Startseite
Icon Pfeil nach unten
Sport
Icon Pfeil nach unten

Das Ende des Hopserlaufs: Wie sich der Schulsport verändert hat

Sport im Wandel

Das Ende des Hopserlaufs: Wie sich der Schulsport verändert hat

    • |
    • |
    1963 waren 60-Meter-Sprints auf der Aschebahn oder erste „Formen des Ballspiels“, wie hier im Sportunterricht der Staatlichen Realschule Sonthofen, noch fester Bestandteil. In den vergangenen Jahren erlebte der Schulsport allerdings eine Trendwende, was Inhalte und Lehrmethoden betrifft.
    1963 waren 60-Meter-Sprints auf der Aschebahn oder erste „Formen des Ballspiels“, wie hier im Sportunterricht der Staatlichen Realschule Sonthofen, noch fester Bestandteil. In den vergangenen Jahren erlebte der Schulsport allerdings eine Trendwende, was Inhalte und Lehrmethoden betrifft. Foto: Archiv Festschrift Realschule Sonthofen

    Der Reigentanz ist dem Kletterunterricht gewichen, die rhythmische Gymnastik den Balance-Übungen an der Slackline. Wie die meisten Sportarten, so haben sich auch der Schulsport und der Sportunterricht im Lauf der Zeit von der klassischen Leibeserziehung zum Einfluss von Trendsportarten verändert. Barbara Rösle von der Staatlichen Realschule Sonthofen und Helmut Schofer, ehemaliger Fachschaftsleiter am Gymnasium Oberstdorf unternehmen eine Zeitreise in die vergangenen Jahrzehnte.

    Als Mittel zur sozialen- und gesundheitlichen Entwicklung der Schüler stellt der Sportunterricht einen festen Bestandteil des Bildungsangebots – seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat sich allerdings viel in dem Fach verändert: Allen voran sind die Anforderungen an Kinder und an die Lehrer komplexer.

    Helmut Schofer: "Die Ansprüche müssen heruntergeschraubt werden"

    „Leider beherrschen immer weniger Schüler die Grundvoraussetzungen wie Springen, Klettern oder einen Purzelbaum. Somit müssen die Ansprüche zum Teil heruntergeschraubt werden“, sagt Helmut Schofer. Sportlehrerin Barbara Rösle von der Staatlichen Realschule Sonthofen ergänzt: „Auffällig ist, dass einige Kinder nicht mehr so leistungsfähig sind, wie es Schüler früher waren. Dadurch muss der Unterricht angepasst werden.“

    Aber auch die Motivation der Schülerinnen und Schüler nehme über die Jahre merklich ab. „Solange etwas ohne großen Aufwand geschafft werden kann, stellen die meisten Aufgaben keine argen Probleme dar. Muss man aber Zeit investieren und sich anstrengen, verfliegt meist recht schnell das Interesse“, schildert Schofer. Das sieht seine Kollegin aus Sonthofen ähnlich: „Es ist frustrierend, wenn manchmal nur zwei Drittel der Klasse mitmachen und der Rest mit einer Entschuldigung auf der Bank sitzt“, klagt Rösle. Eine positive Entwicklung sieht die Sportlehrerin aber ebenfalls: „Mittlerweile spielen viele Mädchen gerne Fußball. Das war früher nicht der Fall.“

    Und doch sind sich Rösle und Schofer einig, dass die koordinativen Fähigkeiten grundsätzlich abgenommen haben. „Man kann heute nicht mehr verlangen, dass Schüler einen Hopserlauf können oder eine Stange in der Sporthalle hochklettern“, sagt Schofer. Ein Hauptgrund dafür sei, laut Rösle, dass viele Kinder in der Freizeit deutlich weniger Sport treiben als früher.

    Neigungsgruppen und differenzierten Unterricht gibt es nicht mehr

    Auch die Struktur des Schulsports verändert sich zunehmend. So gab es bis vor einigen Jahren sogenannte Neigungsgruppen, später den differenzierten Sportunterricht, in denen Schüler einzelne Sportarten, wie Mountainbiken, Skifahren oder Langlaufen erlernen konnten. Diesen Unterricht gibt es in dieser Form heute nicht mehr.

    „Das ist sehr schade, da die Kinder so nur in Vereinen die Chance haben gewisse Aktivitäten auszuüben“, stellt Helmut Schofer fest und fügt an: „Die Lehrkräfte versuchen aber dennoch, neue Spiele und Trendsportarten in den Unterricht miteinfließen zu lassen. Nur sind diese Dinge meist äußerst kosten- und materialintensiv.“ Einen weiteren Unterschied zu früher sieht Barbara Rösle in der Notwendigkeit, als Lehrer vermehrt auf einzelne Schüler und auf individuelle Problemfelder eingehen zu müssen.

    Weiterbildungen zu Corona-Zeiten rar

    Was den Lehrkräften die Begleitung dieser Entwicklungen erleichtert, sind die etlichen Fortbildungen, die sie in unterschiedlichen Bereichen belegen können – in gewissem Maß sogar verpflichtend. „Man muss mehrere Fortbildungen pro Schuljahr nachweisen. Es gibt vielfältige Möglichkeiten“, sagt Rösle und ergänzt mit Blick auf 2020: „Leider ist das in Zeiten der Pandemie nur schwer umzusetzen. Fast alle Veranstaltungen in den vergangenen Monaten wurden abgesagt.“

    Diese Situation wirkt sich ebenso stark auf den Ablauf des Sportunterrichts aus. An eine „normale“ Sportstunde in der Halle, wie es sie in Vor-Corona-Zeiten gab, ist nicht zu denken. So müssen Alternativen gefunden werden, was insbesondere mit Blick auf den Winter eine komplexe Aufgabe darstellt. „Sport mit einer Maske, vor allem Ausdauersport, ist fast nicht durchführbar. Auch der Unterricht, den man mit Abstand und ohne Mund-Nasen-Schutz machen darf, ist mit einer großen Klasse kaum umzusetzen“, erklärt Barbara Rösle. Helmut Schofer sieht eine Möglichkeit darin, „den Unterricht, solange es die Temperaturen und das Wetter erlauben, draußen abzuhalten.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden