Bis vor kurzem war Thomas Greiss noch einige tausend Kilometer von Roßhaupten entfernt. Doch wenn sich der 31-Jährige so umschaute, dann musste er zwangsläufig an seine Ostallgäuer Heimat denken - wenngleich die Berge "nicht ganz so hoch sind." Greiss entspannte sich in North Carolina.
Nachdem der Eishockey-Torhüter mit den New York Islanders die Play-offs der nordamerikanischen Profiliga NHL knapp verpasst hatte, war er mit Ehefrau Brittney und Tochter Penelope ins Sommerhaus der Familie gefahren. "Es ist schön, mal rauszukommen, weniger Leute zu sehen, die Berge zu genießen. Es gibt hier sogar einige nette Brauereien", sagte Greiss im allgaeu.life -Gespräch.
So richtig abschalten konnte er allerdings nicht. Denn inzwischen ist Greiss zusammen mit Islanders-Teamkollege Dennis Seidenberg zur Nationalmannschaft nach Deutschland geflogen. Zum dritten Mal nach 2006 und 2016 ist der gebürtige Füssener heiß auf eine Weltmeisterschaft. Natürlich würde er auch wie im Vorjahr liebend gerne in den NHL-Play-offs aktiv sein. Denn das sei immer die "schönste Zeit der Saison."
(Eine Auswahl der spektakulären Paraden von Thomas Greiss siehst Du hier im Video:)

Andererseits kann er sich in Köln mit einer Heim-WM trösten. Greiss freut sich nicht nur darauf, wieder in der Arena zu spielen, in der er bereits während seiner Zeit bei den Haien (2003 bis 2006) das Tor gehütet hat. Für ihn werden die Tage von Köln auch zu einem Familientreffen mit seinen Eltern Uschi und Paul. Beide reisen an den Rhein, um ihren Thomas zu sehen und ihm die Daumen zu drücken.
"Ich bin jetzt zwar schon zehn Jahre in Amerika, habe aber noch immer viel Kontakt zu meinen Eltern", sagt Greiss. Auch das Geschehen beim EV Füssen, bei dem er einst als Sechsjähriger mit dem Eishockey begann, hat Greiss im Blick und sich sehr über den Aufstieg in die Bayernliga gefreut. Obwohl er sich als "amerikanisiert" bezeichnet, hat Greiss seine Zeit in Füssen nicht vergessen. Von 1992 bis 2003 war er beim EVF, habe "eine sehr gute Ausbildung bekommen." In Köln hätten sie ihm anschließend "den letzten Schliff" verpasst, so Greiss.

Das Ergebnis seiner Kinder- und Jugendausbildung sowie von zehn Jahren Nordamerika ist jetzt zu sehen. Greiss ist erstmals in seiner NHL-Karriere die Nummer eins. Während der Bayer bei den San Jose Sharks, Phoenix Coyotes und Pittsburgh Penguins trotz aller Anstrengungen nie über den Posten des Ersatzmannes hinauskam, unterschrieb Greiss im Januar bei den Islanders vorzeitig bis 2020.
Warum es so lange gedauert hat? Greiss hat dafür mehrere Begründungen. Zu allererst müsse man natürlich die Chance bekommen, über mehrere Spiele sein Können zeigen zu dürfen. Bei seiner ersten NHL-Station, den San Jose Sharks, war das nicht der Fall. Denn Jewgeni Nabokow war die klare Nummer eins. In Phoenix war Mike Smith gesetzt und in Pittsburgh an Marc Andre Fleury kein Vorbeikommen. Greiss spielte immer mal wieder und er spielte auch gut. Dennoch konnte er an der Rangfolge nie ernsthaft rütteln. "Es war sicher nicht leicht, vor allem, als San Jose mich ein Jahr nach Schweden geschickt hat. Das war nicht meine schönste Station, da habe ich nicht gerne gespielt", erinnert er sich nur ungern an die Spielzeit 2010/11 bei Brynas IF.
Thomas Greiss
Geboren
am 29. Januar 1986 in Füssen
Vereine
EV Füssen, Kölner Haie, Eisbären Regensburg, Fresno Falcons, Worcester Sharks, San Jose Sharks, Brynas IF/Schweden, Hannover Scorpions, Phoenix Coyotes, Pittsburgh Penguins, New York Islanders
NHL-Debüt
13. Januar 2008
NHL-Spiele
181
Vertrag
bis 2020
Nationalmannschaft
Olympia 2006, 2010; WM 2006, 2016
Doch Greiss hat nie aufgegeben, immer weiter gearbeitet, sich nur auf das fokussiert, was er selbst beeinflussen kann. Er ist ohnehin jemand, den nichts so schnell aus der Ruhe bringt. Islanders-Teamkollege Dennis Seidenberg sieht diese Gelassenheit als "besondere Stärke" seines Landsmannes. Und selbst als Greiss zum Saisonende hin nur vier der letzten elf Partien von Beginn an spielte, blieb er besonnen. "Solange das Team gewinnt, habe ich kein Problem damit, auf der Bank zu sitzen", so Greiss.
Privat ist er ebenfalls in den USA glücklich geworden - und mit einem Model verheiratet. Ehefrau Brittney ist ehemalige "Miss South Dakota". Beide hatten sich in Los Angeles kennengelernt. Bei der Frage, wer von beiden berühmter sei, kann sich Greiss ein Lächeln nicht verkneifen. "Das kommt drauf an, in welchen Kreisen man fragt - bei den Models ganz sicher sie, beim Eishockey wohl ich."