Die Tore fielen derart rasant, dass es selbst "Kloppo" fast die Stimme verschlug. "Heute geht's richtig ab. So wie die Jungs hier spielen, gibt es nur ein Ziel: Das heißt Aufstieg in die Bayernliga!", bejubelte Hermann Klapschus den ersten zweistelligen Saisonsieg des EV Füssen.

Der 55-Jährige ist ein Unikum in der Fankurve am Kobelhang: Der gebürtige Westfale erinnert rein optisch an Fußball-Trainer Jürgen Klopp, ist obendrein glühender Anhänger von Borussia Dortmund - und hat sich genau deshalb den EV Füssen als Eishockey-Verein auserkoren! "EVF und BVB spielen beide in schwarz-gelb. Das passt super. Das sind meine Farben", verrät er schmunzelnd.
Seit es Klapschus vor acht Jahren beruflich von Herne (NRW) ins Allgäu verschlug, unterstützt er die Füsssner lautstark: "Wir geben genauso Gas wie die Mannschaft!" Der Kantersieg gegen Kempten gibt ihm Aufwind. Genau wie den anderen EVF-Fans: "Das war genau die richtige Reaktion nach der Niederlage in Ulm", sagen beispielsweise Andreas Hindelang (21) ud Tobias Linder (21).

Die beiden Kumpels atmen erleichtert auf, als der EV Füssen schon nach sieben Minuten durch Tore von Marc Besl, Andrej Naumann und dem Ex-Kemptener Nikolas Oppenberger mit 3:0 in Führung liegt. Damit war schnell klar, dass den Füssenern kein erneuter Patzer unterläuft. In der Vorwoche hatten sie ersatzgeschwächt mit 3:4 beim EC Ulm/Neu-Ulm die erste Niederlage nach 32 (!) Pflichtspielsiegen kassiert. "Irgendwann verliert man. Das ist ganz normal. Hauptsache, die Mannschaft hat jetzt wieder gezeigt, was sie wirklich kann", sagen die beiden Fans zufrieden.
Nach zehn von vierzehn Spielen der Hauptrunde steht ihr Team als Aufsteiger auf Platz eins. Bei den Zuschauerzahlen ist Füssen ohnehin Liga-Primus. Der bisherige Höhepunkt wurde beim 9:3-Sieg gegen Pfronten Ende Oktober erreicht: 2.500 Fans strömten ins Stadion! Zur Einordnung: Die Landesliga ist die zweitniedrigste Spielklasse.

Nach dem Zwangsabstieg aus der Oberliga und dem damit verbundenen Neuanfang in der Bezirksliga vor einem Jahr ist die Eishockey-Geschichte in Füssen um ein kurioses Kapitel reicher: Je tiefer der Verein fiel, umso mehr entbrannte die Leidenschaft der Fans. Großen Anteil daran haben das stark verjüngte Vorstandsteam, das Spaß statt Miesepetrigkeit vermittelt, sowie Trainer Thomas Zellhuber und der sportliche Leiter Max Holzmann.
Auch die "alten Haudegen" kommen wieder
Mittlerweile kommen neben vielen Neulingen auch die "alten Haudegen" wieder ins Stadion. Beispielsweise der frühere Nationalspieler Heinz Weisenbach. Den heute 71-Jährigen, der sieben Mal mit dem EV Füssen deutscher Meister wurde, zog es nach vielen Jahren zum ersten Mal wieder zu einem Spiel seines Heimatvereins: "Das war gut anzusehen. Sie haben schnell und direkt gespielt. Ich komme wieder", lautete das Urteil des Experten.

Die Aufsbruchstimmung in Füssen findet auch bei den Gegnern Anklang. "So sollte es viel öfter sein", sagen die Kemptener Fans Oli Binzer (41), Tommy Hasselbach (53) und Jochen Carl (47) mit Blick auf die stattliche Kulisse in Füssen. Zum Hinspiel in Kempten (7:1) waren sogar noch mehr Zuschauer gekommen: nämlich 2117. So gesehen würden viele Vereine den EV Füssen als "FC Bayern der Landesliga" am liebsten in Spielklasse behalten. Die Auftritte des Altmeisters garantieren ungewohnte Einnahmen. Doch es wird wohl beim Wunschdenken bleiben. "In dieser Form", erkennt das faire Fan-Trio aus Kempten neidlos an, "steigt Füssen auf."