Fußballstars wie Ronaldo oder Özil sind Millionäre – hinterziehen offenbar aber auch Steuern in Millionenhöhe. Das enthüllt der Spiegel, unterfüttert mit Dokumenten, die ihm die Plattform Football leaks millionenfach zuspielte, gerade häppchenweise. Das Thema bewegt auch viele Fußballfans und -funktionäre in und um Marktoberdorf. Und es polarisiert: Trotz Millionenverdienst Steuern zu entziehen, ist eine Sauerei, sagen manche. Andere warnen vor einer Neid-Mentalität und nehmen die oft blutjungen Fußballprofis in Schutz:
Der Fußballfan: „Viele Fans drehen jeden Cent um. Özil und Ronaldo verdienen aber Millionen“, sagt Dieter Koch vom FC-Bayern-Fanclub Rote Socken empört: „Wenn die Steuern hinterziehen, ist das pure Geldgier und eine Sauerei“, sagt er. Koch hofft aber, dass die Stars, die in Deutschland spielen, sauber sind. Der Bayernfan aus Geisenried schaut nach wie vor gern Erste Bundesliga. Auch weil sein Lieblingsverein zu vernünftig sei, um zu sehr zu zocken und sich „wie zum Beispiel spanische Klubs bei Spielerkäufen total zu verschulden“.
Wenn sie sehen würden, mit wie wenig Geld sie den Kindern im Amateurbereich ein Strahlen ins Gesicht zaubern, hätten sie rasch wieder mehr Bodenhaftung.Marco Gellrich
Der Jugendleiter: Marco Gellrich, Jugendleiter beim FSV Marktoberdorf, rät Fußballstars, ihre Heimatvereine zu besuchen. „Wenn sie sehen würden, mit wie wenig Geld sie den Kindern im Amateurbereich ein Strahlen ins Gesicht zaubern, hätten sie rasch wieder mehr Bodenhaftung“, denkt er. Für 10 000 Euro bekomme man beispielsweise schon fünf Paar Tore oder 1000 Bälle, sagt Gellrich und berichtet, wie der FSV mit dem Verkauf von Bratwurstsemmeln und Ähnlichem um jeden Euro kämpft, um überhaupt Trikots oder Startgelder berappen zu können. Wenn er sehe, mit wie wenig Geld man herumkrebse, ärgere er sich, wie viel Geld in den Profizirkus fließe, sagt er.
Unreif und beeinflussbar
Zugleich zeigt Gellrich Verständnis dafür, wie unreif Profis oft seien – und entsprechend beeinflussbar von Spielerberatern und deren Finanzexperten. „Das sind professionelle Unternehmensberater“, sagt Gellrich. „Dass die mithilfe von Steueroasen, Trusts und anderen Verstecken mehr Geld – auch für sich – herausschlagen, ist auch hierzulande gang und gäbe“, glaubt er.
Schon bei einem guten Zweitligaspieler mit 200.000 Euro Jahresverdienst fielen für Berater locker 10.000 Euro ab. Der Anteil der Profis an dubiosen Steuertricks sei gering und beschränke sich meist darauf, beim Pizzaessen mit Kollegen Berater-Nummern auszutauschen, glaubt Gellrich. „In ihrer eigenen Verantwortung ist doch nur, sich nicht zu verletzen und sich keinen Schnupfen zu holen.“
Die wissen oft doch gar nicht, was sie verdienen.Josef Guggemos
Der Abteilungsleiter: Letzteres sieht Fußballabteilungsleiter Josef Guggemos vom TSV Görisried ähnlich: „Die Stars, junge Kerle zwischen 22 und 30, vertrauen den Experten, die sie beauftragt haben. Selbst haben die keine Zeit, sich mit ihrem Vermögen zu befassen. Die wissen oft doch gar nicht, was sie verdienen“, sagt er. Letztlich gönne er aber jedem sein Geld. Bezahlt werde, was der Markt hergibt. „Und zwischen Profi- und Amateursport liegen Welten.“ Das belastet Guggemos nicht – auch nicht beim Fußballschauen im TV.
Der Ex-Fußballstar: Ex-Bayernstar Franz „Bulle“ Roth will gar nicht über Football leaks sprechen. „Ich maße mir kein Urteil an, wie einer mit seinem Gehalt und seinen Steuern umgeht“, sagt der Bertoldshofener. Das immer stärkere Wachstum des milliardenschweren Fußballgeschäfts ist nach Ansicht Roths „nicht mehr aufzuhalten“.
Sehr kritisch sieht es der frühere Bayernspieler aber, wenn ein Klub sich so verschuldet, dass ihn nur ein Investor als „Aufkäufer“ vor dem Ruin bewahrt. „Diese Abhängigkeit von einem Mann, etwa einem Scheich, der den Geldhahn zudreht, wenn er keinen Bock mehr auf Fußball hat, ist fatal“, sagt Franz Roth. Deshalb sei er froh, dass die deutschen Profiklubs einigermaßen solide wirtschafteten. „Das ist das Schöne am deutschen Fußball“, sagt der frühere Bayern-Torjäger.