Bei Urlaubsreisen innerhalb Deutschlands müssen sich Bürger aus Orten mit sehr hohen Corona-Infektionszahlen im Herbst auf erhebliche Schwierigkeiten gefasst machen. Die Länder beschlossen am Mittwoch mehrheitlich, dass solche Urlauber nur dann beherbergt werden dürfen, wenn sie einen höchstens 48 Stunden alten negativen Corona-Test haben. Das wurde am Mittwoch nach einer Schaltkonferenz der Staatskanzleichefs der Länder mit Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) mitgeteilt.
Greifen soll dies für Reisende aus Gebieten mit mehr als 50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen. Fünf Länder gaben zu dem Beschluss aber abweichende Erklärungen ab. Berlin und Thüringen teilten mit, sie wollten sich einem solchen Beherbungsverbot nicht anschließen.
Bund und Länder bekräftigten aber im Kern eine Linie, die bereits Ende Juni vor den Sommerferien grundsätzlich beschlossen worden war. In der Besprechung sollte es angesichts teils unterschiedlicher Regelungen um einen einheitlicheren Rahmen für den Herbst gehen.
Wer zahlt die Corona-Tests?
In dem Beschluss heißt es mit Blick auf die Tests: "Die Eindämmung des Infektionsgeschehens und die Testungen im Gesundheitswesen sowie Testungen zur Aufrechterhaltung des Bildungswesens und der inneren Sicherheit haben Priorität." Insofern könnten solche "Freitestungen für Reisezwecke" nur gemacht werden, wenn die regionalen Kapazitäten dies zusätzlich zulassen.
Generell gibt es auch keine Regelung dazu, dass die Krankenkassen Tests bei Inlandsreisen zahlen. Dies gilt derzeit nur für Pflichttests für Reiserückkehrer aus Risikogebieten im Ausland. Wer keine Symptome hat, muss einen Test in der Regel aus eigener Tasche bezahlen - es sei denn ein Arzt entscheidet es anders. In Bayern sind die Corona-Tests für den Getesteten kostenlos.
Kein Beherbergungsverbot in NRW
Bremen, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Thüringen legten Protokollerklärungen zu dem Beschluss vor. Niedersachsen will demnach prüfen, ob der Beschluss mitgetragen werden kann. Thüringen wies darauf an, "dass die Einschätzung der Gesundheitsbehörden der betroffenen Gebiete Grundlage und Maßstab für die Maßnahmen der Reisezielgebiete sein muss". Das Gesundheitsministerium in Erfurt erläuterte, de facto gebe es keine Einreiseverbot in Thüringen. Berlin forderte, bei der Bewertung des Infektionsgeschehens "als Gesamtstadt und Einheitsgemeinde" behandelt zu werden.
In Bayern sollen die Beherbergungsregeln auch für Bezirke innerhalb Berlins gelten, wie Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte. Dies soll auch dann gelten, wenn das Land Berlin insgesamt unter der kritischen 50-er Marke bleibt. Konkret müssen die Bezirke aber noch vom bayerischen Gesundheitsministerium benannt werden.
Auch in Nordrhein-Westfalen sind vorerst keine Beherbergungsverbote für Urlauber aus innerdeutschen Corona-Hotspots in Kraft. "Es gibt keinen Automatismus", sagte am Mittwoch der Chef der NRW-Staatskanzlei, Nathanael Liminski (CDU). Dieses Instrument könne genutzt werden, wenn das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium bestimmte Regionen entsprechend ausweise. Dafür müsse es ein "anhaltend diffuses Infektionsgeschehen geben". NRW ist nicht prinzipiell gegen ein solches Verbot, wendet es aber noch nicht an.
Gesundheitsexperte Lauterbach: "Regel ist kaum umsetzbar"
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sagte, er habe den Eindruck, dass die Bundesländer in dieser Frage unterschiedliche Positionen haben und noch nicht dicht beieinander lägen. Warum alle Menschen aus einer Risikoregion nicht beherbergt werden sollten, sei ihm unverständlich, sagte Ramelow. Hoteliers zu zwingen, Menschen aus inländischen Corona-Risikogebieten aus dem Haus zu verweisen, bezeichnete er als "ein Eingriff in das Gewerberecht".
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach erklärte, innerdeutsche Testpflichten und Beherbergungsverbote seien wenig sinnvoll. "Wir werden bald so viele betroffene Regionen haben dass die Regel kaum umsetzbar, geschweige denn kontrollierbar ist." Zudem müssten Angebote in Deutschland erhalten bleiben, gerade um zu verhindern, dass Deutsche in ausländische Hochrisikoregionen reisen.
Zentrales Kriterium beim Krisenmanagement ist, ob es in einer Region mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen gibt. Anhand dieser Schwelle stuft die Bundesregierung auch andere Staaten als "Risikogebiete" für deutsche Urlauber ein. Im Inland haben Bund und Länder vereinbart, dass ab dieser Marke in "besonders betroffenen Gebieten" örtliche Gegenmaßnahmen ergriffen werden.