Dass die Oberstdorfer einen guten Draht nach oben haben, ist hinlänglich bekannt. Der Wettergott ist ihnen nicht nur bei vielen Großveranstaltungen ein verlässlicher Partner, sondern in diesem Jahr auch schon in der Vorsaison. Seit Wochen ist es kalt genug, um den nötigen Kunstschnee für das anstehende Auftaktspringen zur Vierschanzentournee am Schattenberg und die Tour de Ski der Langläufer in Ried zu produzieren.

Seit Wochen ist es aber auch trocken und sonnig genug, um den Umbau der Heini-Klopfer-Skiflugschanze im Stillachtal mit großen Schritten voranzutreiben. „Wir wussten von vornherein, dass wir einen sehr sportlichen Zeitplan haben“, sagt Hans-Peter Jokschat, der den Umbau als Leiter der Oberstdorfer Sportstätten federführend für die Marktgemeinde begleitet.
„Insofern sind wir schon heilfroh, dass uns das Wetter so gut in die Karten gespielt hat.“ Der 53-Jährige will gar keinen Gedanken daran verschwenden, wie alles gelaufen wäre, wenn der Winter schon Ende November die Baustelle großteils lahmgelegt hätte.
So aber reckt Jokschat den Daumen im Hinblick auf den Skiflug-Weltcup vom 3. bis 5. Februar nächsten Jahres optimistisch nach oben. „Wir werden auf alle Fälle eine flugfertige Anlage bereitstellen“, sagt er wohlwissend, dass eine Verschiebung oder gar eine Absage der Generalprobe für die Skiflug-WM 2018 hohe Wellen geschlagen hätte.
„Wir schaffen das“, sagt Jokschat in Kanzlermanier, legt aber auch ein Konzept vor, wie er das stramme Ziel zusammen mit Gemeinde, Landkreis, der Skisport- und Veranstaltungs-GmbH und den beteiligten Baufirmen schaffen will. „Alle ziehen an einem Strang, alle sind in der Lage, wichtige Entscheidungen schnell zu treffen“. Schon im November habe man aber auch entscheiden müssen, einige für die Vor-WM unwichtigen Baumaßnahmen in diesem Winter erst gar nicht mehr in Angriff zu nehmen.
Fertig sind alle Erdarbeiten am Hang und in den Zuschauerbereichen, eine Brücke unterhalb des Schanzentisches, Unterkonstruktion für den Anlauf, der Schanzentisch sowie der Kampfrichterturm.
Fertiggestellt werden soll bis Weihnachten die Anlaufspur und bis Ende Januar der Schrägaufzug, der die Sportler nach oben bringt. Die Abnahme durch den TÜV soll drei Tage vor der Veranstaltung stattfinden. Auch die Zuschauertribünen müssen aus Sicherheitsgründen noch mit Geländern, sogenannten Wellenbrechern, versehen werden.
Geschoben wird der Umbau des Schanzenkopfes. Das heißt, die Besucherplattform sowie der mit Glas ummantelte Aufwärmraum für die Athleten oben an der Schanze (der sogenannte „Adlerhorst“) werden erst im kommenden Frühjahr/Sommer in Angriff genommen. Auch das Geländer rechts und links der Anlaufspur mit den markanten roten Verblendungen wird nach dem Winter komplettiert – ebenso wie Tal- und Bergstation des Schrägaufzuges.
„In voller Pracht“, sagt Jokschat, wird die neue Anlage erst im Sommer erstrahlen. Dem pflichtet Stefan Huber, Geschäftsführer der Skisport- und Veranstaltungs-GmbH, bei. „Wichtig ist, dass wir eine funktionstüchtige Schanze haben und die Sportler Anfang Februar die neue Geometrie der Schanze auf den Prüfstand stellen können.
Die Stadion-Atmosphäre wird sicher gigantisch
Es wird spannend genug, wie weit die Sportler diesen neuen imposanten Hang hinuntersegeln“, sagt Huber voller Vorfreude. Froh ist er auch, dass der Aufsprunghügel rechtzeitig vor Weihnachten noch mit einem Holz-Seil-System versehen wird, damit der Schnee nicht abrutschen kann.
Einig sind sich Jokschat und Huber, dass die umgebaute Schanze vor allem den Zuschauern zugute kommt. „Die Stadion-Atmosphäre wird sicher gigantisch“, sagen beide. Auf den fest installierten Betontribünen haben 7.000 Zuschauer Platz, eine extra Sitzplatztribüne für 2.000 bis 3.000 Zuschauer darüber wird temporär erstellt, der Großteil der Fans findet nachwievor in der Verlängerung des Auslaufes Platz. Insgesamt ist das Fluchtwege- und Sicherheitskonzept auf maximal 22.000 Zuschauer ausgelegt.
Anders als beim Zeitplan werden die Oberstdorfer beim Finanzplan keine Punktlandung hinbekommen. Die ursprünglich veranschlagten Kosten von 11,6 Millionen Euro für den Umbau werden nicht ausreichen. Wie hoch die Überschreitung ist, wollte Jokschat nicht verraten.
Man sei derzeit in Verhandlungen mit den Zuschussgebern und müsse dann zeitnah die Gemeinderäte in Oberstdorf informieren. So gut der „Draht nach oben“ auch ist, auf den warmen Geldregen werden die Oberstdorfer vergeblich warten.