Hintergrund dafür war eine Szene in der 40. Spielminute der Eishockey-Oberliga Partie. Quirin Stocker hatte Deggendorfs Topscorer Kyle Osterberg mit einem Check regelwidrig in die Bande befördert und war dafür von Schiedsrichter Andreas Flad mit einer Fünf-Plus-Spieldauer-Strafe belegt worden. Für die Niederbayern offenbar nicht genug. Nach dem der Deggendorfer SC bereits den Kontrollausschuss des Deutschen Eishockey Bunds (DEB) angerufen hatte, stellte Frank nun am Mittwoch zusätzlich noch Strafanzeige.
UPDATE 14. Februar: Eishockey-Fans reagieren mit Spott und Häme auf Strafanzeige
Der Verein unterstellt dem 23-jährigen Füssener klare Absicht. „Mir ist das wurscht, da sollen die ruhig denken: Jetzt kommt der wahnsinnige Chef des DSC wieder! Egal! Ich schreib jedes Mal eine Anzeige“, sagte Frank dem Portal
heimatsport
zufolge.
Unverständnis beim EVF
Mit großem Unverständnis reagieren die Verantwortlichen des EV Füssen auf diesen Schritt. „Ich will das eigentlich gar nicht näher kommentieren“, sagt Sportdirektor Thomas Zellhuber. „Jeder, der sich ein bisschen auskennt, weiß, dass eine solche Szene in jedem Spiel vorkommen kann.“ Er stand schriftlich in Kontakt zu den Niederbayern, habe seine Sicht auf die Dinge erläutert, ja sogar seine Hilfe angeboten. Antwort erhalten habe er keine. „Quirin selbst hat nach dem Spiel mehrmals versucht, sich bei Kyle Osterberg persönlich zu entschuldigen, aber das wurde abgeblockt“, sagt Zellhuber.
Überzogen, irrational und nicht verhältnismäßig.EVF-Coach Andreas Becherers Meinung zur Strafanzeige
Der frühere Profi vertritt den Standpunkt, dass kein Spieler absichtlich eine Verletzung herbeiführen möchte – schon gar nicht bei einem solchen Bandencheck, wo es allenfalls um Fahrlässigkeit gehe. „Überzogen, irrational und nicht verhältnismäßig“ findet auch EVF-Trainer Andreas Becherer die Reaktion der Niederbayern. „Ich selbst habe sowas in meiner Karriere schon gefühlt 300 Mal gesehen und verstehe nicht, weshalb man da jetzt so ein Fass aufmachen muss“, sagt der Coach.
Stocker weist Vorsatz zurück
Für Stocker, der vor der Saison aus Berlin nach Füssen wechselte, ist es die erste große Strafe in dieser Saison überhaupt gewesen. Der 1,93 große und 93 Kilo schwere Defender ist zwar durchaus für seine robuste Spielweise bekannt, nicht aber als Raubein. Im Gespräch mit der Allgäuer Zeitung weist er den von Frank geäußerten Vorwurf entschieden zurück, er habe seinen Gegenspieler verletzen wollen. „Ich habe mir jetzt mehrmals das Video der Szene angesehen – das als Foul zu bewerten, ist legitim“, sagt der 23-Jährige. „Mir aber Vorsatz zu unterstellen und Anzeige zu erstatten, ist Quatsch und schon frech.“
Solche Anzeigen haben im Sport einfach nichts verloren, das ist peinlich.EVF-Spieler Quirin Stocker
Vielmehr ginge aus dem Filmmaterial hervor, dass Osterberg ihn ja sogar habe kommen sehen. Vorsatz unterstellen müsse man viel mehr dem Deggendorfer Spieler Curtis Leinweber, der ihn nach der Aktion mit den Fäusten attackierte. „Aber solche Anzeigen haben im Sport einfach nichts verloren, das ist peinlich“, sagt Stocker.
Der EVF-Verteidiger sieht der Sache recht gelassen entgegen und hat sie seinem Anwalt übergeben. Im Heimspiel gegen den SC Riessersee (Beginn 19.30 Uhr) wird er noch aussetzen müssen, beim Gastspiel am Sonntagabend in Weiden (18.30 Uhr) wird er aber schon wieder dabei sein. Denn der Schiedsrichter hatte die Szene zwar als strafwürdig eingestuft und sie mit einer Spieldauer belegt. Nicht aber eine Matchstrafe verhängt, die eine längere Sperre nach sich ziehen würde.
KOMMENTAR ZUR STRAFANZEIGE GEGEN QUIRIN STOCKER
Von Benedikt Siegert
VÖLLIG ÜBERZOGEN
Es ist ein Schmierentheater, das die Verantwortlichen des Deggendorfer SC inszenieren. Der Verein hinkt den sportlichen Erwartungen hinterher, im Umfeld brodelt es und Altstars wie Christoph Gawlik schmeißen entnervt hin. Da ist jede Ablenkung willkommen.
Denn nichts anderes ist die völlig aus der Luft gegriffene Strafanzeige gegen Stocker. Sport bleibt Sport. Und um Regelverletzungen zu bestrafen, gibt es Schiedsrichter. Dieser hat den Füssener Verteidiger mit einer Fünf-Minuten-Strafe belegt und das Foul geahndet.
Damit muss die Sache erledigt sein. Denn bei besagtem Check handelte es nicht um irgend eine Form der vorsätzlichen Tätlichkeit, sondern um einen Zweikampf. Die Deggendorfer Verantwortlichen täten gut daran, ihre vereinsinternen Querelen nicht auf dem Rücken eines 23-Jährigen auszutragen, der im Gegensatz zu Großteilen der Deggendorfer Mannschaft nicht mal Profi ist, sondern nebenher noch einer geregelten Beschäftigung nachgeht.
Dass alle Anfragen unserer Zeitung an den Deggendorfer SC zu diesem Thema bislang unbeantwortet blieben, fügt sicht nahtlos in das fragwürdige Bild, das die Niederbayern in dieser Sache abgeben.
(Benedikt Siegert ist Sportredakteur der Allgäuer Zeitung in Füssen)