Es bleibt dabei: In Zeiten von Corona kommt vieles anders als erwartet. Zum Beispiel gingen die Eishockey-Fans noch vor wenigen Wochen davon aus, dass die DEL2 jetzt im April in ihrer Finalserie einen neuen Zweitliga-Meister ausspielt. Frankfurt etwa galt als Favorit, der ESV Kaufbeuren nach einer Leistungssteigerung zum Schluss als Underdog.
Für das kleine Internet-Unternehmen SpradeTV, das alle Spiele der Liga live und gegen Gebühr im Internet streamt, wäre es die ganz heiße Saisonphase gewesen. SpradeTV entstand 2013, „als Garagenprojekt“, wie Christian Müller, einer der Geschäftsführer und Gesellschafter verrät.
Er arbeitet in Wangen im Allgäu, rund zehn Mitarbeiter sorgen während der Saison für einen guten Ablauf der Übertragungen. Bis 2018 war SpradeTV für den 43-Jährigen ein Nebenberuf, seitdem verdient er seine Brötchen vollständig damit. „Wir sind gesund gewachsen, ohne Risiko“, sagt er nicht ohne Stolz.
Inzwischen bietet der Internetdienst neben den DEL2-Spielen auch zahlreiche Partien aus den beiden Oberligen an, dazu Matches aus der Alps Hockey League. Die zurückliegende Spielzeit 2019/2020 sei wirtschaftlich erfolgreich gewesen – „bis eben der Stecker gezogen wurde“, berichtet Müller.
Das durchschnittliche Hauptrundenspiel hätten rund 500 Menschen gebucht, bei Top-Partien habe der Wert auch bei rund 1000 liegen können. Somit seien steigende Zahlen verbucht worden. „Das ist eine tolle Sache. Die Tatsache, dass auch die Zuschauerzahlen in den Arenen gestiegen sind, zeigt, dass wir uns gegenseitig nichts wegnehmen.“
In der DEL2 kostet die Buchung eines Matches für die private Nutzung 6,50 Euro – der Großteil davon geht an die Vereine, die die Übertragungen im Gegenzug mit eigenen Leuten besetzen. Die Coronakrise hat auch SpradeTV erfinderisch gemacht. In Kürze sollen alle DEL2-Spiele und die komplette Play-off-Serie 2018/2019 als Einzelabruf im so genannten Re-Live (also als abrufbare Wiederholung) gegen eine vergünstigte Gebühr angeboten werden. Auch hier könnten Vereine somit wieder ein bisschen Geld verdienen. Ins Leben gerufen hatte SpradeTV schon vor Wochen eine Unterstützungsaktion. „Fans konnten auf unserer Plattform anstelle der Buchung eines Spieles einen Unterstützungsbeitrag für ihren Verein eingeben. Dieser geht dann zu 100 Prozent an den Klub.“
Um die 8000 Euro seien bisher insgesamt zusammengekommen, berichtet Müller, der natürlich ebenfalls in eine ungewisse Zukunft schaut. Bis Ende August wird es in Deutschland keine Großveranstaltungen geben – so viel ist klar. Ob es danach normal, mit reduzierten Zuschauerzahlen, als klassisches „Geisterspiel“ oder gar nicht weitergeht, vermag noch niemand abzuschätzen.
Schon vor einigen Wochen sei daher bei SpradeTV errechnet worden, ob eventuelle Ausfälle der Stadionticket-Einnahmen durch höhere Stream-Preise ausgeglichen werden könnten. Eine konkrete Antwort dafür gibt es noch nicht. „Ich kenne die Kosten der Vereine nicht exakt“, sagt Müller, betont aber auch: „Wenn es so kommt, was wäre die Alternative? Gar keine Saison zu spielen?“
Auch in Zeiten dieser Unsicherheit will die Firma aber nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern – wie schon in den vergangenen Jahren – an weiteren Innovationen arbeiten. Daher gäbe es aktuell Planungen, die vor allem technischer Natur sind. Schon jetzt gibt es eine eigene Handyapp, über die auf die Livespiele zugegriffen werden kann. In Zukunft soll der Dienst auf noch mehr Geräten anwendbar sein - im Fokus stehen da vor allem der Fire-TV-Stick von Amazon oder Smart-TV’s.