Nach der blutigen Messertat von Aschaffenburg hat CDU-Chef Friedrich Merz seine Rhetorik in der Asylpolitik verschärft. Am ersten Tag seiner Kanzlerschaft werde er die Grenzen für Flüchtlinge schließen, bald darauf die 40.000 ausreisepflichtigen Ausländer abschieben. Vier Wochen später rudert Merz nun zurück. „Diese 40.000, die sofort ausreisepflichtig sind ohne Duldungsstatus, die können Sie natürlich nicht alle festnehmen“, sagte er nun im letzten TV-Duell der Springer-Zeitungen Bild und Welt am Mittwochabend. Merz will jetzt nur noch die rund 500 polizeibekannten Gefährder unter jenen 40.000 sofort festnehmen lassen und außer Landes schaffen.
Ein ähnlicher Rückzieher droht bei der knallharten Ansage an Flüchtlinge, sie an der deutschen Grenze direkt abzuweisen. Dafür sprechen praktische Gründe, wie etwa fehlende Bundespolizisten zur Bewachung der Grenzen. Wirtschaftliche, weil heruntergelassene Schlagbäume den freien Warenverkehr bremsen. Rechtliche, weil die Genfer Flüchtlingskonvention das direkte Abweisen verbietet. Oder europäische, weil Deutschland die Schutzsuchenden dann zum Problem seiner Nachbarn machen würde.
Asylpolitik: Scholz für wirksame Schritte statt lautem Knall
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wirft deshalb seinem Herausforderer vor, dass hinter den markigen Sprüchen nur heiße (Wahlkampf)-Luft steckt. Scholz hat im vergangenen Jahr gemeinsam mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer die Zahl der Flüchtlinge um ein Drittel gesenkt. Seinen Kurs der Asylhärte in kleinen Schritten will er fortsetzen, wenn ihm die Wähler am Sonntag dazu ein zweites Mandat erteilen.
Dass bislang bei der Begrenzung der Zuwanderung dennoch zu wenig geschehen ist, wird von der großen Mehrheit der Deutschen so gesehen. Aus diesem Grund steht die AfD in den Umfragen bei 20 Prozent. Die grausamen Verbrechen von Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg und München machen den Handlungsdruck deutlich. Die deutsche Migrationspolitik der zurückliegenden zehn Jahre war von einer naiven Humanität geprägt.
Aus Syrien kommen nur Ärzte und Ingenieure zu uns, lautete 2015 zunächst der Tenor in den Medien. Nach dem russischen Überfall der Ukraine vor drei Jahren öffnete die Bundesregierung das vergleichsweise großzügige System der Grundsicherung (Hartz-IV, Wohnung, freie Heilfürsorge) für die Flüchtlinge aus dem Osten, damit sie dem Arbeitsmarkt schnell zur Verfügung stehen. Es gibt kaum ein Land in Europa, in dem weniger Ukrainer arbeiten. Die Naivität dieser Annahmen gipfelte in Angela Merkels Satz: „Wir schaffen das.“
Die nächste Regierung muss die Zahl der Migranten senken
Nein, Deutschland schafft es nicht, wenn die Zahl der Flüchtlinge nicht deutlich nach unten geht. Das kann und muss die nächste Bundesregierung erreichen. Und es geht selbst ohne die vollmundigen Ankündigungen aus dem Wahlkampf. Wenn Flüchtlinge gegen Gesetze verstoßen und das den Behörden bekannt ist, müssen sich die Stellen austauschen und die straffälligen Migranten abgeschoben werden. Es ist an der Zeit, mit den Taliban und den neuen Machthabern in Syrien zu verhandeln, damit sie ihre Landsleute zurücknehmen. Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus sollte abgeschafft werden. Wenn ein Schutzgrund wegfällt, wenn wie in Syrien ein Diktator gestürzt wurde, dann müssen Flüchtlinge in ihre Heimat geschickt werden, wenn sie hier keine Arbeit haben.
Es gibt viele Stellschrauben, an denen gedreht werden kann. Das ist mühselig und entfaltet keine Wirkung über Nacht. Es ist aber ehrlicher als die Parole „Grenzen dicht“. Wer keine Migranten will, der müsste im Herzen Europas einen Zaun um Deutschland errichten.
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