Sein erstes Meisterstück als Trainer will Hansi Flick auf keinen Fall auf der heimischen Couch bejubeln müssen. Ein Sieg bei Werder Bremen soll die Titelkür des FC Bayern ohne Rechnereien und den Blick auf Borussia Dortmund perfekt machen. "Wir wollen das Ding nach Hause fahren", sagte Fußball-Nationalspieler Leon Goretzka, der beim Arbeitssieg gegen Mönchengladbach der späte Matchwinner war, vor der brisanten Prüfung beim Abstiegskandidaten.
Drei Punkte an der Weser - und der achte Gewinn der Meisterschale nacheinander ist auch rechnerisch fix. Glückt das nicht, müssen die Münchner am Mittwochabend zu Hause vor dem Fernseher zuschauen, was der BVB im Heimspiel gegen den FSV Mainz 05 macht.
Als Geister-Meister feiern
Weniger stimmungsvoll als üblich wird die 30. deutsche Meisterschaft der Münchner in dieser komplizierten Corona-Saison allemal sein. Als Geister-Meister soll aber wenigstens auf dem Rasen und nach einem eigenen Sieg gefeiert werden. Und nicht wie vor fünf Jahren in den eigenen Villen und Luxus-Wohnungen: Damals gewannen die Bayern 1:0 gegen Hertha BSC. Und einen Tag später gab's nach dem Wolfsburger 0:1 in Gladbach dann den Vollzug ohne jeglichen Glamour beim TV-Abend. "Wir wollen die Meisterschaft so schnell wie möglich eintüten", sagte Nationalspieler Joshua Kimmich.
Der heftige Wirbel um Thomas Müllers Aussagen zu Finanzen und Transfers soll am Dienstag (20.30 Uhr/Sky) keine Rolle mehr spielen. Der Vize-Kapitän fühlte sich fehlinterpretiert. Vor seiner Rückkehr in die Bayern-Elf an der Weser kündigte der 30-Jährige an, dass er "nicht mehr über Transfers" sprechen wolle. Vielmehr wolle man "diesen Lauf" fortsetzen, sagte Müller. Zehn Liga-Siege am Stück lautet die jüngste, imposante Ausbeute.
Müller und Lewandowski wieder dabei
Flick freut sich, dass die zuletzt gelb-gesperrten Müller und Robert Lewandowski wieder auflaufen können. "Das sind Spieler, die eine sehr gute Quote habe. Ich glaube, beiden hat die Pause gut getan", sagte der Trainer. Nach der Verschnaufpause sollen der Top-Vorlagengeber Müller (20) und der Top-Torschütze Lewandowski (30) die 92-Tore-Marke der Münchner auf dem Weg zum Bundesliga-Torrekord hochschrauben. Über 40 Jahre ist der Bestwert von 101 Saisontreffern inzwischen alt.
"Ziel ist es, dass wir auch das Spiel in Bremen gewinnen", sagte Flick. Der Weltmeister-Assistent von Joachim Löw steht vor seinem ersten Titel als Cheftrainer, vier Meisterschaften bejubelte er als Bayern-Profi. "In meinem ersten Jahr habe ich nicht allzu viele Spiele gehabt. Man freut sich schon wahnsinnig, dass man die erste deutsche Meisterschaft geholt hat", blickte er dieser Tage zurück. "Aber wenn man richtig dabei ist und mehr gespielt hat, ist das ein bisschen was anderes. Die nächsten Meisterschaften sind eine Sache, die man nicht so schnell vergisst."
Werder Bremen kämpft um Klassenerhalt
Während die Bayern Double- und Triple-Hoffnungen hegen dürfen, kämpft Werder als einstiger und kurzzeitiger Konkurrent auf Augenhöhe um den Klassenerhalt. Trainer Florian Kohfeldt erwartet gegen den Serienchampion "nicht das leichteste Spiel". Ein Überraschungs-Coup würde schlagartig die Chancen der Hanseaten vergrößern, nicht nur den Relegationsrang, sondern gar die direkte Rettung erreichen zu können. "Wir brauchen noch Siege", sagte Kohfeldt.
Pokalfinale am 4. Juli
Auf Werder warten danach die Aufgaben in Mainz und gegen Köln. Freiburg daheim und Wolfsburg auswärts sind die nächsten Gegner für die Bayern, für die es danach um weitere Titel geht. Das Pokalfinale steht am 4. Juli in Berlin gegen Bayer Leverkusen an. Um den Henkelpott der Champions League, in der die Münchner nach dem 3:0 gegen den FC Chelsea im Achtelfinal-Hinspiel auf Kurs Viertelfinale sind, wird wohl erst im August gekämpft. "Da ist sehr, sehr viel drin in der Saison", sagte Club-Ikone Bastian Schweinsteiger. Die Bayern unter Flick "beeindrucken" Schweini "enorm". Flick könnte bereits am Dienstag mit dem ersten Meistertitel als Trainer belohnt werden.