Wenn eine Person aus bestimmten Gründen auf eine Pflegebetreuung angewiesen ist, stellt das Familien vor eine riesige Herausforderung, der es Herr zu werden gilt. Im Zuge einer Pflegereform im Jahr 2017 wurden die bis dahin geltenden Pflegestufen durch Pflegegrade ersetzt. Seitdem werden nicht nur körperliche, sondern auch psychische Beeinträchtigungen der Pflegebedürftigen berücksichtigt. Dazu gehören beispielsweise Demenz oder andere kognitive Erkrankungen. Jedoch ist der Pflegegrad nicht in Stein gemeißelt: Der Zustand einer Person ändert sich und das muss nicht zwangsläufig zum Schlechteren sein.
Es kann also sein, dass die Pflegekasse (als Träger der Pflegeversicherung) den Pflegegrad zurückstufen möchte. Wir erklären die Hintergründe, Auswirkungen, eine Ausnahme und wie man dagegen vorgeht.
Wie kommt der Pflegegrad zustande?
Laut dem Bundesgesundheitsministerium nehmen hierzulande rund fünf Millionen Menschen regelmäßig Pflegeleistungen in Anspruch. Je nach Pflegegrad gibt es von der Pflegeversicherung unterschiedliche Leistungen. Die Einstufung entscheidet nämlich darüber, welche Zuschüsse und Unterstützungen Betroffene erhalten. Im Hinblick auf Unterstützung ist der Pflegegrad ein zentraler Faktor: Zeichnet sich beim Erstgutachten ab, dass der schlechtere Zustand nur vorübergehend ist und sich die Fähigkeiten und Selbstständigkeit bessern können, wird der Pflegegrad laut Pflegeberatung.de für einen befristeten Zeitraum festgelegt. Nach dessen Ablauf wird die Situation neu bewertet.
Das Sozialgesetzbuch (SGB XI, § 33) lässt hierzu wissen: "Die Befristung erfolgt, wenn und soweit eine Verringerung der Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder der Fähigkeiten nach der Einschätzung des Medizinischen Dienstes zu erwarten ist." Stellt die begutachtende Person eines medizinischen Dienstes dann bei einem weiteren Besuch fest, dass sich die Lage tatsächlich gebessert hat, kann eine Herabsetzung des Pflegegrads in die Wege geleitet werden.
Wenn die Pflegekasse den Pflegegrad reduzieren möchte
Wenn das medizinische Gutachten ergibt, dass die zu pflegende Person weniger Hilfe als vorher benötigt, beginnt ein bürokratischer Prozess. Darüber klärt die Verbraucherzentrale auf: Die Pflegeleistungen - also der Pflegegrad - können einzig durch einen entsprechenden Bescheid gekürzt werden. Demzufolge ist eine Anhörung des oder der Betroffenen unerlässlich, weil mit einer derartigen Änderung die Rechte der pflegebedürftigen Person betroffen sind. Im nächsten Schritt verfasst die Pflegekasse einen Brief und bittet um Stellungnahme, inklusive einer Frist. Wie Verbraucherzentrale.de ausführt, stehen hierbei zwei Aspekte im Vordergrund:
- Haben sich die Verhältnisse der Pflegebedürftigkeit deutlich geändert?
- Ist die Punktebewertung des medizinischen Dienstes bzw. Gutachtens korrekt?
Wenn hierzu Stellung genommen wurde, erfolgt entweder ein Aufhebungsbescheid, oder aber die weitere Gewährung der vorhandenen Leistungen, mitsamt einer neuerlichen Prüfung. Ist man dann damit nicht einverstanden und wird seitens der Pflegekasse an der Verringerung des Pflegegrads festgehalten, bleibt Betroffenen die Möglichkeit auf Widerspruch bei der zuständigen Kasse.
Pflegegrad: Per Widerspruch gegen die Einstufung vorgehen
Wird der angegebene Pflegegrad der Kasse als zu niedrig empfunden oder der Antrag auf Pflegegeld ganz abgewiesen, hat man innerhalb einer bestimmten Frist die Möglichkeit, Widerspruch gegen den Bescheid auf Pflegeleistungen einzulegen.
Pflegereform und die Auswirkungen auf den Pflegegrad: Sonderregelung
Es gibt bei der Einstufung des Pflegegrads für Bedürftige eine Besonderheit. Sie betrifft jene Personen, die vor der Reform 2017 von einer Pflegestufe (es gab vormals drei) in einen Pflegegrad (nun fünf) umgeleitet wurden. Sie genießen Bestandsschutz und können nicht zurückgestuft werden, während eine Höherstufung sehr wohl möglich ist. Darüber klärt auch das Gesundheitsministerium in einer ausführlichen Publikation auf. Allerdings gibt es hierbei eine Ausnahme, die mutmaßlich weniger auf ältere, als auf jüngere Menschen zutrifft: Wenn ein neues Gutachten ergibt, dass überhaupt kein Pflegegrad mehr vorhanden ist, können die Leistungen komplett eingestellt werden.