Während in einigen Bundesländern die Studios bereits geöffnet sind, reagierte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bis zuletzt noch verhalten. Der Freistaat orientierte sich an der Vorgehensweise Österreichs. Dort dürfen Fitness-Studios Ende Mai wieder öffnen. In Bayern ist nun eine Lockerung geplant: Die Studios dürfen am 8. Juni wieder öffnen. So lange zu warten, war für die hiesige Fitnessbranche schon lange ein Dorn im Auge. Die Betreiber von Fitness-Studios wollen ihre Kunden wieder empfangen und Kurse anbieten. Für viele ging mit der langen Zwangspause auch eine finanzielle Talfahrt einher.
Linus Ernst ist Leiter des Fitnessparks von f+p. Der 26-Jährige fühlte sich, wie viele andere Studioleiter in Bayern, vom Freistaat im Stich gelassen: „Von der Regierung hat man jetzt zum ersten Mal etwas gehört. Wir wurden viel zu lange vergessen. Doch zum Glück kam endlich ein Signal.“ Die Existenz der f+p GmbH sei nicht gefährdet. Ernst: „Seit dem 17. März ist der Fitnessbereich geschlossen, doch der Großteil unserer Mitglieder zeigt sich solidarisch. Um die 80 Prozent zahlen weiterhin ihre Beiträge, wofür wir sehr dankbar sind.“ Ohne die Fortzahlung der Mitgliedsbeiträge könne f+p - so wie viele andere Studios - allerdings nicht lange bestehen.
Die Auflagen zu erfüllen, sei kein Problem
Robert Pfund ist einer der Geschäftsführer von f+p. Der 61-Jährige sagt: „Wenn um die 50 Prozent der Mitglieder ihre Beiträge nicht mehr zahlen, hätten wir ein Problem. Die laufenden Kosten bleiben bestehen und sind dann deutlich höher als unsere Einnahmen.“ Nichtsdestotrotz freuen sich die beiden nun über die Entscheidung der Regierung. Ernst: „Wir sind schon lange bereit! Die Auflagen aus anderen Bundesländern können wir auf jeden Fall erfüllen. Jetzt müssen wir nur noch auf das bayerische Hygienekonzept warten.“ Aufgrund der Chipkarten und des Check-in wäre es problemlos möglich, potenzielle Infektionsketten nachzuvollziehen, sagt Ernst und fügt an: „Hierbei habe ich keine Bauchschmerzen.“
Was dem 26-Jährigen bisher Sorgen bereitete, war die Ungewissheit. „Die Politiker haben uns vernachlässigt. Die jetzige Situation ist beschissen! Gut, dass sich das bald ändert“, sagt Ernst. Im Fitnesspark musste man auf Kurzarbeit zurückgreifen. „Ein paar Mitarbeiter hat es zwischenzeitlich getroffen. Aufgrund unserer neuen Angebote haben die Trainer allerdings wieder mehr zu tun“, sagt Ernst.
Outdoorkurse werden auf dem f+p-Parkplatz angeboten
Seit geraumer Zeit können Mitglieder Outdoor- und Onlinekurse besuchen. „Pro Woche bieten wir um die 15 Kurse an. Vom Kindertraining über Yoga bis hin zu Rückenfit ist alles dabei. Über die Onlineplattform Zoom können unsere Mitglieder daran teilnehmen“, sagt Ernst. Doch das Prunkstück sei das Outdoortraining auf dem f+p-Parkplatz. Pfund: „Wir wollten die Leute weiterhin bei der Stange halten. Mit unserem Trainingssystem ist das möglich.“ 50 Minuten lang wird in einer Fünfergruppe trainiert - ein Trainer und vier Mitglieder. „Auf den Total-Gym-Geräten wird der ganze Körper beansprucht. Deshalb muss nie gewechselt werden und der Abstand wird eingehalten“, sagt Pfund. Nach dem Training bleiben zehn Minuten für die Desinfektion, ehe eine neue Gruppe kommt. Ernst: „Die Total-Gym-Kurse werden sehr gut angenommen. Über die No-Excuse-App oder per Telefon können sich unsere Mitglieder anmelden. Und bisher waren die Kurse immer ausgebucht.“ Sollten Kurse im Studio am 8. Juni noch verboten sein, werden sie weiterhin online angeboten.
Den Mitgliedern, vor allem den älteren, sei die persönliche Betreuung wichtig. Viele seien darauf angewiesen und können ohne Hilfestellungen nicht trainieren. „Wir müssen auch daran denken, dass es Menschen körperlich schlecht geht, wenn sie nicht trainieren können. Da werden manche außen vor gelassen“, bedauert Pfund.
Bisher sind in Bayern nur EMS-Studios geöffnet
In Bayern durften bisher lediglich EMS-Studios (Elektro-Muskel-Stimulation) öffnen. Bei f+p wird auch seit einer Woche das Training mit dem Körperanzug angeboten. „Das alleine reicht aber nicht“, sagt Pfund. Der 61-Jährige vermeldet auch deutlich rückgängige Zahlen bei der Physiotherapie und Reha: „Unsere Praxis hatte die ganze Zeit geöffnet, doch aufgrund der Corona-Krise hatten wir viel weniger Patienten. Zwischenzeitlich hatten wir einen 70-prozentigen Rückgang. Das hat uns hart getroffen.“ Nun merkt Pfund allerdings wieder einen leichten Anstieg: „Langsam steigen die Zahlen, obwohl wir erst bei der Hälfte sind.“
Die Mitglieder des Fitnessparks wollen sie aber nicht im Stich lassen. Deshalb wird die „verlorene Zeit“ gutgeschrieben. „Entweder gibt’s eine Gutschrift von drei Monaten, die ans Vertragsende angehängt wird oder ein Mitglied schenkt sie einem Kumpel oder dem Partner. Außerdem bieten wir an, im Wert von 180 Euro eine Stoffwechseldiagnostik durchzuführen, sofern nicht die Option gezogen wurde, den Vertrag ruhen zu lassen“, sagt Ernst.
Der Sportpark in Waltenhofen wird komplett erneuert und neu strukturiert
Ein Projekt von f+p, das in den vergangenen Wochen vorangetrieben wurde, ist der Umbau des Sportparks in Waltenhofen (wir berichteten). „Alles läuft auf Hochtouren. Die neuen Mitglieder haben dann die Möglichkeit, sowohl in Waltenhofen als auch im Fitnesspark an der Lindauer Straße zu trainieren“, sagt Ernst und fügt hinzu: „Wir wollten bereits am 1. Juni eröffnen, jetzt wird’s halt eine Woche später.“ Ein Studio, das Fitness und Sportpark vereint, gebe es in der Region noch nicht, so Pfund: „Der komplette Fitness- und Saunabereich wird erneuert und neu strukturiert. Die Einrichtung wird man nicht wiedererkennen.“
Gleichzeitig haben sie die Corona-bedingte Unterbrechung genutzt und den Fitnesspark in Kempten renoviert. „Wir haben die Böden neu geölt, alles sauber gemacht und Reparaturen durchgeführt“, sagt Pfund. Aufgrund der Entscheidung, dass am 8. Juni die Fitness-Studios wieder öffnen dürfen, seien sie „aus dem Häuschen“. Pfund: „Ein Rückfall muss aber vermieden werden. Ich hoffe, dass sich die Leute weiterhin verantwortungsvoll verhalten und das Virus eingedämmt wird. Denn eine zweite Welle würde nicht nur uns, sondern ganz viele andere Betriebe in der Region und deutschlandweit, hart treffen.“