Klaus Gessenauer kann es kaum erwarten. Der 62-Jährige hat schon acht Mal am Rad-Marathon im Tannheimer Tal teilgenommen. Doch die zehnte Auflage am 1. Juli wird für ihn eine ganz besondere. Erstmals tritt er mit seinem selbstgefertigten "Tree-Racer" bei einer öffentlichen Veranstaltung in die Pedale. "Ich bin gespannt, was die anderen Rad-Fans dazu sagen", sagt der emsige "Mächler".


Monatelang hat der Bademeister in seiner Freizeit für die Verwirklichung eines Traums getüftelt. "Ich wollte ein einzigartiges Fahrrad mit einem Rahmen aus Holz und Stahl, vereint mit neuer Technologie", erzählt er. Nach dem Entwurf von detailgenauen Plänen setzte er sein Vorhaben mit dem benachbartem Schreiner Matthias Willmann und einer Reihe von Spezialfirmen um.
Entstanden ist ein 22-Gang-Rennrad mit moderner Schaltung (Campagnolo Athena) und vergleichsweise wenig Gewicht: 10,4 Kilo wiegt der "Tree-Racer". "Ich habe so wenig Stahl wie möglich verwendet", erklärt Gessenauer. Der Glanz und die Struktur der Holz-Elemente lassen sein Herz höher schlagen. "Das sieht einfach wunderschön aus."
Holzrenner faszinieren den früheren Triathleten und Inhaber eines Radladens schon lange. Nach der Wende kaufte er einem Außendienstmitarbeiter ein Holzrad der Marke Cyco Spross ab, ein Spross des einstigen DDR-Herstellers Mifa. 25 Jahre lang fuhr Gessenauer den Renner im Alltag.
Material: Eschenholz (1,5 mm Furnier), Stahl
Gewicht ohne Pedale: 10,4 Kilo
Preis: 4.900 Euro
Schaltung: 22 Gänge, Campagnolo Athena
Sattel: Leder (Selle Italia)
Felgen: Eschenholz
Auf Kunden-Wunsch fertigt Gessenauer weitere Holzrenner eigenhändig an. Derzeit plant er auch ein Modell mit E-Motor. Tel.: 08365/70 66 00
Vor zwei Jahren baute er das Rad mit viel Liebe zum Detail zu einem Retro-Bike um und nahm damit an der Oldbike-Rallye L'Eroica in der Toskana teil. "Obwohl viele der 143 Kilometer über Schotterstraßen führten, hatte ich keinen Materialschaden", stellte er danach erfreut fest. Das bestärkte ihn darin, selbst ein Holzrad aus heimischem Eschenholz zu bauen.
Die erste große Ausfahrt steht beim Rad-Marathon im Tannheimer Tal bevor: "Schöner kann es doch gar nicht losgehen", freut sich Gessenauer. Nach einigen gesundheitlichen Rückschlägen sind Zeiten für den früheren Leistungssportler heute nicht mehr entscheidend. Deshalb startet er über die neue Kurz-Distanz von 58 Kilometern. Und freut sich auf "komfortables und sanftes Dahinschleichen". Die Aufmerksamkeit der Radsport-Fans dürfte ihm auf seinem selbstgefertigten Holz-Renner dennoch sicher sein.