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Die Wahrheit über Frauen-Fußball

Expertin erzählt

Die Wahrheit über Frauen-Fußball

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    Im Allgäuer Fußball gibt es etliche Frauen-Teams. Eine Insiderin erzählt, wie die Mädels trainieren, spielen und feiern.
    Im Allgäuer Fußball gibt es etliche Frauen-Teams. Eine Insiderin erzählt, wie die Mädels trainieren, spielen und feiern. Foto: Erwin Hafner

    Situation im Allgäu
    Mit Olympiasiegerin Melanie Leupolz haben wir natürlich die Vorzeigespielerin in unserer Region: sympathisch, schlagfertig und vor allem: torgefährlich. Doch es sieht nicht überall so rosig aus. So hat niemand damit gerechnet, dass Vorzeigeklub FC Memmingen freiwillig aus der Bayernliga scheidet - und künftig in der untersten Liga spielt. Das ist ein schwerer Rückschlag. Hoffnung macht dagegen der Aufstieg des SV 29 Kempten in die Landesliga, wo es künftig zu heißen Duellen mit der SpVgg Kaufbeuren kommt. Das i-Tüpfelchen wäre gewesen, wenn auch der TSV Ottobeuren noch als Allgäuer Team in der Landesliga verblieben wäre. Generell fällt auf: Im Nachwuchs wird sehr viel getan, doch leider bringt nicht jeder Ort automatisch eine Frauenmannschaft zusammen.

    Nationalspielerin Melanie Leupolz (hier beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Wangen) ist der unangefochtene Star im Allgäuer Frauen-Fußball.
    Nationalspielerin Melanie Leupolz (hier beim Eintrag ins Goldene Buch der Stadt Wangen) ist der unangefochtene Star im Allgäuer Frauen-Fußball. Foto: Olaf Winkler

    Zuschauer
    Die kennt man als Spieler meistens allesamt persönlich: Sie bestehen aus Familien und Freunden. Meist sind es nicht mehr als 80 treue Seelen. Schade eigentlich. Andererseits: Auf die, die kommen, kann man sich immer verlassen ...

    Unterschiede zu Männern
    Klar: Das Tempo ist bei den Frauen nicht so hoch. Aber technisch ist auch ihr Fußball anspruchsvoll - und umkämpft sind die Spiele auch. Was viele Mädels nervt: Sie werden immer mit den Männern verglichen. Im Volleyball oder Handball haben Frauen mehr Fans. In diesen Disziplinen wird ihre Leistung eigenständig beurteilt und anerkannt.

    Trainer & Tränen
    Frauen werden fast ausschließlich von Männern trainiert. Vielleicht liegt das daran, dass die Spielerinnen nach ihrer aktiven Karriere häufig Kinder haben und es ihnen an Zeit mangelt. Ich habe sehr unterschiedliche Trainertypen erlebt: Vom Kumpel bis zum Schleifer ist alles dabei. Ganz wichtig bei den Frauen: Der Trainer muss viel mit den Spielerinnen reden und seine Entscheidungen erklären. Sonst kippt schnell mal die Stimmung. Dass bei Frauen häufiger Tränen fließen als bei den Männern, ist übrigens kein Vorurteil ...

    Fouls & Fun
    Die Mädels halten sich bei den Zweikämpfen nicht zurück und gehen auch mal hart zur Sache. Doch Handgreiflichkeiten oder Beleidigungen habe ich nie erlebt. Auch gegenüber den Schiedsrichtern verhalten sich Frauen fair. Es wird schon mal gemotzt, aber aggressiv ist die Stimmung nie. Das gilt übrigens in besonderem Maße für die unteren Ligen: Dort spielen viele Mädels wirklich "just for fun" - ohne falschen Ehrgeiz.

    Feiern
    Da stehen die Mädels den Männern in nichts nach: Nach einem Sieg wird unter der Dusche gesungen und das eine oder andere Bier wird auch geöffnet. Nur danach dauert es etwas länger als bei den Männern: Bis sich auch die letzte Spielerin gefönt oder geschminkt hat, vergeht schon mal eine zusätzliche halbe Stunde. Danach geht’s gemeinsam ins Vereinsheim oder in eine Pizzeria - und in kleinen Gruppen auch schon mal in die Disco.

    Vorbilder
    Bei allen Spielerinnen, die ich kenne, sind das klar die Männer: Neuer, Müller, Messi, Ronaldo - Stars wie diesen wird im Training nachgeeifert. Dagegen können längst nicht alle Mädels die Namen der Spielerinnen in der deutschen Frauen-Nationalmannschaft aufzählen. Als Allgäuerin will man zwar wissen, ob und wie Melanie Leupolz gespielt hat. Aber unterm Strich interessiert die Frauen-Nationalmannschaft oder die Champions League der Frauen meist nur am Rande.

    Einmal waschen und trocknen, bitte: Trikots müssen gepflegt werden. Die Frauen kümmern sich meist selbst drum.
    Einmal waschen und trocknen, bitte: Trikots müssen gepflegt werden. Die Frauen kümmern sich meist selbst drum. Foto: Andreas Filke

    Liebe
    Der Großteil der Mädels hat einen Freund oder ist Single. Darüber hinaus gibt es in fast jeder Mannschaft mindestens eine lesbische Spielerin. Manchmal sind auch Spielerinnen untereinander liiert. Ich glaube, das hängt auch damit zusammen, dass Frauen Homosexualität offener leben als Männer. Im Fußball gibt es sicher auch etliche Schwule - nur die thematisieren ihre Neigung oft erst gar nicht. Mir persönlich ist es völlig egal, wer da wie eingestellt ist. Hauptsache ist, dass ich so akzeptiert werde, wie ich bin. Nur einmal hatte ich da Zweifel: Als Teenagerin spielte ich für kurze Zeit bei einem Verein im Großraum Augsburg. Da waren drei Viertel der Spielerinnen lesbisch - und einige zeigten auch an mir Interesse. Das ging mir eindeutig zu weit. Nach kurzer Zeit war ich auch schon wieder weg!

    Trikotwaschen
    Da gibt’s Unterschiede: In manchen Vereinen gibt es zum Beispiel eine Spielermama, die die Trikots für alle wäscht oder eine Spielerin übernimmt das. Manchmal muss sich auch jede Spielerin selbst um ihr Shirt kümmern. Männer halten sich beim Thema Trikotwaschen übrigens weiterhin total raus. So weit geht die Emanzipation dann doch nicht. Zum Glück hat der Frauenfußball in den Vereinen aber inzwischen einen viel größeren Stellenwert, als das noch vor 20 Jahren der Fall war. Und das ist gut so!

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