Junge Frauen stehen nach Einschätzung des hessischen Landfrauenverbandes weiter vor Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Trotz theoretisch gleicher Möglichkeiten stoßen viele von ihnen spätestens mit der Geburt eines Kindes auf Hindernisse, wie die Präsidentin des hessischen Landfrauenverbandes und stellvertretende Vorsitzende des Landesfrauenrats Hessen, Ursula Pöhlig, sagte.
«Viele von ihnen denken, sie könnten alles erreichen und hätten alle Möglichkeiten - die sie theoretisch auch haben. Aber spätestens, wenn sie Kinder bekommen, merken sie, dass da doch eine gläserne Decke eingezogen ist», sagte Pöhlig der Deutschen Presse-Agentur.
Frauen fehlen auf dem Arbeitsmarkt
Gleichberechtigung existiere in Deutschland nur auf dem Papier. Eine unzureichende Infrastruktur für die Betreuung von Kindern und Senioren erschwere etwa eine gleichberechtigte Aufteilung der Care-Arbeit innerhalb von Familien und Partnerschaften, sagte Pöhlig. Dies habe auch wirtschaftliche Folgen: «In der Wirtschaft wird das Potenzial von Frauen nicht genutzt. Sie sind wichtig, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen.»
Neben dem Ausbau von Betreuungsangeboten forderte sie eine stärkere Unterstützung in den Bereichen Gewalthilfe, Geburtenhilfe sowie eine paritätische Besetzung politischer und wirtschaftlicher Gremien. «Die Frauenquote hat uns vorangebracht, aber viele Gremien werden eben nur bis zur Quote besetzt und keine weitere darüber hinaus.»
Lohnatlas in Hessen zeigt ungleiche Bezahlung
Als wichtigen Fortschritt im Kampf um Gleichberechtigung nannte Pöhlig das seit 2017 geltende Entgelttransparenzgesetz, das gleiche Bezahlung von Frauen und Männern bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit vorschreibt. In Hessen nutzten Frauenverbände den landesweiten Lohnatlas, um Gehaltsunterschiede sichtbar zu machen.
«Die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern ist in den letzten Jahren kleiner geworden – zumindest bei anerkannten Berufsabschlüssen. Zwischen Männern und Frauen ohne Berufsabschluss hingegen wird die Lohnlücke etwas größer», erläuterte Pöhlig.
Landfrauen verzeichnen Zuwachs an jungen Mitgliedern
Während ältere Frauen insbesondere mit Altersarmut und niedrigen Renten zu kämpfen hätten, sei für jüngere Frauen die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Sorgearbeit vorrangig, so Pöhlig. Auch gesunde Ernährung spiele eine zunehmende Rolle.
Die Präsidentin des hessischen Landfrauenverbandes begrüßte daher das wachsende Interesse junger Frauen an ihrem Verband: «Wir sind der größte Frauenverband in Hessen und auch in Deutschland. Es ist wichtig, dass wir viele Mitglieder haben, damit wir uns mit starker Stimme für sie einsetzen können.»
Ähnlich sei es im Landesfrauenrat, der mehr als 40 Frauenorganisationen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kirche vereine. «Wir sind ihr Sprachrohr in die Politik, vernetzen sie und sorgen untereinander für Austausch zu Themen wie etwa Gleichberechtigung.»
Die Aufmerksamkeit für die nach wie vor bestehende Ungleichheit zwischen Frauen und Männern am heutigen Weltfrauentag hält Pöhlig für essenziell. «Gleichzeitig finde ich es traurig, dass man den Weltfrauentag dafür immer noch braucht. Für mich ist Gleichstellung und Gleichberechtigung nicht eine Sache, die sich auf einen Tag beschränken lässt, sondern die Aufmerksamkeit das ganze Jahr über erfordert.»
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