„In zwei Koffer muss mein ganzes Leben passen.“ Dieser kurze Satz transportiert so viel Emotionen. Einerseits Wehmut, andererseits Aufbruchstimmung. Isabell Burger hat ihn voller Freude gesagt. Für die 20-Jährige aus Moosbach (Oberallgäu) stehen diese Worte für den Beginn eines neuen Lebensabschnitts. 2021 wagt sie den Schritt über den Ozean. Burger verlässt ihre Allgäuer Heimat, die Berge, die Familie, das Team, um in den USA als Football-Profi mit den San Diego Tridents in der Women’s Football League Association durchzustarten. „Das ist mega cool. Ein Traum wird wahr“, sagt sie. Ihre Geschichte klingt wie ein Märchen.
Als Kind sammelt Isabell Burger in der Leichtathletik Titel
Pfeilschnell war sie schon als Kind. Ein Blick ins Archiv unserer Zeitung verrät: Isabell Burger zählte als Mädchen zu den erfolgreichsten Sprinterinnen ihres Alters im Allgäu. „Von dieser läuferischen Grundausbildung profitiere ich beim American Football immer noch“, sagt sie. Als ihre Trainingsgruppe aufgelöst wurde, musste sich die Oberallgäuerin neu orientieren. Die 20-Jährige erinnert sich und erzählt: „Ich kann nicht ohne Laufen. Und dann hat mich mein Papa auf die Idee gebracht, dass ich doch mal American Football probieren soll. Beim Probetraining bei den Allgäu Comets in Kempten bin ich viel gerannt. Das hat mir gefallen.“ Es war Liebe auf den ersten Blick. Burger blieb, die Trainer attestierten ihr großes Talent. Auf der Position des Runningback wurde sie in der Offensive schnell zur Leistungsträgerin. „Mich hat das Fieber gepackt. Ich weiß inzwischen sehr viel über Football, aber immer noch nicht genug“, meint sie lachend.
Mit der Europa-Auswahl spielt die Oberallgäuerin in Mexiko
Dem Finale um die Meisterschaft in der 2. Bundesliga der Frauen mit den Comets im September 2019 folgte das erste große Highlight in ihrer Laufbahn: Burger wurde in die europäische Football-Auswahl berufen und reiste mit dem Team nach Mexiko. „Wir haben zwar leider gegen Mexikos Nationalmannschaft verloren. Aber es war eine richtig coole Erfahrung.“ Und als 2020 in Deutschland wegen der Corona-Pandemie nicht Football gespielt wurde, ging die Allgäuerin für ein paar Wochen nach Schweden. „Ich wollte unbedingt weiter Spielpraxis sammeln“, sagt Burger. Auch bei den Örebrö Black Knights überzeugte sie Trainer und Mitspielerinnen schnell von ihren außergewöhnlichen Qualitäten. Gleich bei ihrem Debüt wurde sie zur wertvollsten Spielerin der Partie gewählt, im Halbfinale um die Meisterschaft steuerte sie wichtige Punkte bei. „Es war die bislang geilste Zeit“, meint die 20-Jährige. In Schweden bekam sie schon einen kleinen Vorgeschmack auf das, was da bald kommt. Auf ein Leben als Football-Profi. „Wir haben als Team sehr viel Zeit miteinander verbracht. Der Tag bestand nur aus Sport. Fitnessprogramm nach dem Aufstehen, Training, Spielen, Taktik. Das war der Hammer“, schwärmt sie.
Bei den San Diego Tridents macht Isabell Burger ihr Hobby zum Beruf
Ihr Ausbildung zur Sport- und Gesundheitstrainerin in einem Kemptener Fitnessstudio hat Burger inzwischen erfolgreich beendet. Das eröffnet ihr die Möglichkeit, sich noch intensiver ihrem Hobby zu widmen. Ihrem Hobby, das nun tatsächlich zum Beruf wird. Geht alles gut in diesen schwierigen Zeiten, wird sie schon Mitte Februar für ihr neues Team in San Diego auf dem Feld stehen. Eine Saison wird in der Profiliga 2021 aber nicht gespielt. Wegen der Corona-Pandemie werden nur Testspiele gegen andere US-Teams ausgetragen.
Für Videokonferenz steht sie schon um 4 Uhr morgens auf
In ihrem Alltag dreht sich bereits ziemlich viel um San Diego. Sie mistet Klamotten aus, packt Liebgewonnenes zusammen, steht für Videokonferenzen morgens um 4 Uhr auf und studiert stundenlang das Taktikbuch. Wie populär Frauen-Football in den USA wirklich ist, wie präsent die Teams in den täglichen Fernsehübertragungen sind, vermag Burger aus der Ferne noch nicht zu sagen. Klar ist aber: In keinem anderen Land der Welt wird der Gedanke der Gleichberechtigung im Sport derzeit so sehr forciert wie in den USA. Auch finanziell.
Mitte Februar beginnt das große Abenteuer in den USA
Derzeit absolviert sie ihre Sprints noch auf der großen Wiese neben dem Elternhaus in Moosbach, das Krafttraining im eigenen Zimmer. Dem Abflug in ihr neues Football-Leben fiebert sie voller Vorfreude entgegen: „Ich kenne auch schon ein paar Mädels, die bei den Tridents mit mir spielen. Es wird ein großes Abenteuer.“ Burger sagt aber auch nachdenklich: „Ich habe schon Respekt. Ich gehe alleine in ein großes Land. Und die Mama hätte mich natürlich auch lieber hier.“ Weihnachten haben sie noch einmal alle zusammen gefeiert. Im kleinen Familienkreis. „Vielleicht in dieser Form zum letzten Mal“, meint die 20-Jährige. Denn der nächste Besuch in der Heimat hängt ganz davon ab, wie sehr sie nach dem Sprung über den großen Teich durchstartet.