Fast drei Monate lang hat der aus den USA unrechtmäßig abgeschobene Kilmar Abrego Garcia im Hochsicherheitsgefängnis Cecot in El Salvador eingesessen. Dort wurde er nach eigenen Angaben geschlagen und psychisch gefoltert. Eine Klage des 29-jährigen Familienvaters wirft ein verheerendes Licht auf den Mammut-Gulag. Doch die Odyssee des Mannes aus Maryland entwickelt sich immer mehr zu seinem Sinnbild für die inhumane und rechtlich fragwürdige Anti-Migrationspolitik der Trump-Regierung insgesamt.
Das oberste Gericht macht Druck, Garcia zurückzuholen
Zwar wurde Garcia unter dem Druck eines Supreme-Court-Urteils Anfang Juni zurück in die USA geholt. Doch seither sitzt der mit einer Amerikanerin verheiratete Familienvater in einem Gefängnis im Bundesstaat Tennessee. Ihm drohen aufgrund zweifelhafter Vorwürfe eine jahrzehntelange Haft oder die erneute Abschiebung. „Kilmar Abrego Garcia ist ein gefährlicher krimineller Ausländer. Er wird nie wieder frei auf amerikanischem Boden herumlaufen“, hat Tricia McLaughlin, die Sprecherin des Heimatschutzministeriums verkündet.
Der Albtraum des Metallarbeiters, der als 16-Jähriger auf der Flucht vor kriminellen Banden in seiner Heimat El Salvador illegal in die USA einreiste, ist also keinesfalls vorbei. Begonnen hatte er am 12. März. Da wurde Garcia, der seinen autistischen Sohn bei der Schwiegermutter in einem Vorort von Washington abholen wollte, aus heiterem Himmel von staatlichen Sicherheitskräften festgenommen. Zwei Tage später saß er als angebliches Mitglied eines venezolanischen Kartells in einem Abschiebeflugzeug nach El Salvador.
Donald Trump zuckt nur mit den Schultern
Bald wurde klar, dass Garcia kein Venezolaner war und außerdem seit 2019 unter Abschiebeschutz stand. Ein inzwischen gefeuerter Staatsanwalt gestand den Irrtum der Regierung offen ein, eine Richterin verlangte die Rückholung des Mannes. Auch der Supreme Court, das oberste Gericht der USA, forderte die Trump-Regierung auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Garcia wieder in die USA zu bringen. Doch der Präsident zuckte demonstrativ mit den Schultern: Er habe keinen Einfluss auf die Gefängnisse in El Salvador.
Eine von Garcias Ehefrau vor einem Bundesgericht in Maryland eingereichte Klage lässt erahnen, was dem Migranten während seiner fast dreimonatigen Inhaftierung in dem berüchtigten Hochsicherheits-Gulag Cecot widerfuhr. So wurde Garcia nach Angaben seiner Anwälte in einer überfüllten fensterlosen Zelle mit Metall-Etagenbetten ohne Matratzen untergebracht, die 24 Stunden mit Kunstlicht beflutet wurde. Ihm wurde so lange der Zugang zur Toilette verweigert, bis er in die Hose machte. Einmal wurde er zusammen mit 20 anderen Insassen gezwungen, die ganze Nacht zu knien. Jeder, der aus Erschöpfung umfiel, wurde von den Wärtern getreten und geschlagen. Während der Haft soll Garcia mehr als 15 Kilogramm Gewicht verloren haben.
Anfang Juni plötzlich schien sich das Blatt zu wenden: Die US-Justizbehörden holten Garcia, mutmaßlich aus Sorge vor einer Eskalation mit dem Supreme Court, zurück in die USA – aber nicht zu seiner Familie nach Maryland. Vielmehr sitzt der 29-Jährige seither in einem Gefängnis in Tennessee ein. Justizministerin Pam Bondi hatte eilig eine Anklage vorbereiten lassen. Sie wirft Garcia nun vor, ein führendes Mitglied der salvadorianischen Verbrecherbande M13 und Drahtzieher eines Menschenschmuggler-Rings zu sein.
Der Vorwurf der M13-Mitgliedschaft geht auf eine Begebenheit im März 2019 zurück, als Garcia auf einem Parkplatz vor einem Baumarkt aufgegriffen wurde, wo auch Banden-Angehörige verkehrten. Er wurde von einem Gericht als nicht glaubhaft zurückgewiesen. Ende 2022 wurde Garcia dann in Tennessee bei einer Verkehrskontrolle gestoppt. Mit ihm befanden sich acht weitere Männer aus El Salvador in dem Personenwagen. Nach eigenen Angaben beförderte Garcia die Bauarbeiter im Auftrag seines Chefs nach Maryland. Die Staatsanwaltschaft sieht den Vorfall indes als Beleg dafür, dass Garcia über Jahre kommerziell illegale Einwanderer ins Land schleuste. Ihr Kronzeuge, der tatsächlich wegen Menschenschmuggels verurteilt war, wurde soeben aus der Haft entlassen.
Der Fall wird zum Politikum in den USA
Längst ist der Fall für die Trump-Regierung zum Politikum geworden. Ein Einlenken scheint ausgeschlossen. Vertreter des Justizministeriums äußerten in der vergangenen Woche plötzlich, Garcia könne in ein drittes Land abgeschoben werden. Aus Sorge vor einer erneuten Nacht- und Nebel-Deportation haben die Anwälte deshalb erfolgreich beantragt, dass Garcia bis zur Urteilsverkündung nicht wie sonst üblich auf freien Fuß kommt. Zu seiner eigenen Sicherheit bleibt der Familienvater vorerst im Gefängnis.
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