Einer der zentralen Verdächtigen im Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach steht von Montag (10.8.) an in Köln vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 43-Jährigen unter anderem vor, seine 2017 geborene Tochter immer wieder sexuell missbraucht zu haben. Den überwiegenden Teil habe er fotografiert und gefilmt und diese Aufnahmen an Chat-Partner weitergeleitet.
Ermittler sprechen von neuer Dimension
Der Missbrauch soll bereits im dritten Lebensmonat des Mädchens begonnen haben. Eine Durchsuchung bei dem Deutschen hatte die Ermittlungen zu dem Missbrauchskomplex Bergisch Gladbach, der sich mittlerweile auf ganz Deutschland erstreckt, ins Rollen gebracht. Er wurde im Herbst 2019 festgenommen. Danach kam die Polizei immer mehr Verdächtigen auf die Spur. Heute sprechen die Ermittler von einer neuen Dimension.
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79 Straftaten werden Angeklagten zur Last gelegt
Nach Angaben des Kölner Landgerichts werden dem gelernten Koch und Hotelfachmann in der Anklageschrift insgesamt 79 Straftaten zur Last gelegt. Einen Teil soll er gemeinsam mit einem Chat-Partner aus Kamp-Lintfort begangen haben. Dabei sollen der Sohn und die Tochter des Chat-Partners sowie die Tochter des Angeklagten nach einer vorherigen Verabredung missbraucht worden sein. Zudem sollen sie sich zu einem schweren sexuellen Übergriff auf die drei Jahre alte Nichte des Chat-Partners verabredet haben.
Nach Angaben des Gerichts hat sich der Angeklagte aus Bergisch Gladbach bislang nicht zu den Vorwürfen eingelassen. Eine Einlassung sei allerdings für den zweiten Prozesstag angekündigt. Zudem soll der Mann bei der Identifizierung seiner Chat-Partner geholfen haben.
Die digitalen Kontakte des 43-Jährigen waren für die Ermittler wichtige Puzzleteile in einem Fall, der sich schnell ausgeweitet hat. Bei ihren Durchsuchungen in Bergisch Gladbach im Oktober 2019 fanden Polizisten riesige Mengen kinderpornografischen Materials.
Entdeckten Querweise zu anderen Verdächtigen
Davon ausgehend entdeckten sie immer mehr Querverweise zu anderen Verdächtigen. Diese sollen - oft ihre eigenen - Kinder missbraucht und sich darüber ausgetauscht haben. In Köln hat sich eine Ermittlergruppe tief in die Szene eingearbeitet. In der Anfangszeit gab es teilweise mehrere Festnahmen in einer Nacht.
Durch die Auswertung gefundener Datenträger ist die Polizei nach eigenen Angaben mittlerweile auf Spuren gestoßen, die zu potenziell mehr als 30 000 Verdächtigen führen könnten. Da sie sich in Foren, Gruppenchats und in Messengerdiensten aber hinter Pseudonymen verbergen, ist ihre Identifizierung schwierig. Rund 50 Kinder wurden allerdings schon identifiziert und aus den Fängen der Täter befreit.
Im Falle einer Verurteilung droht dem Angeklagten aus Bergisch Gladbach bis zu 15 Jahre Freiheitsstrafe. Zudem steht die Anordnung einer Sicherungsverwahrung im Raum. Bislang hat das Gericht Termine bis Ende September für den Prozess eingeplant.