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Urteil bei Terrorprozess in München erwartet: IS-Anhängerin soll Mord an Mädchen zugesehen haben

Prozess gegen IS-Rückkehrerin in München

Junge Niedersächsin wegen Mordes durch Unterlassen angeklagt - Urteil wird heute erwartet

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    Die Angeklagte, die sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak angeschlossen haben soll, hält sich vor Verhandlungsbeginn im Gerichtssaals einen roten Aktendeckel vors Gesicht. (Foto vom 4. Juli 2019)
    Die Angeklagte, die sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Irak angeschlossen haben soll, hält sich vor Verhandlungsbeginn im Gerichtssaals einen roten Aktendeckel vors Gesicht. (Foto vom 4. Juli 2019) Foto: Peter Kneffel, dpa (Archivbild)

    Im Terror-Prozess gegen die IS-Rückkehrerin Jennifer W. wird am Montag (10 Uhr) das Urteil erwartet. Die junge Frau aus Lohne in Niedersachsen ist vor dem Oberlandesgericht München unter anderem wegen Mordes und Kriegsverbrechen angeklagt worden. Sie soll als IS-Anhängerin im Irak tatenlos dabei zugesehen haben, wie ein kleines, jesidisches Mädchen in einem Hof angekettet wurde und dort verdurstete.

    Mitte September hatte die Bundesanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe für die Angeklagte gefordert. Sie sei unter anderem der Versklavung mit Todesfolge, der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation und Kriegsverbrechen schuldig. Ihre Verteidigung forderte dagegen eine maximal zweijährige Haftstrafe. Die 30-Jährige dürfe lediglich wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung verurteilt werden.

    Angeklagte Jennifer W. sieht sich als Sündenbock für Vergehen des IS

    Jennifer W. selbst erhob Vorwürfe gegen die Justiz. "Der vielzitierte Satz "Im Zweifel für den Angeklagten" kam in meinem Fall nicht zum Tragen", sagte sie in ihrem Schlusswort vor Gericht. An ihr solle offenbar ein Exempel statuiert werden für alles Unrecht, das unter der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) geschehen sei.

    Sie war nach eigener Aussage im Jahr 2014 in den Irak gereist, um dort aus ideologischer Überzeugung einen IS-Kämpfer zu heiraten. Im Sommer 2015 soll sie der Anklage zufolge in Falludscha zugesehen haben, wie ein Mädchen ungeschützt und ohne Wasser der prallen Sonne ausgesetzt war. Zur Strafe fürs Bettnässen soll ihr Ehemann die Fünfjährige an einem Fenstergitter angebunden haben. Eine quälende Tortur, die laut Anklage zum Tode führte - und gegen die W. nichts unternommen haben soll. Der Vorwurf in der Anklage lautete auf Mord durch Unterlassen.

    Jennifer W.: Sie habe machtlos zuschauen müssen

    Die Niedersächsin entschuldigte sich in ihrem letzten Wort vor Gericht schließlich auch und verwies auf ihren Ex-Mann, der in Frankfurt am Main vor Gericht steht. Sie habe den Handlungen des Mannes aber machtlos gegenübergestanden und das Mädchen nicht einfach losbinden können.

    Der Prozess gegen Jennifer W. hatte im April 2019 Schlagzeilen gemacht, auch weil eine äußerst prominente Anwältin anfangs eine zentrale Rolle spielt: die Menschenrechtsexpertin und Ehefrau des Schauspielers George Clooney, Amal Clooney, die die Nebenklägerin und Mutter des getöteten Mädchens vertritt, vor Gericht in München aber nie erschien. Vor dem Prozess ließ sie in einer gemeinsamen Erklärung der Nebenklage und der jesidischen Organisation Yazda verlauten: "Jesidische Opfer warten schon viel zu lange auf ihre Gelegenheit, vor Gericht auszusagen."

    Nach Yazda-Angaben war der Münchner Prozess seinerzeit die weltweit erste Anklage wegen Straftaten von IS-Mitgliedern gegen die religiöse Minderheit der Jesiden. Die Jesidin und Friedensnobelpreisträgerin Nadia Murad nannte den Prozess einen großen Moment und ein wichtiges Verfahren für alle jesidischen Überlebenden. "Jeder Überlebende, mit dem ich gesprochen habe, wartet auf ein und dieselbe Sache: Dass die Täter für ihre Taten gegen die Jesiden, insbesondere gegen Frauen und Kinder, verfolgt und vor Gericht gestellt werden."

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