Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Altersklasse dominiert: Willi Schweiger aus Blaichach ist Ironman-Europameister

Der eiserne König Europas

Altersklasse dominiert: Willi Schweiger aus Blaichach ist Ironman-Europameister

    • |
    • |
    Auf dem Rennrad durch Frankfurt: Willi Schweiger aus Blaichach ist Ironman-Europameister geworden – mit 59 in seiner AK.
    Auf dem Rennrad durch Frankfurt: Willi Schweiger aus Blaichach ist Ironman-Europameister geworden – mit 59 in seiner AK. Foto: finisherix

    Es war das heißeste Rennen des Jahres – und für Wilhelm Schweiger seine persönliche Sternstunde. Im Glutofen der Main-Metropole eroberte der 59-jährige Blaichacher den Europameister-Titel bei der Ironman-EM in Frankfurt. In der Zeit von 10:33 Stunden gewann Schweiger Gold in seiner Altersklasse mit sagenhaftem Vorsprung von über 1:20 Stunde, stellte seine Ausnahme-Form 2019 einmal mehr unter Beweis und schrieb mit dem größten Erfolg das nächste Kapitel seiner außergewöhnlichen Geschichte.

    Denn mit seiner Zeit hätte Schweiger sogar die Altersklasse 55 gewonnen und wäre bei den „50ern“ auf Rang sieben gelandet. „Dieser Titel ist eine super Sache – das ist für jeden Sportler einzigartig, wenn man so lange dafür gearbeitet hat“, sagt Schweiger: „Und die Kulisse ist einmalig. Der Zieleinlauf am Römer ist Wahnsinn. Das vergisst man im Leben nicht.“

    Momente fürs Leben dürfte der gebürtige Miesbacher in der Hitzeschlacht von Frankfurt allemal erlebt haben. „Bei diesen Verhältnissen erlebst Du alles viel intensiver“, sagt Schweiger mit Blick auf die Temperaturen am vergangenen Wochenende. Beim Start um 7.40 Uhr auf die 3,8-km-Schwimmstrecke war davon freilich noch nichts zu spüren – erst recht nicht im Wasser bei Neopren-Verbot.

    Der 59-Jährige war früher als Eishockeyspieler aktiv, unter anderem beim damaligen SC Memmingen und beim ERC Sonthofen.
    Der 59-Jährige war früher als Eishockeyspieler aktiv, unter anderem beim damaligen SC Memmingen und beim ERC Sonthofen. Foto: Ronald Maior

    Dafür hatten die Athleten mit einer anderen Herausforderung zu kämpfen: „Zu dem Zeitpunkt vor 8 Uhr ist die Sonne aufgegangen, wir sind 2 Kilometer beinahe blind geschwommen“, berichtet Schweiger. „Man sieht keine Marke, keine Boje – das ärgert brutal, man denkt nur, man schwimmt zick-zack, schwimmt zu weit.“

    Entsprechend schockiert sei er gewesen, als er nach 1:20 Stunde aus dem Wasser stieg – für gewöhnlich liegt Schweigers Zeit bei 1:04. „Für mich war klar, ich muss auf dem Rad noch mehr Gas geben“, erzählt Schweiger. Und das tat er – eindrucksvoll. Trotz der auf 29 Grad ansteigenden Temperaturen beim Start auf die 185 Kilometer.

    Fabelzeit auf dem Rad

    Die ersten 100 davon ist Schweiger im Blitz-Tempo (Schnitt von 37,8 km/h) angegangen, ehe bei Kilometer 125 – und inzwischen 32 Grad – der nächste Dämpfer kam. „Ausgerechnet beim Überrunden habe ich eine Zeitstrafe wegen Windschattenfahrens bekommen. Da waren Tram-Linien, es ging nicht anders – aber die Strafe war korrekt. Auch wenn es mich maßlos ärgert“, gesteht Schweiger. Im nächsten Penalty-Zelt musste der amtierende deutsche Meister eine Fünf- Minuten-Zeitstrafe absitzen – eine elend lange Zeit, wenn man gerade „im Modus“ ist.

    Man wird immer an die Grenze gehen, aber man darf nie vergessen, trotzdem auf den Körper zu achten. Denn dem ist es egal, ob man gewinnt oder nicht.Wilhelm Schweiger

    „Es frustet, weil ich beim Radeln alle Konkurrenten überholt hatte, und die rasen mit 40 an Dir vorbei. Aber Du musst das sofort aus dem Kopf löschen und gleich wieder alles rausholen.“ Das sollte ihm gelingen. Die sagenhafte Radzeit von 5:13 Stunden zeigt: Schweiger wäre damit sogar bei den Profis um Mega-Star Jan Frodeno auf dem unglaublichen 23. Rang gelandet.

    Schlussphase bei 40 Grad

    In seiner Altersklasse 60 war Schweiger so oder so der, den es zu schlagen galt, als es mittags bei nunmehr 38 Grad an den Marathon über 42,2 Kilometer ging. „Ich habe gespürt, dass ich gute Beine hatte, aber ab der dritten Runde wurde es fies“, erinnert sich Schweiger. Denn gegen 16 Uhr stieg das Quecksilber auf 40 Grad. „Das war absolut brutal – ich wusste, dass ich meine Konkurrenten in der Klasse überholt hatte. Aber ich wusste nicht, dass der Vorsprung so groß ist.“ Das war er, und so lief der Blaichacher um 18:13 Uhr zu EM-Gold über die Ziellinie. „Die Motivation bei diesen Verhältnissen war hintenraus brutal – aber gerade da muss man stabil bleiben im Kopf“, sagt Schweiger.

    11.000 Kalorien, 12 Liter Wasser

    Die extreme Belastung, die während der zehn Stunden Ironman-Schinderei auf den Körper wirkte, lässt sich in Zahlen ausdrücken: Der 1,88 Meter große und 80 Kilo schwere Athlet verbrannte in Frankfurt 11.000 Kalorien, nahm etwa zwölf Liter Flüssigkeit auf. Durch die Umfänge, die Schweiger allein 2019 bereits absolviert hat – von 8.000 km radeln, 1.500 km laufen und 400 km schwimmen – hat sich der Körper des ehemals hochklassig aktiven Eishockey-Spielers eingestellt. „Ich bin absolut fit im Moment und habe glücklicherweise überhaupt keine Verletzungen – seit Jahren nicht mehr“, freut sich Schweiger.

    Tatsächlich datiert die letzte Blessur des Ausdauersportlers vom Herbst 2015, als ein Muskelfaserriss ihn beinahe die Erfüllung seines größten Traums gekostet hätte: Der Start bei der Ironman-WM auf Hawaii. Doch der heute 59-Jährige biss auf die Zähne, wurde 19. bei der WM und genoss seinen „Traum von Kona“ in vollen Zügen.

    Und so könnte sich die Geschichte heuer wiederholen. Denn durch den Sieg beim vermeintlich härtesten Ironman der Welt in Wales hat der Blaichacher das WM-Ticket für Kona bereits im vergangenen September gelöst. „Mein Highlight ist Hawaii. In Heilbronn war ich von der Form her bei 75 Prozent, in Frankfurt bei 90 Prozent und ich hoffe, dass ich zum Höhepunkt in Topform bin“, sagt Schweiger.

    „Hawaii zieht magisch an“

    14 Ironmans hat der Europameister in seinem Leben absolviert. Nach dem jüngsten Coup von Frankfurt gönnt Schweiger seinem Körper vorerst aber etwas Regeneration, ehe am 21. Juli ein Triathlon am Schliersee, im August die Titelverteidigung beim Allgäu-Triathlon und der letzte Trainingsblock für Hawaii anstehen. Damit alles bereit ist für den Showdown am 12. Oktober. „Als Rookie ist Hawaii fast der Super-Gau. Aber wenn man weiß was los ist, kann man sich freuen. Das bleibt für immer ein Traum. Die Insel zieht einen magisch an“, sagt Schweiger und ergänzt mit Blick auf sein Ziel: „Man wird immer an die Grenze gehen, aber man darf nie vergessen, trotzdem auf den Körper zu achten. Denn dem ist es egal, ob man gewinnt oder nicht. Der Rest muss von mir kommen.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden