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Israel greift Iran an: Warum der Konflikt jetzt eskaliert und was droht

Kommentar

Warum Israel den Iran gerade jetzt massiv angreift

Simon Kaminski
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    Iranische Feuerwehrleute begutachten die Schäden an einem Wohnblock im Norden Teherans nach der ersten israelischen Angriffswelle.
    Iranische Feuerwehrleute begutachten die Schäden an einem Wohnblock im Norden Teherans nach der ersten israelischen Angriffswelle. Foto: Vahid Salemi, dpa/AP

    Wann greift Israel die iranischen Nuklearanlagen an? Eine Frage, die seit Jahren mal mehr, mal weniger dringlich im Raum stand. Seit Freitagmorgen sind sie Realität, die massiven Schläge Israels gegen das iranische Atomprogramm, das das Land existenziell bedroht – beantwortet durch einen schnellen Gegenschlag Teherans mit Hunderten von Drohnen.

    Natürlich hat Israel jedes Recht auf Selbstverteidigung gegen ein islamisches Regime, das seine eigene Bevölkerung brutal unterdrückt und aus seiner Absicht, den jüdischen Staat zu vernichten, keinen Hehl gemacht hat. Die Attacke, die der Iran als Kriegserklärung wertet, hatte sich angekündigt. Immer eindringlicher wurden zuletzt die Warnungen von verschiedenen Seiten vor einem drohenden Flächenbrand durch einen israelischen Luftschlag. Die Regierung von Benjamin Netanjahu beruft sich auf Geheimdiensterkenntnisse, dass der Bau einer Atombombe schon bald möglich sei. Doch der Zeitpunkt für die Attacke dürfte auch mit Blick auf die erhebliche Schwächung der Feinde in Gaza, im Libanon und in Syrien gewählt worden sein. Dennoch könnte sich das Timing für den Angriff, der sich nicht nur gegen Atomanlagen und Wissenschaftler, sondern auch gegen militärisch-politische Ziele wie die Revolutionsgarden richtete, als Fehler erweisen.

    Die iranischen Atomanlagen sind zum Teil unterirdisch ausgebaut

    Das extrem gesicherte, teils unterirdisch ausgebaute iranische Nuklearprojekt mag durch die Luftangriffe – Netanjahu sprach von einem „Eröffnungsschlag“ – hart getroffen worden sein, zerstört ist es sicher nicht. Beunruhigend ist, dass Israel in dieser dramatischen Situation von einer Regierung geführt wird, die von rechtsextremen Kräften durchsetzt ist, mit einem Ministerpräsidenten an der Spitze, der im Verdacht steht, eigene Interessen stärker im Blick zu haben als die Zukunft seines Landes. Die konzeptlose Gnadenlosigkeit, mit der Netanjahu auf das beispiellose Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 reagiert, hat das Land international weitgehend isoliert. Ein Risiko, das der Premier mit Blick auf die Freundschaft zu den USA eingegangen ist.

    Umso größer ist nun das Befremden in der US-Regierung, dass sich Israel über deren Bedenken hinweggesetzt hat. Die schnelle Beteuerung Washingtons, nicht in den Angriff involviert gewesen zu sein, ist glaubwürdig – und als Distanzierung zu werten, auch wenn Trump später die Aktion „ausgezeichnet“ nannte. Zwar hatte Israel den US-Präsidenten über den bevorstehenden Militärschlag informiert. Doch tatsächlich wurde Trump zum bloßen Zuschauer degradiert, der nicht in der Lage scheint, seinen „Freund“ Netanjahu zu stoppen. Eine Rolle, die ihm zuwider ist. Hinzu kommt, dass der Angriff in die von Trump initiierten Verhandlungen über ein neues Atomabkommen platzte. Ein solcher Deal dürfte sich bis auf Weiteres erledigt haben.

    Ohne die USA ist eine komplette Zerstörung der Atomprogramms kaum denkbar

    Jetzt blickt der Nahe Osten in den Abgrund – auch ein offener Krieg scheint denkbar. Denn weder Israel noch die USA werden hinnehmen, dass der Iran Nuklearmacht wird. Eine komplette Zerstörung des atomaren Sektors im Iran wäre eine Militäraktion gewaltigen Ausmaßes, die nur mit massiver Unterstützung der US-Luftwaffe erfolgversprechend wäre.

    Doch die Hoffnungen, dass diese Apokalypse verhindert werden kann, dass Vergeltungsaktionen des Iran nicht in einem blindwütigen Rachefeldzug münden, sind intakt. In der Vergangenheit obsiegte am Ende stets der Selbsterhaltungstrieb des Regimes. Eine Garantie, dass es auch diesmal so kommt, ist dies allerdings nicht.

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