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Altkanzler Schröder soll vor Untersuchungsausschuss in Schwerin aussagen.

Nord Stream

Gerhard Schröder und Nord Stream 2: Alternative Altkanzler-Befragung

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    Der Landtagsausschuss zur Klimastiftung MV beharrt darauf, dass der frühere Kanzler Gerhard Schröder, hier 2021 bei einem Besuch in Rostock, persönlich vor dem Gremium aussagt.
    Der Landtagsausschuss zur Klimastiftung MV beharrt darauf, dass der frühere Kanzler Gerhard Schröder, hier 2021 bei einem Besuch in Rostock, persönlich vor dem Gremium aussagt. Foto: Jens Büttner, dpa (Archivbild)

    Es wirkt wie der Versuch, einen Schlussstrich unter das Kapitel russische Gaslieferungen zu ziehen. Jahrzehntelang nahm es die SPD wie viele andere hin, dass die deutsche Energieabhängigkeit von Moskau immer größer wurde – bis der russische Einmarsch in die Ukraine ein Umdenken erzwang. Auf ihrem Bundesparteitag sprachen sich die Genossen nun kürzlich gegen die Wiederaufnahme „von jeglichen Erdgaslieferungen aus Russland“ durch die Gaspipelines Nord Stream 1 und Nord Stream 2 aus. Mit einer Absage an die Röhren, durch die russisches Gas nach Deutschland gelangen sollte, ist es für die SPD allerdings nicht getan. Ihr ehemaliger Parteivorsitzender Gerhard Schröder sorgt wieder dafür, dass Nord Stream nicht in Vergessenheit gerät.

    Der Altkanzler und seine engen Verbindungen zu Russland interessieren einen Untersuchungsausschuss des Schweriner Landtags. Das Gremium wurde vor gut drei Jahren eingesetzt und untersucht seitdem das Verhalten der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern in Bezug auf die Errichtung und Arbeit der Stiftung Klima- und Umweltschutz MV. Sie war Anfang 2021 nach einem Beschluss des Landtags gegründet worden. Ziel war es vor allem, den Fertigbau der Pipeline Nord Stream 2 gegen Sanktionsdrohungen der USA abzusichern. Das Land gab zur Gründung 200.000 Euro Kapital, von der Nord Stream AG, die dem russischen Staatskonzern Gazprom gehört, kamen 20 Millionen. „Etwaige Verbindungen“ der Stiftung zu beteiligten Unternehmen sind ebenfalls Gegenstand der Untersuchung.

    Schröder und Nord Stream

    Schröder wiederum war im Untersuchungszeitraum Aufsichtsratsvorsitzender der Nord Stream AG und Präsident des Verwaltungsrats der Nord Stream 2 AG. Immer wieder muss er sich wegen persönlicher Nähe zum Kreml und wirtschaftlicher Verbindungen nach Russland Kritik anhören. Der Untersuchungsausschuss hat eine Menge Fragen an den Altkanzler, weil der „die Fertigstellung der zweiten Nord-Stream-Pipeline gegen erhebliche Widerstände“ vorangetrieben und „in diesem Zusammenhang immer wieder Kontakte zu Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und anderen Mitgliedern der Landesregierung“ gehabt habe. Schröder jedoch ist bislang nicht nach Schwerin gereist, um eine Aussage zu machen.

    Der Untersuchungsausschuss hatte ihn bereits im Januar geladen, doch der 81-Jährige sagte aus gesundheitlichen Gründen ab. Ein Nachholtermin im März fiel ebenfalls flach, erneut wurden gesundheitliche Gründe angeführt. Der Ausschuss allerdings lässt nicht locker. Obwohl Schröder ein ärztliches Attest über einen Burnout, also ein Erschöpfungssyndrom, vorlegte, hat das Gremium die nunmehr dritte Ladung beschlossen. Termin ist der 17. Oktober, wie der Abgeordnete Hannes Damm, Obmann der Grünen im Ausschuss, mitteilte. Bis Ende August soll ein amtsärztliches Gutachten Auskunft darüber geben, ob Schröder vernehmungsfähig ist.

    Wie krank ist der Kanzler?

    Schröders Anwalt Hans-Peter Huber kritisiert den Ausschuss deswegen scharf. Die Forderung nach einem amtsärztlichen Gutachten sei juristisch fragwürdig, sagte er dem NDR, und ergänzte, dieses Vorgehen sei „durch die Strafprozessordnung, an der sich Untersuchungsausschüsse orientieren, nicht gedeckt.“ Die Zweifel an den bisherigen Gutachten seien nicht nachvollziehbar. Huber warnte zudem vor den Folgen für seinen Mandanten: „Ein solcher Termin könnte gravierende negative Auswirkungen auf die Genesung des Altkanzlers haben.“

    Der Ausschuss ist allerdings zu weitgehendem Entgegenkommen bereit, wie der Vorsitzende Sebastian Ehlers (CDU) deutlich machte. „Sollte der Altkanzler nur eingeschränkt belastbar sein, sind auch alternative Befragungsformen denkbar.“ So könnte die Vernehmung auch in Schröders Wohnort Hannover stattfinden oder per Videokonferenz erfolgen. Im äußersten Fall sei auch ein schriftlicher Fragenkatalog möglich.

    Erinnerungslücken wie bei Scholz?

    Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss hat Befugnisse, die zumindest teilweise mit denen eines Gerichts vergleichbar sind. Schröder ist grundsätzlich zu einer Aussage verpflichtet. Aber er muss natürlich vernehmungsfähig sein.

    Wobei sich die Frage stellt, wie hoch der Erkenntnisgewinn aus Schröders Befragung wäre. In einem Brief an die Schweriner Abgeordneten, aus dem unter anderem die FAZ zitiert, schreibt der Altkanzler, er wisse nicht mehr, mit wem er wegen des Pipeline-Projekts alles gesprochen habe. Schröder wäre nicht der erste ehemalige SPD-Kanzler, der sich vor einem Untersuchungsausschuss auf Gedächtnisprobleme beruft. Olaf Scholz beispielsweise fiel im Cum-Ex-Ausschuss dadurch auf, dass er oft „keine Erinnerung“ an die skandalösen Vorgänge rund um Steuertricksereien und die Warburg-Bank hatte.

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