Es war eine beachtliche Ansage, die Ruth Hagspiel im Januar 2010 machte. Wenige Wochen nach ihrem tragischen Freeski-Unfall am Fellhorn setzte sich die damals 18-jährige Gymnastiastin in der Universitäts- und Rehabilitationsklinik in Ulm bereits neue Ziele: "Vielleicht schaffe ich ja mal die Teilnahme an den Paralympics!" Mit diesen Worten reagierte die Kemptenerin, die zu den besten Freeski-Fahrern im Allgäu gehörte, damals auf die Diagnose Querschnittslähmung.

Heute, sieben Jahre später, ist sie ihrem sportlichen Ziel so nah wie nie zuvor. Mit harter Arbeit und Willenskraft hat sie das Fahren auf dem Monoskibob gelernt - und beherrscht es mittlerweile auf höchstem Niveau. Das bewies das erste Weltcup-Wochenende der Saison im Dezember in Kühtai. Mutig und kämpferisch stürzte sich Hagspiel im Riesenslalom den steilen und teils vereisten Hang hinunter.
Mutig und kämpferisch
Kurz zuvor waren die Favoritinnen, die fünffache Paralympicssiegerin Anna Schaffelhuber (23, Bayerbach) sowie die mehrmalige Medaillengewinnerin Anna-Lena Forster (21, Radolfzell) ausgeschieden. Besser erging es Ruth Hagspiel: "Ich hab einfach mein Ding gemacht!" Und das tat sie erfolgreich: Rang zwei hinter Claudia Lösch aus Innsbruck bedeuteten ihr bestes Resultat.
Ich hab einfach mein Ding gemacht!Ruth Hagspiel
Zugleich bekam sie eine überdurchschnittliche Resonanz: Die ARD berichtete von den Rennen und brachte auch ein Interview mit der Allgäuerin (einen Beitrag aus der ARD-Mediathek findest Du hier). "Ich habe mich sehr gefreut. Das Ergebnis zeigt, dass sich die Arbeit auszahlt. Das motiviert unheimlich", sagt Ruth Hagspiel, die in der Weltspitze angekommen ist. Doch das bedeutet nicht, dass sie sich ausruht. Im Gegenteil: "Ich kann noch mehr rausholen", nimmt sie sich für die Zukunft vor. "Sowohl bei Technik, Kraft und Routine. Ich fahre im Training besser als in den Rennen. Da bin ich noch ein bisschen nervös", ergänzt sie schmunzelnd. Nach der Silberfahrt freut sie sich bereits auf die nächsten Rennen in Kranjska Gora (Slowenien). Ein weiteres Top-Resultat könnte der C-Kader-Athletin die Nominierung für die Weltmeisterschaft Ende Januar in Tarvisio (Italien) einbringen.
Trotz dieser reizvollen Aussichten drehen sich ihre Gedanken längst nicht nur um Sport. Nach einem Bachelor-Abschluss in Sozialwirtschaft an der Hochschule Kempten hat sie sich im Herbst als Studentin an der Universtät Innsbruck eingeschrieben. Der Masterstudiengang "Soziale und politische Theorie" hält neue Herausforderungen bereit: "Ich glaube, ich muss noch viele Bücher lesen, um da mit allen mithalten zu können", kündigt sie schmunzelnd an. Was ihr noch fehlt zum vollkommenen Glück in ihrer neuen Wahl-Heimat ist eine barrierefreie Wohnung. Vielleicht hat jemand von Euch ja Kontakte...