Vitamin D soll etlichen Krankheiten vorbeugen können. Obwohl in den Medien häufig vor Nebenwirkungen gewarnt wird, nehmen viele, auch ohne Rücksprache mit dem Arzt, Vitamin D ein. Einige gängige Präparate starten bei 2000 IE am Tag. Ist das bereits zu viel?
Ist 2000 IE am Tag zu viel?
Zu Vitamin D gibt es viele verschiedene Empfehlungen, da sich auch Experten nicht ganz einig sind. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung rät Menschen, die sich wenig im Freien aufhalten, 20 Mikrogramm Vitamin D am Tag über Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen. Das sind umgerechnet 800 IE am Tag. International liegen die Empfehlungen sogar noch niedriger:
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): 800 IE
- National Health Service (NHS, Großbritannien): 400 IE
- National Institutes of Health (NIH, USA): 600 IE
Demnach wären 2000 IE am Tag bereits zu viel. Diese Erfahrung macht Nephrologin und Stoffwechselexpertin Helena Orfanos-Boeckel in ihrer Praxis für Präventivmedizin und funktionelle Medizin allerdings nicht. Sie setzt sich für eine individuell angepasste Nährstoff- und Hormontherapie ein. „Ich plädiere nicht für planlose Nahrungsergänzung, aber wir müssen uns eingestehen, dass viele von uns Nährstoff-Defizite haben.“ In ihrer Praxis hat sie über die Jahre die Erfahrung gemacht, dass viele einen Vitamin-D-Mangel haben. Selbst wenn kein absoluter Mangel vorliegt, bedeutet das laut der Ärztin nicht, dass der Körper alle Nährstoffe in ausreichender Menge erhält, wie sie uns im Interview erklärt.
„Die meisten relativ gesunden Menschen in meiner Praxis mit Hauttyp 2-3 brauchen 4000 bis 5000 IE täglich, begleitet von den Cofaktoren Calcium, Magnesium, Bor und Vitamin K2, um einen 25-OH-VD Spiegel von 60 ng/ml mit einer D-Ratio von 0,5 zu halten“, sagt sie. Die Vitamin-D-Ratio beschreibt das Verhältnis zwischen zwei Formen von Vitamin D im Blut:
- 25(OH)D (Calcidiol) = Speicherform von Vitamin D
- 1,25(OH)₂D (Calcitriol) = aktive Form von Vitamin D
Laut Helena Orfanos-Boeckel ist bei Warnungen vor Vitamin-D-Nebenwirkungen oft nicht das eigentliche Vitamin D gemeint, sondern dessen aktive Form Calcitriol. Diese kann in hohen Mengen übermäßig Calcium aus den Knochen freisetzen. Entscheidend für die Beurteilung einer sicheren Therapie sind daher nicht nur die Vitamin-D-Spiegel, sondern auch die sogenannte Vitamin-D-Ratio und der Calciumwert im Blut. Selbst hohe Calcidiol-Werte von bis zu 150 ng/ml, ml, die im Rahmen von kurativen Vitamin D-Dosierungen auftreten können, hält die Ärztin für unbedenklich – vorausgesetzt, der Calciumstoffwechsel ist stabil und die D-Ratio bleibt unter 1,0. Damit eine Behandlung sicher und wirksam ist, seien regelmäßige Blutkontrollen unerlässlich. Ihre wichtigste Botschaft ist: „Messen, machen, messen!“ Denn nur wer seine Blutwerte kennt, kennt auch seine Erhaltungsdosis - die Menge an Vitamin D, die nötig ist, um optimale Spiegel zu halten.
2000 IE Vitamin D am Tag: Wann ist es zu viel?
Obwohl 2000 IE für die meisten keine Überdosierung im Körper auslöst, ist eine generelle Empfehlung zur täglichen Dosierung von Vitamin D schwierig. „Jeder Mensch hat seine eigene Vitamin-D-Schuhgröße. Was für den einen passt, kann für den anderen zu wenig oder zu viel sein“, sagt uns die Ärztin. „Es kommt auch darauf an, in welchem medizinischen Kontext die Vitamin-D-Therapie erfolgt. Während manche Menschen bereits mit 1000 IE pro Tag optimal versorgt sind, benötigen andere bis zu 20.000 IE täglich, um stabile Werte zu erreichen.“
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat trotzdem eine Höchstmenge festgelegt, die bei täglicher Einnahme bei den meisten Menschen gesundheitlich unbedenklich ist. Sie liegt bei Erwachsenen bei 4000 IE am Tag. Laut der Gesellschaft für angewandte Vitaminforschung hat die EFSA diese Empfehlung vergangenes Jahr erst wieder auf wissenschaftlicher Grundlage bewertet und kam zu dem Schluss, dass die obere tolerierbare Aufnahmemenge nicht geändert werden müsse. Älteren Menschen werden höhere Dosierungen am Tag empfohlen, allerdings nur unter ärztlicher Aufsicht.
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