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Andorra, Mazedonien & Co: So geht Eishockey-Entwicklungshilfe in Füssen

Skurriler Development-Cup

Andorra, Mazedonien & Co: So geht Eishockey-Entwicklungshilfe in Füssen

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    Nein, das ist nicht die Kobold-Liga! In Füssen trafen in dieser Woche unter anderem die Nationalteams von Irland (in standesgemäß grünen Trikots) und Andorra (schwarz) aufeinander. Die Iren behielten zweimal die Oberhand - in der Gruppenphase und im Spiel um Platz drei des Development-Cups.
    Nein, das ist nicht die Kobold-Liga! In Füssen trafen in dieser Woche unter anderem die Nationalteams von Irland (in standesgemäß grünen Trikots) und Andorra (schwarz) aufeinander. Die Iren behielten zweimal die Oberhand - in der Gruppenphase und im Spiel um Platz drei des Development-Cups. Foto: Benedikt Siegert

    Es scheint auf den ersten Blick ein ganz normaler Vormittag zu sein im Bundesleistungszentrum für Eishockey und Curling in Füssen. Auf dem Parkplatz am Kobelhang sind kurz vor 11 Uhr noch jede Menge Stellplätze frei, auf der Baustelle nebenan dreht ein Baggerfahrer mit schwerem Gerät die letzten Runden vor der Mittagspause. Nach und nach spazieren einige ältere Herren mit Eisstöcken in der Hand durch das große Eingangstor. Drinnen, in der Eishockey-Arena, brennt Licht, das ist durch die Scheiben zu erahnen. Dass auf der Anzeigetafel die Uhr tickt, sieht zunächst nach einem

    Testlauf aus – bis die sonore Stimme eines Stadionsprechers verkündet: „Tor für Mazedonien!“

    Mazedonien? Ja, Mazedonien! Die Sportler vom Balkan spielen seit Wochenbeginn in Füssen mit den anderen Eishockey-Zwergen Irland, Portugal und Andorra um den sogenannten Development-Cup. Eigentlich hätten auch Brasilien, Argentinien und Titelverteidiger Marokko dabei sein sollen, sie zogen ihre Meldungen aber kurzfristig zurück.

    Goalie mit Blick für den Puck: Andorras Torhüter versuchte zwar, das Schlimmste zu verhindern, die Niederlage gegen die Iren konnte er dennoch nicht abwenden.
    Goalie mit Blick für den Puck: Andorras Torhüter versuchte zwar, das Schlimmste zu verhindern, die Niederlage gegen die Iren konnte er dennoch nicht abwenden. Foto: Benedikt Siegert

    Ein Hauch von internationalem Flair

    Die Szenerie in der Arena ist speziell. Unten auf dem Eis zwei Teams, die sich sportlich auf Hobby-Niveau messen. Oben auf der Tribüne sitzen ein paar Fans in rot-gelben mazedonischen Trikot, auf der Gegenseite vier Portugiesen mit zwei riesigen Flaggen ihres Landes. Auf dem Umlauf zwischen Unter- und Oberrang drehen derweil vereinzelt Spieler aus Andorra und Irland ihre Aufwärm-Runden vor der nächsten Partie. Ansonsten: gähnende Leere. Und doch versprüht das auf skurrile Art und Weise einen Hauch von internationalem Flair.

    Der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) übernimmt bei diesem Turnier gerne die Rolle des Entwicklungshelfers. Auch DEB-Präsident Franz Reindl und Sportdirektor Stefan Schaidnagel sind als aufmerksame Beobachter dabei. Reindl erklärt: „Es sind Nationalmannschaften, deren Verbände zwar Mitglied im Weltverband IIHF sind. Sie dürfen aber nicht an Weltmeisterschaften teilnehmen, da in diesen Ländern Mindeststandards nicht erfüllt werden.“

    Und sogar der DEB-Präsident ist da

    Am Beispiel Mazedonien erklärt: Der Verband ist zwar seit 2001 Teil der IIHF, war bislang aber nur im Rollhockey-Sport aktiv und feiert dieser Tage in Füssen Premiere auf dem Eis. Im ganzen Land gibt es nur eine Eisfläche, aber keine Halle. Diese Fläche müssen sich die Kufensportler mit Eiskunstläufern und Besucher des Schlittschuh-Publikumslaufs teilen. Die Saison ist kurz, erfolgreiche Nachwuchsarbeit unter diesen Voraussetzungen schlicht nicht möglich. In Füssen zeigen die Mazedonier aber ihr Potenzial: Mit vier Siegen aus vier Spielen haben sie das Finale erreicht - und in diesem fegten sie am Mittwochabend Portugal mit 9:3 vom Eis.

    Unten Hobbyeishockey, oben DEB-Prominenz: Verbandspräsident Franz Reindl (r.) und Sportdirektor Stefan Schaidnagel schauten als Ausrichter beim Entwicklungshilfe-Turnier vorbei.
    Unten Hobbyeishockey, oben DEB-Prominenz: Verbandspräsident Franz Reindl (r.) und Sportdirektor Stefan Schaidnagel schauten als Ausrichter beim Entwicklungshilfe-Turnier vorbei. Foto: Benedikt Siegert

    Vor einem Jahr feierte das Wettbewerbsformat Premiere in Andorra, in Zukunft wechseln sich die größeren Eishockey-Nationen wie Deutschland, Finnland, Schweden, Tschechien und Frankreich in der Organisation des Development-Cups ab. „Wir müssen diese Länder einfach auf dem Weg unterstützen, diese Standards irgendwann zu erreichen, und treten daher gerne als Mentor auf. Nicht mit finanziellen Absichten, sondern aus reiner Liebe zum Eishockey“, sagt Reindl.

    Wenn die Jungs hier in die Halle kommen, dann beginnen ihre Augen zu leuchten. Es ist für sie toll, an einem Traditionsstandort wie Füssen spielen zu dürfen. In einer Stadt, in der es fast an jeder Ecke irgendwie um Eishockey geht.DEB-Präsident Franz Reindl

    DEB-Generalsekretär Michael Pfuhl kümmert sich in Füssen um Spiel- und Trainingspläne für die teilnehmenden Mannschaften, um Unterkunft und Verpflegung. Die Exoten sind begeistert. Reindl sagt: „Wenn die Jungs hier in die Halle kommen, dann beginnen ihre Augen zu leuchten. Es ist für sie toll, an einem Traditionsstandort wie Füssen spielen zu dürfen. In einer Stadt, in der es fast an jeder Ecke irgendwie um Eishockey geht.“

    In der Arena des Bundesleistungszentrums ging bei einem besonderen Turnier zur Sache: Beim Development-Cup spielen die Eishockey-Entwicklungsländer Andorra (dunkle Trikot), Irland (grünes Dress), Portugal und Mazedonien gegeneinander.

    Development-Cup-Fan: Unser Sportredakteur Stephan Schöttl inmitten der frenetischen Massen. Sein Versuch, eine La-Ola-Welle zu starten, scheiterte laut Augenzeugen...
    Development-Cup-Fan: Unser Sportredakteur Stephan Schöttl inmitten der frenetischen Massen. Sein Versuch, eine La-Ola-Welle zu starten, scheiterte laut Augenzeugen... Foto: Benedikt Siegert
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