Nach getaner Arbeit standen Maximilian Günther und Daniel Abt ganz nah beieinander. Seite an Seite beantworteten die beiden Rennfahrer aus Kempten nach dem Formel-E-Rennen in Marrakesch die Fragen der internationalen Medien. Während der 45-minütigen Wettfahrt jedoch waren sie auf zwei völlig unterschiedlichen Missionen unterwegs. An der Spitze rangelte BMW-Pilot Günther mit Felix Antonio da Costa, seinem Vorgänger bei BMW, um den Sieg. Im Mittelfeld kämpfte Audi-Fahrer Abt ums nackte Überleben. Während Günther als Zweiter sein zweites Podium erreichte, taucht Abt auf Position 14 in der Ergebnisliste auf.
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„Es war ein sehr sehr gutes Rennen, ich bin sehr zufrieden“, sagte ein strahlender Maximilian Günther. Nach der besten Zeit im Qualifikationstraining musste er in der Super-Pole der sechs Schnellsten dann da Costa den Vortritt lassen, weil er sich einen kleinen Fehler geleistet hatte. Im Rennen folgte Günther dem Portugiesen wie ein Schatten. „Durch den Windschatten kann man auf den langen Geraden unheimlich Energie sparen“, hatte Günther schon vor dem Rennen gesagt.
Doch diese Erkenntnis hatte er nicht exklusiv, sondern auf diese Idee war auch da Costas DS-Techeetah-Team gekommen. Deshalb verteidigte sich der Portugiese nach 20 Minuten Renndauer bei einem Angriff Günthers nicht mit allerletztem Einsatz. Von nun an hängte er sich hinter den weiß-blauen Renner. Doch nur für acht Minuten, dann nutzte er die 35 Kilowatt Mehrleistung bei seinem zweiten Attackmode und stellte die alte Reihenfolge wieder her. Trotzdem sagte da Costa nach dem Rennen: „Max hat mich gewaltig gefordert.“
Rennen Nummer eins für Daniel Abt nach Crash in Mexiko
Daniel Abt musste zunächst einmal beweisen, wie er gut seinen heftigen Crash von Mexiko, als er mit dem 21-fachen seines Körpergewichts in die Mauer geknallt war, weggesteckt hatte. „Ich könnte es mir leicht machen und das Ergebnis auf den Unfall schieben“, sagte er nach dem Rennen, „aber außer, dass es beim Einsteigen und Aussteigen zwickt, hat mich das nicht beeinträchtigt.“ Dagegen hat sein Arbeitsgerät in dieser Saison ein Manko. Im Training war er nur auf Platz 18 gekommen. Und im Rennen ging auch nicht viel. „Ich bin hinten rumgeeiert“, schildert er, „teilweise hatte ich ja nicht mal mehr jemand hinter mir.“
Ich bin hinten rumgeeiert, teilweise hatte ich ja nicht mal mehr jemand hinter mir.Daniel Abt
Daher hatte er sich die Taktik zurechtgelegt, wenigstens Energie zu sparen, um im Falle des Falles angreifen zu können. „Dann sagt mir mein Ingenieur, dass meine Energie gleich ist wie bei den anderen.“ Frustriert sagt er, „dass es im Moment von vorne bis hinten nicht passt.“ Es gebe zu viele Baustellen. Sein Teamkollege Lucas di Grassi erreichte von Startplatz 13 im Rennen den siebten Rang. „Wenn wir nicht schleunigst etwas tun, dann haben wir ein ernsthaftes Problem“, sagt der Rennfahrer. „Es ist offensichtlich, dass wir etwas Arbeit vor uns haben und uns Gedanken machen müssen, wie wir uns verbessern können“, sagt Audis Formel-E-Teamchef Allan McNish. An der Spitze geben DS-Techeetah und Jaguar das Tempo vor – sowie BMW.
Davon hat Max Günther profitiert. Zwar musste er auch den mächtig heranstürmenden DS-Techeetah-Piloten Jean Eric Vergne passieren lassen, doch in der vorletzten Kurve konnte Günther den zweimaligen Formel-E-Meister wieder überholen. „Ich habe mir das Rennen so eingeteilt, dass ich auch am Ende noch in einer guten Position bin“, sagt der 22-Jährige, „es waren harte Fights, es war ein sehr intensives Rennen mit den beiden Techeetahs von Felix Antonio da Costa und Jean Eric Vergne.“ Roger Griffiths, Formel-E-Teamchef bei BMW, bekannte: „Im Rennen gab es dann ein strategisches Duell mit DS Techeetah, den zweiten Platz hat sich Maximilian mit einer herausragenden Leistung und einem tollen Überholmanöver in der letzten Runde mehr als verdient.“
Den zweiten Platz hat sich Maximilian mit einer herausragenden Leistung und einem tollen Überholmanöver in der letzten Runde mehr als verdient.BMW-Teamchef Roger Griffiths
Nach 15 Rennen ist Maximilian Günther in der vollelektrischen Rennserie angekommen. Den komplexen Anforderungen, die an die Piloten gestellt werden, hat er sich längst angepasst. Denn neben dem reinen Fahren ist er ständig mit seinem Renningenieur am Kommandostand im Austausch. Runde für Runde unterrichtet er diesen aus dem Cockpit über die Menge an Energie, die er noch zur Verfügung hat. Retour kommen dann die Anweisungen, ob er angreifen kann oder Strom sparen muss. „Dieses Energiemanagement zeichnet die Formel E zwar aus“, erklärt Günther, „aber eigentlich ist das ein Widerspruch: Du willst angreifen oder musst dich verteidigen, in beiden Fällen musst du aber Energie sparen.“ In Marrakesch hat dies ganz gut funktioniert.
Nicht so gut funktioniert hat es in Afrika für die beiden Abt-DTM-Fahrer Robin Frijns und Nico Müller. Der Niederländer Frijns, der für das Team Envision Virgin Racing fährt, landete auf Rang zwölf, der Schweizer Müller (Geox Dragon) wurde 20.