Die entlassene hessische Wirtschaftsstaatssekretärin Lamia Messari-Becker hat ihren einstigen persönlichen Referenten nach dessen Aussage vergrault. Er habe sich 2024 zunächst innerhalb des Wirtschaftsministeriums versetzen lassen, sagte der frühere enge Mitarbeiter als Zeuge im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Rauswurf der parteilosen Bauphysik-Professorin. Mittlerweile ist er nicht mehr dort tätig.
Als er seinerzeit Messari-Becker auf einen Rückstau von zwei bis drei Wochen unbearbeiteter Akten hingewiesen habe, sei sie «äußerst laut geworden». Er habe von ihr einen «Rundumschlag» einschließlich ehrverletzender Kommentare erlebt. Gegen die Ministeriumsleitung habe sie im Gespräch mit ihm sogar sexuell herabwürdigende Bemerkungen gemacht, ergänzte der Zeuge in Wiesbaden.
Zeugen: Mittwochvormittage für persönlichen Sport reserviert
Ebenso wie eine einstige Assistentin der Ex-Staatssekretärin sagte der Verwaltungswissenschaftler im Plenarsaal des Landtags zudem aus, Messari-Becker habe die Mittwochvormittage für ihren persönlichen Sport reserviert und freitags von zu Hause aus gearbeitet.
Die Ex-Staatssekretärin hatte in einer früheren Ausschusssitzung viele Vorwürfe gegen sie detailliert und vehement zurückgewiesen. Im Ministerium habe sie als Quereinsteigerin in die Politik ihrerseits unklare Zuständigkeiten, überlange Entscheidungsprozesse und unflätige Ausdrücke erlebt: «Es war auch für mich als Frau schwer auszuhalten.»
Verweis auf Privatleben - ohne genaue Erklärung
Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) hatte sie im Juli 2024 mit der öffentlichen Erwähnung eines privaten «Fehlverhaltens» entlassen, ohne dies genauer zu erklären. Laut einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden wirft er ihr vor allem vor, in einem Elterngespräch an der Schule einer ihrer Töchter mit der Position als Staatssekretärin Druck für eine bessere Abiturnote ausgeübt zu haben. Messari-Becker weist dies als falsch zurück und wehrt sich mit Anwälten dagegen.
Nach Einschätzung eines Gutachters verletzte das Land Hessen als Dienstherr seine Fürsorgepflicht bei Messari-Beckers Rauswurf nicht. Das öffentliche Interesse habe es gerechtfertigt, dass Minister Mansoori sich in einer Mitteilung zu den Gründen des gestörten Vertrauensverhältnisses geäußert habe, sagte der Verwaltungsrechtsexperte Michael Bäuerle von der Hessischen Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit.
So wie der Minister es gemacht habe, habe er es machen können, erläuterte der Juraprofessor im Ausschuss. Die Versetzung einer Staatssekretärin in den einstweiligen Ruhestand hätte ohnehin Nachfragen der Presse nach sich gezogen - die dann von Mansoori hätten beantwortet werden müssen.
Sachverständige widersprechen sich
Ein anderer Sachverständiger hatte dagegen im Januar im Untersuchungsausschuss Minister Mansoori eine Verletzung seiner Fürsorgepflicht vorgeworfen. Der Professor für Öffentliches Recht, Thorsten Masuch, war der Ansicht, Messari-Becker habe sich einer «Vorwurfslage» ausgesetzt gesehen, ohne sich öffentlich wehren zu können.
Der hessische Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel berichtete nun im Ausschuss, dass in der Entlassungsaffäre inzwischen zwei Beschwerden in seinem Haus eingegangen seien. Einzelheiten dazu nannte er nicht. Nach seinem bisherigen Kenntnisstand konnte Roßnagel keine Verstöße gegen den Datenschutz ausmachen.
Auch Darmstädter OB tritt als Zeuge auf
Der Darmstädter Oberbürgermeister Hanno Benz (SPD) nahm als Zeuge Stellung zu einem weiteren Vorwurf gegen Messari-Becker. Sie soll in seiner Stadt beim Bauerweiterungsvorhaben eines Nachbarn neben ihrem Wohnhaus beim Bauamt unter Verweis auf ihr hohes Amt versucht haben, dies wegen etwaiger Einsicht in ihr Grundstück womöglich zu verhindern. Die damalige Bauamtsleiterin hatte dies bestätigt, Messari-Becker dagegen hatte es bestritten. Die Baugenehmigung war nach ihren Worten damals längst erteilt - ihr sei es als Bürgerin nur um eine Kontrolle gegangen.
OB Benz sagte im Ausschuss, er habe dafür gesorgt, dass Minister Mansoori hierüber informiert worden sei - «wegen der Brisanz der Sache» und zum Schutz seiner Mitarbeiter vor unzutreffenden Gerüchten. «Wir gewähren keine Vorteile in Bausachen», betonte das Stadtoberhaupt.


Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden