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Israels Offensive gegen das Iran-Regime: Wird der Machtwechsel gelingen?

Kommentar

Das Regime in Teheran wackelt – doch sein Sturz ist Wunschdenken

Margit Hufnagel
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    Der Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei ist durch die Angriffe Israels in Bedrängnis geraten.
    Der Obersten Führer Ayatollah Ali Khamenei ist durch die Angriffe Israels in Bedrängnis geraten. Foto: Vahid Salemi, dpa

    Die Raketen fliegen wieder im Nahen Osten. Und ein schnelles Ende des Konfliktes ist nicht abzusehen. Dass Israel es ernst meint mit seinen Angriffen auf die Atomanlagen des Iran, daran lässt es keinen Zweifel. Die Bombardements sind hart und treffsicher, das Kernwaffenprogramm der Mullahs schon jetzt schwer getroffen. Doch der Regierung von Benjamin Netanjahu geht es um mehr. Die Operation „Rising Lion“ will nicht nur die Forschungsstätten des Iran zerstören, sondern nimmt das Regime in Teheran direkt ins Visier, der Löwe brüllt nicht nur, er hat die Jagd eröffnet.

    Öffentlich aussprechen muss Israel dieses Vorhaben nicht – sein Vorgehen spricht eine klare Sprache. Hochrangige Vertreter des iranischen Apparates wurden bereits ausgeschaltet, andere dürften noch auf der Abschussliste stehen. Netanjahu nutzt die Gunst der Stunde, die ihm das iranische Regime durch sein atomares Spiel mit dem Feuer selbst eröffnet hat: Nicht weniger als ein Ende der Mullah-Regierung ist das Ziel. Und tatsächlich müssen Ali Khamenei und seine Handlanger ihr Ende so sehr fürchten wie kaum jemals zuvor. Ihr Apparat steckt in einer historischen Krise. Und doch gilt: Für einen Abgesang ist es wohl noch zu früh.

    Dem Iran fehlt es an einer starken Opposition

    Um zu sehen, wie schnell scheinbar unzerstörbare Systeme eben doch zerstört werden können, sollte den Herrschern aus Teheran ein Blick in die Nachbarschaft genügen: Nach Jahrzehnten der Gewalt gegen das eigene Volk musste der syrische Tyrann Baschar al-Assad ins Exil flüchten. Zu sicher fühlte er sich in seinem Palast in Damaskus. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied zwischen Syrien und dem Iran: In Syrien waren es oppositionelle Kräfte, die schließlich die Oberhand gewannen – im Fall des Iran ist es vor allem das Ausland, das den Finger am Abzug hat. Eine schlagkräftige politische Gegenbewegung gibt es nicht. Zwar lehnen sich die Iranerinnen und Iraner immer wieder gegen ihre Unterdrücker auf, doch es fehlt an einer politischen Figur, hinter der sie sich versammeln können. Stattdessen dienen die Revolutionsgarden und die Armee als wichtige Stützpfeiler, die die Mullahs schon mehr als einmal vor dem Untergang bewahrt haben.

    Und Amerika? Selbst wenn Washington Israels Luftschläge unterstützt, ist es fraglich, ob Präsident Trump wirklich an einem Regimewechsel gelegen ist. Der Nahe Osten ist für ihn Schauplatz großer Geschäfte, Chaos – und das folgt nicht selten auf einen erzwungenen Umbruch – ist dem eher abträglich. Seine Bereitschaft, Amerika in einen neuen Krieg mit ungewissem Ausgang zu schicken, dürfte zudem überschaubar sein. Dass Trump Israel ausdrücklich gewarnt haben soll, Ajatollah Khamenei zu eliminieren, spricht jedenfalls dafür, dass es im Weißen Haus rote Linien gibt.

    Israel hat die Machtverhältnisse im Nahen Osten verschoben

    Verschoben haben sich die Strukturen in der Region aber dennoch. Und das macht die Lage so unvorhersehbar. Der Iran hat massiv an Autorität verloren. Wie leicht es für Israel ist, die dortige Luftabwehr zu überwinden, ist für das Regime mehr als blamabel. Noch nicht einmal die eigene Bevölkerung können die Mullahs schützen – offenbar war ihnen die richtige Verschleierung von Frauen wichtiger als der Bau von Schutzbunkern. Weggefallen sind zudem jene Handlanger, die sich im Ernstfall noch immer die Finger schmutzig gemacht haben: Sowohl die Hisbollah als auch die Huthi, beide wichtige Verbündete von Teheran, wurden von der israelischen Armee in den vergangenen Monaten empfindlich geschwächt. Von der „Achse des Widerstands“, die sich die Auslöschung Israels auf die Fahnen geschrieben hatte, ist nicht mehr übriggeblieben als ein gerupfter Haufen von Maulhelden.

    Die große Frage wird sein, was aus dieser hochbrisanten Gemengelage erwächst. Wird die iranische Regierung unter dem Druck der Israelis zumindest einlenken und etwa Zugeständnisse im Atomprogramm machen? Oder muss das Regime nun erst recht seine Handlungsfähigkeit demonstrieren und nach Wegen suchen, zurückzuschlagen? Oder wird die Mullah-Regierung sogar stabilisiert, weil der Angriff von Außen die Menschen im Innern zusammenschweißt? Sicher ist im Nahen Osten leider nur eines: Alles ist möglich. Und Gründe für Euphorie sind ein rares Gut.

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