Besonders überraschend war sie nicht, die Ansprache von CDU-Chef Friedrich Merz bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags. Nur eine Stelle ließ aufhorchen. Gleich zu Beginn der Rede, nach etwa drei Minuten. Da erklärte Merz, es sei gelungen, etwas Tragfähiges zu Papier zu bringen. „Und es ist uns vor allem mit Blick auf die junge Generation in unserem Land gelungen, die zu Recht fragt, welche Zukunft sie hat, welche Chancen sie hat und was wir denn für sie tun.“
Der Punkt schien ihm wichtig zu sein. Noch bevor es um Migration ging, noch bevor es um die Wirtschaft ging, noch bevor es um die Rente ging, spricht Merz über die Probleme der jungen Generation. Da fragt man sich erstaunt: Friedrich Merz, der bei Amtsantritt älteste Kanzler seit Adenauer, ist also ein Vorkämpfer für die Jugend? Der Vorsitzende einer Partei, die mehrheitlich von Älteren gewählt wird? Das war eine kleine Überraschung. Nur steckte da nicht allzu viel dahinter.
Immerhin im Koalitionsvertrag: Bafög-Erhöhung, WG-Garantie, Führerschein-Zuschuss
Das zeigte sich schon daran, dass der künftige Kanzler sich nicht einmal die Mühe machte, diesen Punkt zu elaborieren. Das überlies er Saskia Esken. Man werde das Bafög anpassen, sagte sie. Außerdem habe man sich im Koalitionsvertrag auf eine WG-Garantie geeinigt. Immerhin.
Nur steht hinter der WG‑Garantie natürlich nicht wirklich eine Garantie. Sondern das etwas schwammige Versprechen, mehr in „junges Wohnen“ zu investieren. Und das BAföG? Soll zwar erhöht werden, aber auch erst in eineinhalb Jahren. Wie viel dann unterm Strich noch übrig bleibt, ist fraglich. Die Lebenshaltungskosten steigen ohnehin rasant. Und die Miete in den meisten Großstädten ist mit einem Minijob oder dem Bafög heute schon kaum zu bezahlen. Immerhin den Führerschein will die Regierung vergünstigen. Das muss man anerkennen.
Kommende Generationen müssen die Schulden von Schwarz-Rot abstottern
Aber echte Generationengerechtigkeit ist mehr als ein paar Zuschüsse. Im Falle dieser Regierung hieße das vor allem: zu erklären, wie man die riesigen Schuldenberge tilgen möchte, die man in den kommenden Jahren aufnehmen wird. Die Aufweichung der Schuldenbremse für Verteidigung war richtig. Aber abstottern müssen das die kommenden Generationen. Also jene, die nicht mehr von der Friedensdividende profitieren. Das ist ungerecht.
Dass das Sondervermögen zum Teil in den Klimaschutz fließt, ist richtig und fair gegenüber den jungen Menschen, die das bezahlen müssen. Aber dazu mussten sich Union und SPD erst zwingen lassen. Außerdem hätte man das Versprechen noch erweitern können. Sodass beispielsweise ein bestimmter Betrag verbindlich in die maroden Schulen fließt.
Und dann sind da noch die anderen teuren Wahlgeschenke. Allein die Rentenversprechen werden den Haushalt mit fast sieben Milliarden Euro pro Jahr belasten, schätzt das Institut der deutschen Wirtschaft. Der Zuschuss zum Führerschein ist dagegen nichts. Und einen Tilgungs- oder Finanzierungsplan für die Wahlgeschenke und die Sonderschulden gibt es nicht. Von großen Reformen ganz zu schweigen.
Union und SPD werden von Älteren gewählt, also machen sie auch Politik für Ältere
Zwar haben Union und SPD immerzu beteuert, auch sparen zu wollen. Und einige Ansätze finden sich dazu im Koalitionsvertrag. Nur werden die nicht genügen, um alle Vorhaben zu finanzieren. Stattdessen verweisen Union und SPD stets mit einer guten Portion Zweckoptimismus darauf, dass die Wirtschaft sich schon bald wieder erholen werde – und damit auch die Steuereinnahmen wieder steigen. Nur passt das nicht so ganz zur Realität. Zuletzt korrigierten die fünf großen deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognose nach unten. Bleibt also nur die Möglichkeit, die Finanzierung der Wahlversprechen den künftigen Generationen zu überlassen. Sofern man sie nicht brechen möchte.
Aber gut, Union und SPD werden nun mal von Älteren gewählt, also machen sie auch Politik für Ältere. So weit, so in Ordnung. Auch wenn diese Politik auf dem Rücken künftiger Generationen gemacht wird. Nur dass Friedrich Merz sich dann hinstellt und von seinen Verdiensten für kommende Generationen spricht, das ist schon einigermaßen unverschämt.
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