Ob plötzlich durch einen Unfall oder schleichend durch eine Krankheit: Eine Pflegebedürftigkeit stellt das Leben von Betroffenen auf den Kopf. Die Pflege wird dabei nicht selten von Angehörigen, Freunden oder anderen ehrenamtlichen Pflegepersonen übernommen. Laut der Pflegestatistik 2021 werden in Deutschland rund 84 Prozent der Menschen mit einem Pflegegrad von 1 bis 5 zu Hause gepflegt – meist von Angehörigen, teils unterstützt von ambulanten Pflegediensten. Prognosen des Statistischen Bundesamtes zufolge könnte dieser Anteil 2025 auf 84,6 bis 86,2 Prozent steigen.
Klar ist: Angehörige tragen einen großen Teil der Pflegearbeit. Für viele eine Herzensangelegenheit, die aber auch Herausforderungen mit sich bringt. Um sie zu unterstützen, gibt es unterschiedliche Leistungen. Welche das sind, lesen Sie hier.
Finanzielle Unterstützung: Welche Leistungen bekommen pflegende Angehörige?
Wenn Menschen die Pflege einer ihnen nahestehenden Person übernehmen, kann es sein, dass sie in ihrem eigentlichen Job kürzertreten müssen. Wie häufig das passiert, zeigt eine AOK-Studie aus dem Jahr 2024. Demnach investieren pflegende Angehörige rund 49 Stunden pro Woche in die Pflege. In der Folge arbeiten nur rund 46 Prozent der Hauptpflegepersonen in Vollzeit, 37 Prozent arbeiten in Teilzeit und etwa 18 Prozent gehen keiner Beschäftigung nach.
Die Pflegearbeit ist hier nicht immer ausschlaggebend. In der Studie gaben aber über 50 Prozent der Teilzeitbeschäftigten und 28 Prozent der Nicht-Erwerbstätigen die Pflege als Grund für die Reduzierung oder Jobaufgabe an. Können pflegende Angehörige finanzielle Unterstützung bekommen?
Laut wege-zur-pflege.de, einer Seite des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), besteht bei der Pflege von Angehörigen tatsächlich Anspruch auf verschiedene Leistungen. Manche gelten allerdings nur für nahe Angehörige:
- Pflegeunterstützungsgeld: In einer akuten Pflegesituation können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer für bis zu zehn Tage der Arbeit fernbleiben, um die Pflege und Versorgung eines pflegebedürftigen Angehörigen zu organisieren. Zahlt der Arbeitgeber das Gehalt nicht weiter, besteht für die kurzzeitige Arbeitsverhinderung als Lohnersatzleistung Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld. Berechtigt sind laut dem Pflegeportal pflege.de aber nur nahe Angehörige der pflegebedürftigen Person. Gemeint sind dem Gesetz nach Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern, Ehepartner, Partner in eheähnlicher Gemeinschaft, Lebenspartner, Geschwister, Kinder, Adoptiv- und Pflegekinder, Kinder der Partnerin oder des Partners, Schwiegerkinder, Enkelkinder, Schwägerinnen und Schwager.
- Pflegezeit: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich im Rahmen der Pflegezeit für bis zu sechs Monate vollständig oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen, um pflegebedürftige Angehörige mit mindestens Pflegegrad 1 zu Hause zu betreuen. Zur finanziellen Unterstützung bei Lohnausfällen besteht die Möglichkeit, ein zinsloses Darlehen beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) zu beantragen. Dieses wird in monatlichen Beträgen ausgezahlt und ist nach Ablauf der Pflegezeit in Raten zurückzuzahlen. Auch hier gilt: Ein Anspruch besteht nur für nahe Angehörige.
- Familienpflegezeit: Die Familienpflegezeit ermöglicht es Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sich für bis zu 24 Monate teilweise von der Arbeit freistellen zu lassen, um einen nahen Angehörigen mit mindestens Pflegegrad 1 zu Hause zu pflegen. Wichtig ist, dass während der Freistellung weiterhin mindestens 15 Stunden pro Woche gearbeitet wird. Zur finanziellen Unterstützung kann ein zinsloses Darlehen beim BAFzA beantragt werden. Es wird monatlich in Höhe der Differenz zwischen dem Nettogehalt vor und während der Freistellung ausgezahlt. Zur genauen Berechnung bietet das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) einen Familienpflegezeit-Rechner an. Das Darlehen ist nach Ablauf der Familienpflegezeit in Raten zurückzuzahlen.
- Soziale Absicherung: Wenn Angehörige ihnen nahestehende Personen pflegen, übernimmt die Pflegeversicherung unter Umständen die Sozialversicherungsbeiträge.
Rentenversicherung: Pflegende, die nicht mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten und mindestens zehn Stunden pro Woche an wenigstens zwei Tagen für die Pflege einer Person mit einem Pflegegrad von 2 bis 5 aufwenden, erhalten Rentenversicherungsbeiträge von der Pflegekasse. Zudem wird die Pflegezeit gemäß der Deutschen Rentenversicherung als Beitragszeit berücksichtigt und auf die Wartezeit angerechnet.
Unfallversicherung: Unter denselben Voraussetzungen sind pflegende Angehörige laut dem Pflegeportal pflege.de zusätzlich kostenfrei in der gesetzlichen Unfallversicherung abgesichert.
Arbeitslosenversicherung: Angehörige, die eine pflegebedürftige Person mit mindestens Pflegegrad 2 regelmäßig an wenigstens zwei Tagen pro Woche pflegen und zuvor in der Arbeitslosenversicherung versichert waren, profitieren davon, dass die Pflegekasse die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung übernimmt, erklärt pflege.de. - Sterbebegleitung: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können sich laut pflege.de nach dem Pflegezeitgesetz bis zu drei Monate von der Arbeit ganz oder teilweise freistellen lassen, wenn sie einen nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase begleiten möchten. Auch für diese Zeit besteht die Möglichkeit, ein zinsloses Darlehen vom BAFzA zu beantragen.
Übrigens: Pflegende Angehörige können die Pflege auch in der Steuererklärung geltend machen. Laut dem Familienportal des Bundes kann der Pflege-Pauschbetrag das zu versteuernde Einkommen mindern. Dabei richtet sich die Höhe des Pauschbetrags nach dem Pflegegrad.
Pflegegeld für pflegende Angehörige: Besteht Anspruch auf die Leistung?
Auch das Pflegegeld ist eine finanzielle Leistung, die häufig an die Pflegeperson weitergegeben wird. Laut dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) steht es grundsätzlich aber der pflegebedürftigen Person selbst zu. Sie kann über die Verwendung des Geldes entscheiden, oft wird es als Anerkennung für die geleistete Pflege weitergegeben. Wie hoch die Leistung ist, hängt vom Pflegegrad ab. Außerdem steigt das Pflegegeld zum 1. Januar 2025 um 4,5 Prozent:
- Pflegegrad 1: kein Anspruch
- Pflegegrad 2: 332 Euro pro Monat (2025: 347 Euro)
- Pflegegrad 3: 573 Euro pro Monat (2025: 599 Euro)
- Pflegegrad 4: 765 Euro pro Monat (2025: 800 Euro)
- Pflegegrad 5: 947 Euro pro Monat (2025: 990 Euro)
Übrigens: Der BKK Dachverband hat einen Pflegelohn für pflegende Angehörige gefordert. Hintergrund ist deren große Bedeutung für die Pflege in Deutschland. Anders als beim Pflegegeld hätten Pflegende direkt Anspruch auf den Pflegelohn.
Entlastung: Was steht pflegenden Angehörigen noch zu?
Neben finanziellen Leistungen können pflegende Angehörige laut pflege.de außerdem von Pflegekursen, Pflegeberatungen und Beratungseinsätzen profitieren. So können sie sich praktisches Wissen und Informationen über die Pflege aneignen oder über mögliche Hilfsmittel sprechen.
Außerdem gibt es für pflegende Angehörige verschiedene Möglichkeiten der Entlastung. Alltagsaufgaben können beispielsweise an eine Haushaltshilfe, einen Alltagsbegleiter, eine Einkaufshilfe oder auch an einen Dienst wie Essen auf Rädern abgegeben werden. Dafür kann unter Umständen der Entlastungsbetrag genutzt werden. Auch die Verhinderungspflege kann pflegende Angehörige entlasten. Dadurch wird die Pflege nämlich auch in Zeiten der Abwesenheit sichergestellt.
Übrigens: Viele Pflegekräfte sind überlastet. Das zeigt etwa der Krankenstand in der Pflege, der 2023 wieder seinen Rekord aus dem Vorjahr gebrochen hat. Nicht nur Pflegekräfte, sondern auch pflegende Angehörige sind einer immer größer werdenden Belastung ausgesetzt. Patientenschützer hatten daher eine Erhöhung des Pflegegeldes um 300 Euro gefordert.
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