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Ganzheitliche Pflege: Was ist das?

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Ganzheitliche Pflege: Was ist das?

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    Den Begriff „ganzheitliche Pflege“ kann man oft lesen. Aber was ist damit gemeint?
    Den Begriff „ganzheitliche Pflege“ kann man oft lesen. Aber was ist damit gemeint? Foto: Daniel Reinhardt, dpa (Symbolbild)

    Wer seine Angehörigen zu Hause pflegt, selbst pflegebedürftig ist oder gerade nach einem Pflegeheimplatz sucht, hat vermutlich schon einmal den Begriff „ganzheitliche Pflege“ gehört. Doch was verbirgt sich dahinter? Die Antwort auf diese Frage lesen Sie in diesem Text.

    Definition: Was ist ganzheitliche Pflege?

    Für den Begriff der ganzheitlichen Pflege gibt es nicht die eine goldene Definition. Der Pflegedienst Hessen-Süd erklärt etwa: „Bei der ganzheitlichen Pflege geht es darum, den Menschen als ganzen Menschen zu sehen und nicht nur seine Krankheit oder seine Einschränkungen.“ Dafür soll man „Körper, Geist und Seele des zu pflegenden Menschen als eine Einheit“ betrachten und seine „physischen, psychischen und sozialen Bedürfnisse“ ermitteln. Einen besonderen Wert soll man dabei auf die Würde des Patienten und sein Recht auf Selbstbestimmung legen.

    Die AOK wählt eine zurückhaltendere Definition als der Pflegedienst Hessen-Süd und schreibt: „Eine ganzheitliche Pflege umfasst weit mehr als die pflegerische Versorgung im engeren Sinne und berücksichtigt medizinische und soziale Aspekte.“

    Und im „Handbuch zur Praxis der Heimaufsicht“, herausgegeben vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, kann man nachlesen, dass die verschiedenen Modelle der ganzheitlichen Pflege den Menschen als ein als „komplexes biopsychosoziales Wesen“ verstehen. Sobald beim Menschen gesundheitliche Probleme auftauchen und er pflegebedürftig werde, entstehe ein Spannungsverhältnis zwischen Autonomie und Abhängigkeit. „Daraus wird die Forderung abgeleitet, dass die nicht-biologischen Aspekte des Menschen genauso bedeutsam für die Pflege sind wie die biologischen.“

    Beispiele für das Modell der ganzheitlichen Pflege

    Der Mensch als ein als „komplexes biopsychosoziales Wesen“, das sich aufgrund gesundheitlicher Probleme in einem „Spannungsverhältnis zwischen Autonomie und Abhängigkeit“ befindet: Vor allem die Definition aus dem „Handbuch zur Praxis der Heimaufsicht“ klingt kompliziert.

    Doch man kann leichter begreifen, was damit gemeint ist, wenn man sich konkrete Beispiele dazu vorstellt. Die Spannung zwischen Autonomie und Abhängigkeit kennt vermutlich jeder Mensch mit einem Verwandten im Pflegeheim.

    • Einerseits kann der Verwandte viele Dinge nicht mehr selbst erledigen. Er kann vielleicht nicht mehr ohne Hilfe duschen. Er vergisst es, seine Medikamente zu nehmen, wenn man ihn nicht daran erinnert. Und ist nicht mehr in der Lage, sich eine warme Mahlzeit zuzubereiten. Der Verwandte ist also abhängig von anderen Menschen.
    • Andererseits will der Verwandte aber auch nicht wie ein kleines Kind behandelt werden. Er will so selbstständig bleiben wie möglich und sich nicht von anderen seinen Tagesablauf diktieren lassen.

    Oder kurz gesagt: Auch, wenn der Verwandte auf die Pflege durch andere angewiesen ist, will er seine Autonomie und damit auch seine Würde behalten. Denn er ist mehr als die Summe seine gesundheitlichen Probleme.

    Helmut Wallrafen, Geschäftsführer der Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach, erklärt in einem Essay für die AOK, dass Altenheim unter alten Menschen vor allem dann einen guten Ruf genießen, wenn es ihnen dort besser geht als zu Hause. Heimträger sollten deswegen darauf achten, dass in ihren Einrichtungen die gleichen Rechte wie außerhalb gewahrt werden: „Selbstbestimmung, Teilhabe und Privatsphäre.“

    Pflege sei mehr als die korrekte Umsetzung von Expertenstandards, so Wallrafen weiter. „Das bedeutet, die Lebens- und Pflegegewohnheiten der einzelnen Heimbewohner zu berücksichtigen und wenn möglich, ihr soziales Umfeld in die Pflege, zumindest in die Sinnhaftigkeit der Handlungen, einzubeziehen. Das bedeutet auch, bei einer Gesundheitsverschlechterung den Wohnraum behutsam zu verändern und kein Krankenzimmer zu gestalten.“

    Eine ganzheitliche Pflege soll laut gesund.bund.de aber auch dazu beitragen, dass Beschwerden früh erkannt und behandelt werden, sodass sie andere Körperfunktionen nicht beeinträchtigen. „Zum Beispiel können Schmerzen zu Appetitlosigkeit führen, was auf Dauer eine Mangelernährung und weniger Bewegung nach sich zieht. Dies begünstigt Stürze, die zu Verletzungen führen und wiederum die Pflegebedürftigkeit erhöhen können.“ Es geht also auch darum, den Körper des Pflegebedürftigen als ein Ganzes zu betrachten und nicht nur einzelne Symptome zu behandeln.

    Kritik an der Definition von ganzheitlicher Pflege

    Nicht bloß die einzelnen Symptome und Erkrankungen behandeln, sondern den Mensch als eine Einheit aus Seele, Körper und Geist begreifen: Das Modell der ganzheitlichen Pflege mag erst einmal gut klingen. Doch in der Pflegewissenschaft gibt es auch Kritik an dem Begriff. Vor allem, weil es keine klare Definition davon fehlt, was man unter ganzheitliche Pflege verstehen soll.

    In ihrem Essay „Ganzheitlichkeit in der Pflege — unerreicht, da unerreichbar?“ schreibt die Pflegewissenschaftlerin Renate Stemmer: „Diese Diffusität ist nicht zufällig, sondern das Ergebnis des Tatbestandes, dass dieses Konzept in erster Linie gegen etwas gerichtet ist und keinerlei inhaltliche Vorgaben enthält.“

    Stemmer kritisiert auch, dass sich die ganzheitliche Pflege ausschließlich an den Patienten orientiert — und dabei die Pflegekräfte vergisst. Sie schreibt: „Da die Forderung nach Beachtung der Ganzheit keine Abgrenzung zulässt, ist die Pflege potenziell für alle Bedürfnisse zuständig. Aus einer gewerkschaftsnahen Perspektive heraus kann Ganzheitlichkeit in der Pflege nur erreicht werden, wenn nicht nur die Pflegebedürftigen, sondern auch die Pflegekräfte als ‚ganze Personen‘ berücksichtigt werden.“

    Beleibt die ganzheitliche Pflege also für immer eine unerreichbare Vision? Wenn man sich die aktuelle Krisenlage in der Pflegebranche anschaut, kann man jedenfalls zu dieser Einschätzung gelangen. So ist die Zahl der Pflegefälle sprunghaft angestiegen. Doch gleichzeitig nimmt der Personalmangel ein kritisches Ausmaß an. Schätzungen zufolge könnten bis 2049 zwischen 280.000 und 690.000 Pflegekräfte fehlen.

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