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Werden Milch-Alternativen bald günstiger? Die Mehrwertsteuer-Regelung

Verschiedene Sätze bei Milch und Alternativen

Mehrwertsteuer-Irrsin bei Kaffee-Getränken: So kurios ist die aktuelle Regelung

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    Kurios: Wie viel Mehrwertsteuer Kunden für ihren Kaffe mit Milch bezahlen, hängt vom Anteil und der Art der Milch ab.
    Kurios: Wie viel Mehrwertsteuer Kunden für ihren Kaffe mit Milch bezahlen, hängt vom Anteil und der Art der Milch ab. Foto: Bernd Diekjobst, dpa (Symbolbild)

    Milch von Kühen wird in Deutschland mit 7 Prozent besteuert. Für Ersatzprodukte wie Hafer- oder Sojamilch hingegen gilt ein Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Geht es nach Politikern von SPD und Grünen, könnte sich das bald ändern: Innerhalb der Ampel-Koalition wird diskutiert, die Mehrwertsteuer auf Milchersatzprodukte von neunzehn auf sieben Prozent zu senken.

    Warum die Mehrwertsteuer auf Milch-Alternativen senken?

    Das fordern beispielsweise SPD-Steuerexperte Tim Klüssendorf und Grünen-Bundestagsabgeordneter Bruno Hönel: Pflanzenmilch sei mit dem Wandel der Ernährungsgewohnheiten in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten für viele Menschen eine alltägliche Alternative zu Kuhmilch geworden. Zudem sei sie klimafreundlicher. Die unverhältnismäßige Besteuerung von Alternativprodukten zu gewöhnlicher Milch stoße dabei zu Recht auf Unverständnis und sei nur noch schwer aufrechtzuerhalten, wird argumentiert.

    Milch-Alternativen aus etwa Hafer-, Soja- oder Mandeln könnten bald günstiger werden. Hintergrund sind die verschiedenen Mehrwertsteuersätze.
    Milch-Alternativen aus etwa Hafer-, Soja- oder Mandeln könnten bald günstiger werden. Hintergrund sind die verschiedenen Mehrwertsteuersätze. Foto: Sina Schuldt, dpa (Symbolbild)

    FDP-Mehrwertsteuerexperte Till Mansmann äußert sich allerdings mit Verweis auf das Steueraufkommen zurückhaltend. Dennoch hält auch er grundlegende Änderungen bei der Mehrwertsteuer für notwendig: „Man muss die ganze Umsatzsteuer mal auf den Prüfstand stellen.“

    Warum ist die Mehrwertsteuer auch bei Milch so umstritten?

    Die Grundidee der Mehrwertsteuer in Deutschland klingt eigentlich logisch: Eine Ware, die der Grundversorgung dient - wie Lebensmittel, aber auch Sport, Kultur und Bücher - sind mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent besteuert. Für alle anderen Produkte und Dienstleistungen - unter anderem Luxus-Lebensmittel, die meisten Getränke, Waren und Dienstleistungen - gilt der normale Steuersatz von 19 Prozent. Das Problem ist aber: Es gibt ziemlich viele Ausnahmen. Die Liste dazu ist lang und nicht immer wirklich nachvollziehbar.

    Bleiben wir beim Beispiel Milch: Deren Anteil ist bei einem Kaffee zum Mitnehmen (Coffee to go) entscheidend, ob der Kunde 7 oder 19 Prozent Mehrwertsteuer bezahlt.

    • Ein schwarzer Kaffee mit einem kleinen Schuss Milch: 19 Prozent
    • Ein Kaffee mit viel Milch (zum Beispiel ein Latte Macchiato): 7 Prozent
    • Ein Kaffee mit Milchersatz (egal ob Hafer-, Mandel- oder Sojamilch): 19 Prozent
    • Generell zählt ein Kaffee als Grundnahrungsmittel: 7 Prozent Mehrwertsteuer
    Bei einem Kaffee zum Mitnehmen ist entscheidend, die hoch der Milchanteil ist. Daran bemisst sich die Mehrwertsteuer.
    Bei einem Kaffee zum Mitnehmen ist entscheidend, die hoch der Milchanteil ist. Daran bemisst sich die Mehrwertsteuer. Foto: Felix Kästle, dpa (Symbolbild)

    Welche kuriosen Regelungen gibt es bei der Mehrwertsteuer noch?

    Vegetarier und Veganer dürften auch beim Thema Fleischersatzprodukte den Kopf schütteln: Für eine Sojawurst bezahlen sie den vollen Umsatzsteuer-Satz - Fleischliebhaber für eine Bratwurst vom Rind oder Schwein dagegen nur den geringen.

    Trüffel, Wachteleier und Froschschenkel würden wahrscheinlich viele Menschen als Luxus-Lebensmittel einstufen - diese Gourmetprodukte gelten für den Staat aber offensichtlich als Grundnahrungsmittel. Denn sie sind mit 7 Prozent besteuert.

    Auch Kartoffeln gehören zu den Grundnahrungsmitteln (7 Prozent) - Süßkartoffeln hingegen nicht (19 Prozent). Und was ist mit Wasser? Ja, logisch - zählt zum täglichen Bedarf, aber nicht immer: nur in Form von Leitungswasser (7 Prozent). Mineralwasser, das mit Kohlensäure versetzt aus der Flasche kommt, ist mit 19 Prozent besteuert.

    Wer Essen, das zubereitet wird (Dienstleistung), im Restaurant isst, bezahlt 19 Prozent Mehrwertsteuer - auch bei Fast-Food. Dieser Steuersatz wurde während der Corona-Krise ab 1. Juli 2020 auf 7 Prozent gesenkt, ab 1. Januar 2024 aber wieder auf 19 Prozent angehoben. Essen, das bestellt, mitgenommen und zuhause verzehrt wird, ist mit 7 Prozent besteuert.

    Wer im Restaurant Essen verzehrt, das zubereitet wurde, bezahlt seit 1. Januar 2024 wieder die vollen 19 Prozent Mehrwertsteuer.
    Wer im Restaurant Essen verzehrt, das zubereitet wurde, bezahlt seit 1. Januar 2024 wieder die vollen 19 Prozent Mehrwertsteuer. Foto: Jens Kalaene, dpa (Symbolbild)

    Medikamente gehören eigentlich zur Grundversorgung, besteuert sind sie jedoch mit 19 Prozent. Für Hörgeräte muss man dagegen nur 7 Prozent bezahlen. Übrigens: Eltern müssen für Babywindeln auch den vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent berappen. Apropos: Babynahrung wird seltsamerweise auch mit 19 Prozent besteuert - Tierfutter dagegen mit 7 Prozent.

    Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln wie Bus und Bahn zählt zum täglichen Bedarf (7 Prozent) - wenn die Strecke nicht weiter als 50 Kilometer ist. Bahn- und Taxifahrten, die weiter sind, werden mit 19 Prozent besteuert.

    Warum wird die Mehrwertsteuer in Deutschland kritisiert?

    Über das Thema Mehrwertsteuer hat bereits der Bundesrechnungshof ein Urteil gefällt: Nach den Worten von Sprecher Jens Hamer herrscht undurchsichtiges Chaos zwischen den unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen. Er fordert von der Politik: "Umsatzsteuerermäßigungen sollten sich auf den Bereich der Grundversorgung beschränken. Das ist das grundsätzliche Ziel der Ermäßigung. Es sollte nicht so sein, dass wir hier eine Klientelpolitik haben zu Lasten der Allgemeinheit."

    Der Bund der Steuerzahler fordert außerdem, bestimmte Steuerermäßigungen auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen und die Regelungen zur Mehrwertsteuer zu reformieren. "Bestimmte Subventionen sind einfach nicht mehr gerechtfertigt und basieren auf guter Lobbyarbeit ", sagt Petra Ackmann vom Bund der Steuerzahler in Hamburg. Eine Vereinheitlichung der Mehrwertsteuer hätte allerdings ihren Preis: Viele Waren und Dienstleistungen könnten teurer werden.

    Wie viel Milch und Ersatzprodukte werden in Deutschland konsumiert?

    Was sagt die Statistik dazu? Zum einen sinkt der Milch-Konsum in Deutschland: 2022 hatten Menschen so wenig Milch wie seit über 30 Jahren getrunken - pro Kopf etwa 46,1 Kilogramm, was einem Rückgang von 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (47,0 kg) entspricht. Dies ist laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung der niedrigste Wert seit Beginn der Aufzeichnungen 1991.

    Zum anderen stieg 2022 der Absatz von Milchersatzprodukten laut Bericht gemessen an Packungen um 14 Prozent sowie insgesamt pro Kopf auf etwa 3,8 Kilogramm (2021: 3,27 kg). Pflanzliche Drinks sind in der Regel weiterhin teurer als Kuhmilch.

    Mehrwertsteuer für die Gastronomie: Welche Folgen hat das?

    Bis Ende 2023 entlastete die Regierung Gastronomiebetriebe mit einer geringeren Mehrwertsteuer - doch das ist nun vorbei. Das hat Folgen für Wirte und Gäste.

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