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Ukrainische Expertise gefordert: Drohnenabwehr neu denken für Europas Sicherheit

Drohnenattacken

Sicherheit in Europa: Wie sich Drohnen abwehren lassen

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    Solche großen Drohnen sorgen in der Ukraine regelmäßig für erhebliche Zerstörungen und Todesopfer. Die Nato sollte die Expertise des Landes in der Drohnenabwehr nutzen, sagt ein Fachmann.
    Solche großen Drohnen sorgen in der Ukraine regelmäßig für erhebliche Zerstörungen und Todesopfer. Die Nato sollte die Expertise des Landes in der Drohnenabwehr nutzen, sagt ein Fachmann. Foto: Efrem Lukatsky, dpa

    Eine militärische Verteidigungsallianz wie die Nato wird daran gemessen, ob sie tatsächlich in der Lage ist, die Bevölkerung vor Bedrohungen zu schützen. Gleiches gilt natürlich für die Streitkräfte und Sicherheitsbehörden der Mitgliedsstaaten. Nun allerdings lassen Drohnen sowie Luftraumverletzungen durch russische Kampfjets an der Verteidigungsfähigkeit der Nato Zweifel aufkommen. Betroffen waren zuletzt Dänemark, aber auch Norddeutschland, Polen und die baltischen Staaten. Jetzt kamen Drohnen am Flughafen München dazu.

    Einem Bericht des Spiegel zufolge könnte die Ausspähung von Objekten in Schleswig-Holstein weit strukturierter und umfassender gewesen sein als bisher angenommen. Danach gehen die Behörden Hinweisen nach, dass sensible Einrichtungen der Infrastruktur mit Drohnen regelrecht vermessen worden sind. Dabei habe es sich um die Marinesparte des Unternehmens Thyssen-Krupp, ein Kraftwerk, das Universitätsklinikum Kiel und den Sitz der Landesregierung gehandelt.

    Experte: Spionage und Destabilisierung als Motivation für Attacken

    Der Experte Johannes Rundfeldt, Sprecher der AG Kritis (Arbeitsgruppe kritische Infrastrukturen), hält die Häufung von Drohnensichtungen für „äußerst besorgniserregend“: „Es gibt zwei plausible Motivationen für die Drohnenaktivitäten: einmal Spionage, dann Destabilisierung – also Unruhe in der Bevölkerung zu schüren. Es war ja schon auffällig, dass die Drohnen über dem Flughafen von Aalborg in Dänemark relativ groß waren und mit unübersehbar leuchtenden Positionslampen unterwegs waren“, sagte Rundfeldt unserer Redaktion. Das bedeute, dass Wert darauf gelegt wurde, dass man die Drohnen wahrnimmt. Man wolle offensichtlich Angst verbreiten. „Das ist die Wirkung, die mutmaßlich Russland erzielen will.“ Allerdings seien die Drohnen nach allem, was man weiß, nicht mit Sprengstoff versehen gewesen, fügte er hinzu.

    Ein im Bau befindliches U-Boot liegt in der Werft von Thyssen-Krupp Marine Systems in Kiel könnte Ziel von Spionage-Drohnen gewesen sein.
    Ein im Bau befindliches U-Boot liegt in der Werft von Thyssen-Krupp Marine Systems in Kiel könnte Ziel von Spionage-Drohnen gewesen sein. Foto: Marcus Brandt, dpa

    Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte auf die „hohe“ Bedrohungslage mit der Ankündigung reagiert, ein Drohnenzentrum einzurichten. Rundfeldt ist skeptisch: „Das halte ich für nicht zielführend. Wir bräuchten viel dringender Material und Ausbildung. Das Wissen hat die Ukraine, aber zum Beispiel auch Finnland. Und die Fachleute dort wären sofort bereit, ihre Expertise bereitzustellen.“ Die Bundeswehr solle vielmehr umgehend damit beginnen, Soldaten für die Abwehr von Drohnen auszubilden.

    Es gibt viele verschiedene Drohnen-Typen

    „Aufspüren, Abfangen und Abschießen“ nannte Dobrindt als Grundlagen für die Drohnenabwehr. Die Möglichkeiten, Drohnen zu stoppen, sind ähnlich vielfältig wie die verschiedenen Typen der unbemannten Flugobjekte. Möglich ist es, die Funksignale zu stören – das sogenannte „Jammen“ – oder das „Einfangen“ mit Netzen, die von Abwehrdrohnen auf die Eindringlinge geworfen werden. Bereits auf dem Tisch der EU liegen Pläne für einen sogenannten Drohnenwall, der das Erkennen, Verfolgen und Abfangen von unbemannten Flugkörpern ermöglichen soll. Er soll möglichst schnell an der Ostflanke der EU aufgebaut werden.

    Drohnen werden immer stärker zu einem Sicherheitsthema für die Nato.
    Drohnen werden immer stärker zu einem Sicherheitsthema für die Nato. Foto: Evgeniy Maloletka, dpa

    Die Ukraine beweist Tag für Tag, dass es realistisch ist, auch eine große Anzahl einfliegender russischer Drohnen unschädlich zu machen. „Natürlich muss man beachten, dass Trümmerteile von abgeschossenen Drohnen oder die verwendeten Projektile nicht zur Gefahr für die Zivilbevölkerung oder kritische Infrastrukturen werden. Die Standorte der Bundeswehr liegen überwiegend in dünn besiedelten Regionen. Dort wäre das Risiko handhabbar. Wenn man ein Risiko ausschließen kann, ist auch ein Abschuss sinnvoll“, sagte Rundfeldt.

    Fehlt dem Innenministerium ein Konzept gegen die Bedrohung?

    Dass jetzt Entschlossenheit gefragt ist, daran lässt auch Rundfeldt keinen Zweifel: „Minister Dobrindt hat angekündigt, das Luftsicherheitsgesetz, in dem es um die Gefahrenabwehr von Spionage oder Terrorismus aus der Luft geht, zu reformieren. Das ist überfällig und hätte durch das Innenministerium längst geschehen müssen. , sagt er. Er habe den Eindruck, dass das Ministerium „hilflos ist, was die Fragen nach einem Konzept für diese Art von Bedrohung“ angehe.

    Entscheidend sei, dass die Zuständigkeiten klar geregelt werden. Zunächst sollte die Polizei zuständig sein. Wenn es aber – wie in Dänemark – um große, professionelle Drohnen gehe, habe nur die Bundeswehr aktuell die Kampfmittel, um effektiv einzugreifen. Würden beispielsweise Drohnen über einem Kraftwerk auftauchen, wäre es kein akzeptabler Zustand, dass erst einmal darüber geredet werden müsste, wer überhaupt zuständig ist und wer was machen dürfe, betonte Rundfeldt.

    Zumal die hybriden Attacken gegen kritische Infrastruktur, die mutmaßlich aus Russland und China kommen, längst nicht nur mit Drohnen ausgeführt werden, sondern auch durch Cyberattacken oder Erpressersoftware.

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