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Kanzler Merz setzt auf Führungsrolle Deutschlands beim EU-Gipfel in Brüssel

EU-Gipfel

Merz beim EU-Gipfel: Applaus für den Neuen

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    Bundeskanzler Friedrich Merz will Deutschland wieder zu einer treibenden Kraft in der EU machen.
    Bundeskanzler Friedrich Merz will Deutschland wieder zu einer treibenden Kraft in der EU machen. Foto: Omar Havana, dpa

    Zu den Brüsseler Gipfeltraditionen gehört, dass sich die Staats- und Regierungschefs nach ihrer Ankunft im Europagebäude den Fragen der Presse stellen. Vor Friedrich Merz baute sich am Donnerstagmorgen gleich eine gewaltige Wand aus Dutzenden Fernsehkameras auf, es war seine Premiere als Bundeskanzler auf dem roten Teppich des Europäischen Rats. Und weil er seit Wochen betont, dass Deutschland eine Führungsrolle in der Gemeinschaft übernehmen will, waren die Erwartungen an sein Debüt entsprechend hoch. Nach „vielen vielen Jahren“ zurück in Brüssel, so sagte der einstige EU-Abgeordnete dann mit fast kindlicher Freude, wolle er seinen „persönlichen Beitrag“ dazu leisten, „dass Europa erfolgreich in die nächsten Jahre geht“. Forderungen verpackte er in Freundlichkeiten. Nach 66 Sekunden wandte er sich aus dem Scheinwerferlicht ab. In der Runde der Staatenlenker sei er dann als „Novize” separat begrüßt worden, woraufhin es warmen Applaus gab, wie es später von einem Insider hieß.

    Was von dem Gute-Laune-Auftritt blieb, war der Eindruck eines selbstbewussten Kanzlers, der sich als Macher präsentieren will für die großen Herausforderungen dieser Zeit – die massive Aufrüstung der Europäer, die Unterstützung der Ukraine, Migration, Wettbewerbsfähigkeit, Sanktionen gegen Russland und vor allem Handel. Hier machte Merz schon vor dem Start des Treffens Druck, damit sich die Europäer im Zollstreit mit den Vereinigten Staaten besser heute als morgen einigen. „Ich unterstütze die EU-Kommission bei allen Anstrengungen, jetzt schnell zu einem Handelsabkommen mit den USA zu kommen“, sagte er. Doch die Geduld vieler Mitgliedstaaten mit der Brüsseler Behörde, die für Handelsfragen zuständig ist, ist langsam aufgebraucht. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán gab sich weniger diplomatisch. Es sei ein „Problem“, dass die Vereinigten Staaten „einen schwergewichtigen Verhandlungsführer“ haben, während das Pendant auf der EU-Seite „sehr schwach“ sei.

    Am 9. Juli läuft Trumps Zoll-Frist aus

    Am 9. Juli läuft eine von US-Präsident Donald Trump gesetzte Frist für die Gespräche aus, dann droht den Unternehmen ein allgemeiner Zollsatz von 50 Prozent. Bereits Anfang der Woche hatte der Bundeskanzler die Verhandlungsstrategie der Kommission als „viel zu kompliziert“ kritisiert. Rückendeckung bekam er von Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Die drei Schwergewichte versuchten am Donnerstag, weitere Staaten auf ihre Seite zu ziehen. Die Sorge wächst, dass sich der insbesondere für die deutsche Wirtschaft kostspielige Konflikt in den Sommer hineinziehen könnte.

    Während Orbán beim Handelsstreit mit den USA fast schon mehrheitsfähig klang, scherte er bei anderen Themen wie gewohnt aus. Mittlerweile ist es bereits Tradition in Brüssel, dass Budapest die gemeinsame Abschlusserklärung nicht mitträgt, insbesondere wenn es um die Ukraine und Russland geht. In den sogenannten „Schlussfolgerungen“ wollte sich Ungarn denn auch nicht hinter das 18. Sanktionspaket stellen, das sich gegen den russischen Energie- und Bankensektor richtet. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico blockierte ebenfalls. Beide nutzten ihren Widerstand als Druckmittel, um Pläne der EU zu verhindern, die ein völliges Verbot russischer Energieimporte ab 2028 vorsehen – und damit auch ein Aus für Nord Stream. Ein Stopp der Einfuhren stelle zum einen die Versorgungssicherheit seines Landes infrage, zum anderen drohten Preissteigerungen, monierte Fico. Sowohl Ungarn als auch die Slowakei sind auf russische Öl- und Gaslieferungen angewiesen, zudem unterhalten deren Regierungen weiterhin enge Beziehungen zu Russland. Diplomaten rechneten trotz der Differenzen mit einer politischen Einigung zum Sanktionspaket im Laufe des Gipfels. Die „Konsensmaschine“ sei am Werk, sagte ein Diplomat am frühen Donnerstagabend. In der Regel werden solche Probleme in Brüssel mit Geld und Ausnahmen gelöst.

    Noch vor dem offiziellen Beginn des Gipfels setzte Merz zudem ein erstes Zeichen, indem er sich mit Hardlinern in Bezug auf EU-Migrationspolitik traf – einer Gruppe von EU-Ländern, die von Italiens Regierungschefin Meloni, Dänemarks Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und dem niederländischen Regierungschef Dick Schoof angeführt wird. Bei dem Treffen ging es etwa darum, Rückführungen zu erleichtern. Deutschland hatte Mitte September 2024 an allen deutschen Außengrenzen Grenzkontrollen wieder eingeführt und dies mit dem Kampf gegen illegale Migration begründet.

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