhaus wohnt Kurban nun wieder in seiner Wohngruppe. Und dort sind die Jugendlichen, mit denen er zusammenlebt, sehr froh, ihn wieder zurückzuhaben. Sie haben den Polizisten einen handschriftlichen Brief geschrieben. Darin steht: «Sie waren für unseren Bruder da. Danke!».
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