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Zugeknöpft und hochgeschlossen: Wie konservative Werte die Mode prägen

Modetrend

Zugeknöpft und hochgeschlossen: Wie sich die Krise auch in der Mode zeigt

Nadine Ballweg
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    Zugeknöpft und hochgeschlossen: Konservative Werte prägen die aktuelle Mode.
    Zugeknöpft und hochgeschlossen: Konservative Werte prägen die aktuelle Mode. Foto: Adobe Stock

    Mit Trump hat eine Zeit des Umbruchs begonnen – sogar in den Kleiderschränken. Freizügigkeit und modische Experimente passen schlicht nicht ins Bild einer Welt, die sich neu aufstellen muss und deren Werte augenscheinlich vom vergangenen Jahrhundert inspiriert sind. Hochgeschlossene Jäckchen, perfekter Kragen, lange Puffärmel, die an Kostüme einer vergangenen Zeit erinnern. Ein Blick auf die Laufstege und in Modemagazine beweist: Da kommen schlichte Zeiten auf die Modewelt zu. Eben feierte man noch freizügige Outfits noch als Zeichen der Rebellion gegen veraltete Vorstellungen, jetzt knöpft die Weltlage den selbstbewussten Fashionistas einen Knopf nach dem anderen zu. Die Rückkehr zum Konservativismus zeigt sich auch in der Kleidung.

    Dass sich die Weltlage in der Mode widerspiegelt, untersuchte der US-amerikanische Ökonom George W. Taylor schon vor knapp 100 Jahren. Das Ergebnis ist die sogenannte „Rocksaumtheorie“, die besagt: Je „besser“ das Leben, desto kürzer der Rock, je schlechter es der Wirtschaft geht, desto länger dessen Saum. Taylors Theorie ist sicher kein wissenschaftlich einwandfreier Konjuktur-Indikator, doch sie spiegelt zumindest teilweise das Stimmungsbild der Gesellschaft wider. Denn selbst die sonst so auf ihre perfekten Sanduhr-Figuren bedachten Kardashians tragen jetzt lieber konservative Kleidung.

    Der Rechtsruck ist auch in der Popkultur angekommen

    Der Rechtsruck in einigen westlichen Länder wirkt sich auch auf die Popkultur aus. Frauen stehen in TikTok-Videos wieder in der Küche, prahlen mit ihrem Leben als Hausfrauen. Und ihnen geht es richtig gut dabei, denn sie sind vor allem häufig eins: extrem reich.

    „Trad Wives“, also „traditionelle Ehefrauen“ zeigen in den USA, wie gut sich der Rückschritt anfühlt, wenn man ihn sich leisten kann und nichts zu befürchten hat. Nara Smith etwa wanderte als 18-jähriges Model von Frankfurt am Main in die USA aus, heiratete schnell und lebt nun mit ihrem Mormonen-Mann ein scheinbar einfaches Leben auf dem Land, mit allem, was dazu gehört: Kinder bekommen, in der Küche stehen, Brot backen im Designerkleid – und dieses, klar selbst gewählte, weil unfassbar privilegierte, Leben als absolut erstrebenswert verkaufen.

    „Workwear“ legt im Herbst in der Mode den Fokus auf Produktivität

    Nichts gegen Hausfrauen, ehrlich nicht! Wer im hübschen Kostüm backen will, dem sei es gegönnt. Aber: War nicht eben noch „Brat-Summer“, der Sommer der vorlauten Gören, die lieber auffallen als gefallen wollten?

    Frauen sind schon jetzt weniger gewagt gekleidet und verdecken ihre Körper, wie man es eben in tausenden Videos und Fotos sieht. Und das alles, obwohl man jahrelang versuchte, Frauenkörper schlicht als Körper in den Köpfen zu platzieren, die nicht je nach getragenen Kleidungsstücken in ihrem Wert und verdientem Respekt variieren. Und dass nackte Haut keine Provokation oder Einladung darstellt, sondern Frauen, unabhängig von der Kleidung, wertungsfrei existieren können.

    In unsicheren Zeiten wird auch offenbar auch modisch weniger gewagt. Für den Herbst wird allen Nicht-TikTok-Hausfrauen „Workwear“, also Anzughosen, Blazer, Krawatten und Hemden als Trend vorgelegt. In den Kollektionen von Stardesignern wie Bottega Veneta und Michael Kors geht es darum, „ordentlich“ auszusehen. Der Fokus liegt darauf, produktiv zu sein und zu arbeiten – und auch hier nicht mehr Haut zu zeigen als nötig.

    Wer es sich leisten kann, stockt seinen Kleiderschrank ordentlich auf. Ist das Geld doch einmal knapp, sind größere Investitionen oder Shopping-Ausflüge nicht mehr drin – klar. Eine Industrie dagegen freut sich dann besonders über eine schwächelnde Wirtschaft: Die Kosmetik-Branche mit ihrem Sortiment aus Mini-Luxusgütern gibt in schweren Zeiten das Gefühl, sich doch noch etwas leisten zu können. Das sagt zumindest die sogenannte halb-wissenschaftliche Lippenstift-Theorie: Dabei wird angenommen, dass ein gewisser Teil der Verbraucherinnen auch in einer schlechten Wirtschaftslage noch Luxusgüter kaufen möchte und dies auch in einem Maße tut - nur sind es dann eben Lippenstifte statt Designer-Handtaschen.

    Traditionelle Weiblichkeit vs. selbstbestimmte Freizügigkeit

    Das kann man auch als Akt der Selbstfürsorge sehen: Wenn alles schwer ist, füttert ein kleiner Luxus ja trotzdem das Belohnungssystem. Was tun also in Zeiten des Umbruchs? Vielleicht am besten sich modisch dagegen auflehnen. Den Rock ein Stück nach oben zuppeln, die Jacke einfach mal weglegen und Haut zeigen. Es steht uns ein heißer Sommer bevor.

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