Urlaubslaune kommt bei dieser Zahl nicht auf: Mehr als zwei Drittel der Eltern fühlen sich bei der Ferienbetreuung ihrer Kinder alleingelassen. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsinstituts Civey im Auftrag des Sozialverbands Deutschland (SoVD) hervor. „Familienzeit ist wertvoll, aber Eltern brauchen auch Unterstützung, um Beruf, Betreuung und Erholung miteinander vereinbaren zu können“, erklärte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier am Sonntag. Der Elternrat trägt diese Einschätzung mit. Die „hohe Anzahl der Ferientage und die damit einhergehende Betreuungsproblematik“ seien ein viel größeres Problem als der Ferienzeitpunkt in den einzelnen Bundesländern, sagte der Vertreter des Bayerischen Elternverbands (BEV) im Bundeselternrat, Florian Eschstruth, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Laut Sozialverband sind viele Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder in den Ferien auf sich allein gestellt. Knapp die Hälfte der erwerbstätigen Eltern mit Kindern bis 18 Jahren nutzt mehr als 50 Prozent ihres Jahresurlaubs für die Kinderbetreuung. Mehr als ein Drittel gab an, sogar mehr als 75 Prozent ihres Urlaubs dafür einzusetzen. Diese Zahlen verdeutlichen nach Einschätzung des Verbandes ein strukturelles Problem: Dem durchschnittlich zur Verfügung stehenden Urlaub von sechs Wochen pro Jahr stehen mit rund 13 Wochen mehr als doppelt so viele Ferienzeiten der Kinder gegenüber. „Für viele Familien bedeutet das, dass mehrere Wochen im Jahr ohne institutionelle Betreuung überbrückt werden müssen. Besonders schwierig ist die Situation für Alleinerziehende, die berufstätig sind, da sie die Betreuung nicht mit einem Partner oder einer Partnerin aufteilen können und somit noch stärker belastet sind“, heißt es beim SoVD.
Alleinerziehende trifft es hart
Der Elternrat kommt zu einem ähnlichen Schluss. „Die Ferienzeit stellt für viele Familien eine organisatorische und finanzielle Herausforderung dar“, hieß es in einer Stellungnahme. Sechs Wochen Sommerferien bei durchschnittlich 30 Urlaubstagen pro Jahr ließen sich besonders für Alleinerziehende oder Eltern ohne familiäres Netzwerk kaum überbrücken. Für eine Verkürzung der Ferien tritt der Elternrat nicht ein.
Für die Linksfraktion im Bundestag sind zu lange Ferien ebenfalls nicht das Problem. Es fehle vielmehr vielerorts „an ausreichend kostenlosen oder bezahlbaren Ferienbetreuungsangeboten“, sagte die familienpolitische Sprecherin Mandy Eißing unserer Redaktion. Niedriglöhne führten außerdem dazu, dass viele Eltern ihren Kindern Ferienangebote nicht bezahlen könnten. „Zudem muss das Bundesfamilienministerium Ferienfreizeiten für Kinder und Familien mit wenig Geld deutlich stärker fördern“, erklärte Eißing. Sie kritisierte gleichzeitig, dass sich in Deutschland jeder Fünfte nicht einmal eine einwöchige Urlaubsreise leisten könne.
Den Regierungsparteien CDU und CSU ist das Problem offenbar bewusst. „Eine Verkürzung der Sommerferien, über die die Bundesländer entscheiden müssten, halte ich nicht für die richtige Antwort, denn Kinder und Jugendliche brauchen auch Erholung über den Sommer“, sagte Unionsfraktionsvize Anja Weisgerber unserer Redaktion. Die CSU-Politikerin ist unter anderem für die Bereiche Bildung, Familie, Frauen und Jugend zuständig und erklärte weiter, entscheidend sei nicht die Länge der Ferien, sondern das Betreuungsangebot. Eltern müssten mit mehr Ganztagsangeboten in den Ferien unterstützt werden. „Deshalb wollen wir auch die Angebote der freien Träger, wie zum Beispiel Sportvereine oder Jugendzentren, für Ganztagsangebote in den Ferien stärken.“
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