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Steigende Kosten: Krankenkassen warnen vor Rekordbeiträgen für Arbeitnehmer

Gesundheitspolitik

Krankenkassen warnen vor Rekordbeiträgen für Arbeitnehmer

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    Die Krankenkassenbeiträge sind in den vergangen Jahren so stark wie noch nie gestiegen.
    Die Krankenkassenbeiträge sind in den vergangen Jahren so stark wie noch nie gestiegen. Foto: Jens Kalaene, dpa (Archivbild)

    Vor dem Koalitionsgipfel zu geplanten Sozialreformen warnen die Krankenkassen vor weiter steigenden Beiträgen zum Jahreswechsel. „Die Politik muss rasch handeln, denn sonst werden die Zusatzbeiträge zum ersten Januar die Drei-Prozent-Schwelle überspringen“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenversicherung, Oliver Blatt, unserer Redaktion. Union und SPD müssten nun längst bekannte Vorschläge umsetzen, um die Kosten zu dämpfen, betonte auch die AOK-Bundesvorsitzende Carola Reimann vor dem am Mittwoch stattfindenden Treffen der Parteispitzen von CDU, CSU und SPD.

    Schon zum Jahresbeginn 2025 waren die Beitragssätze der Krankenkassen im Durchschnitt auf einen Rekord von 17,5 Prozent gestiegen, nachdem die Ampelregierung den Zusatzbeitrag auf 2,5 Prozent erhöht hatte.

    Kassenverbandschef: Beitragsspirale muss durchbrochen werden

    „Eigentlich ist die Sache doch recht einfach: Wir brauchen eine Gesetzgebung, die verhindert, dass die Krankenkassen immer wieder mehr ausgeben müssen, als sie einnehmen“, sagte Spitzenverbandschef Blatt. „Der Kostenanstieg muss wieder auf ein Normalmaß zurückgeführt werden“, betonte er. „Durch so ein Ausgabenmoratorium müsste keine einzige Leistung gestrichen werden, aber die Beitragsspirale wäre durchbrochen.“

    Die Kassen fordern, dass künftig die Preis- und Honorarzuwächse nicht mehr schneller steigen dürfen als die Einnahmen der Krankenkassen. „Damit wäre weiterhin Luft für den Ausgleich der Inflation und Tarifentwicklungen, aber Ausgabensteigerungen von zehn Prozent und mehr wären vom Tisch, denn kein Gesundheitssystem der Welt hält das auf Dauer aus.“, sagte Blatt. Ein weiterer Beitragsanstieg wäre Gift für den Wirtschaftsaufschwung. „Nur wenn die Politik kurzfristig handelt, können die Krankenkassenbeiträge im nächsten Jahr insgesamt stabil bleiben“, sagte Blatt. „Das wäre für die Versicherten und die Wirtschaft ebenso gut wie notwendig“, betonte er.

    Es brauche unbedingt Reformen, von denen die Versicherten im Alltag profitierten, zum Beispiel durch schnellere Arzttermine. Gerade bei den größten Ausgabenbereichen, wie Krankenhäusern und Arzneimitteln, müssten die Ausgabensteigerungen wieder auf ein Normalmaß zurückgeführt werden.

    AOK-Chefin Reimann: Vorschläge zum Einsparen von 14 Milliarden Euro

    Ebenso wie der Spitzenverband mahnte auch AOK-Chefin Reimann grundsätzliche Reformen an. „Dabei liegen schon lange konkrete Vorschläge auf dem Tisch“, betonte sie. „Den größten Hebel bieten Maßnahmen im Arzneimittelbereich wie die Absenkung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel von 19 auf sieben Prozent.“ Dies würde allein sieben Milliarden Euro bringen. Bei den Klinikausgaben könnten dreieinhalb Milliarden Euro eingespart werden, unter anderem wenn die Kassen mehr Abrechnungen überprüfen dürften und Doppelfinanzierungen ausgeschlossen würden.

    Insgesamt könnten so bis zu 14 Milliarden Euro eingespart werden, sagte Reimann. Die Koalition kündige zwar an, den Beitragsanstieg stoppen zu wollen. „Über konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der finanziellen Situation ist man sich aber uneins“, kritisierte sie. „Langsam entsteht der Eindruck von sozialpolitischer Ratlosigkeit und Untätigkeit.“

    Grüne fordern höhere Steuer auf Kapitalerträge, um Sozialabgaben zu senken

    Von Seiten der Grünen kommt der Vorschlag, den pauschalen Steuersatz auf Kapitalerträge von 25 auf 30 Prozent zu erhöhen, um mit den Einnahmen die Krankenkassen zu entlasten. „Hätte 2024 der Steuersatz bei 30 Prozent gelegen, hätte der Bund rund fünf Milliarden Euro mehr für den Gesundheitsfonds verwenden können, das hätte das Defizit von 3,7 Milliarden Euro in einen Überschuss verwandelt“, sagte der Finanzexperte der Grünen-Bundestagsfraktion Sascha Müller unserer Redaktion.

    „Der einfachste Weg, um in Deutschland die wirklich vermögenden Menschen mehr an der Finanzierung des Sozialstaats zu beteiligen, ist eine stärkere Heranziehung von deren Kapitalerträgen“, sagte Müller. Hier fließe eine Quellensteuer ohne bürokratischen Zusatzaufwand direkt an die Finanzämter. „Der Steuersatz von 25 Prozent stammt noch aus einer Zeit, als man Kapitalflucht ins Ausland fürchtete“, sagt Müller. Doch inzwischen seien damalige Schlupflöcher durch viele internationale Finanzabkommen weitestgehend gestopft worden.

    „Die Sozialabgaben treffen die unteren Einkommensgruppen besonders“, betonte der Grünen-Finanzexperte. „Diese Menschen zahlen oft nur wenig Lohnsteuer, aber die gestiegenen Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung drücken neben den Rentenbeiträgen voll auf den Nettolohn“, erklärte er. „Wer in der Breite Entlastung erreichen will, muss an die Sozialabgaben ran“, mahnte der Grünen-Politiker.

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