Es schien alles angerichtet zu sein: Ein Jahr nach der EM, bei der die Nationalmannschaft bekanntlich etwas unglücklich gegen den späteren Turniersieger Spanien ausgeschieden war, sollte bei der Nations League der Weg frei sein für den ersten Titel seit langer Zeit. Die DFB-Auswahl – sie schien reif dafür und im Konzert der Großen wieder angekommen zu sein. Dass der langjährige Lieblingsgegner Portugal zum Halbfinale des Wettbewerbs kam, schien perfekt zu sein. Am Ende des Abends stand eine verdiente 1:2-Niederlage zu Buche, zusammen mit der Erkenntnis: Es braucht nicht viel, um das immer noch anfällige Konstrukt der Nationalmannschaft zum Einsturz zu bringen.
Ein Faktor waren die vielen Absagen. Stammspieler wie Rüdiger, Musiala, Schlotterbeck oder Stiller fehlten ebenso wie die Stürmer Kleindienst und Burkardt. Vor allem im Sturmzentrum, in dem Debütant Nick Woltemade anzumerken war, dass er mit dem Niveau fremdelte, gelang es kaum einmal, einen Ball über längere Zeit zu behaupten. In der neu zusammengestellten Defensive reihten sich Fehler an Fehler. Deutschland mag über eine starke erste Elf verfügen – doch das Personal dahinter genügt nicht gehobenen Ansprüchen.
Portugals Einwechselspieler drehen das Spiel, Deutschland bricht nach den Wechseln ein
Zu beobachten war das bei den Einwechslungen: Während bei Deutschland der formschwache Serge Gnabry, Robin Gosens und Niclas Füllkrug kamen, brachte Portugal den PSG-Stammspieler Vitinha, Nelson Semedo und Matchwinner Francisco Conceicao. Auf deutscher Seite spielte Gnabry den Fehlpass vor dem 1:2, Gosens ließ sich beim 1:1 von Conceicao austanzen.
Einen anderen Aspekt sprach Bundestrainer Nagelsmann auf der Pressekonferenz selbst an: „Wir brauchen alle Spieler bei 100 Prozent. Wenn manche Spieler nicht bei 100 Prozent sind, wird es schwer.“ Das Argument mit der indiviuellen Klasse wollte Nagelsmann nicht mal gelten lassen: „Klar hat Portugal viele Zockertypen. Aber wenn wir mit 100 Prozent spielen, können wir auch heute bestehen.“ Ohne Namen zu nennen, dürfte Nagelsmann den sehr unglücklich wirkenden Jonathan Tah vor dem geistigen Auge gehabt haben, ebenso wie den wirkungslosen Maximilian Mittelstädt oder die oft im Aus gelandeten Aufbaubälle von Keeper Marc-André ter Stegen.
Das Spiel gegen Portugal hat gezeigt: Wenn alle Nationalspieler fit und in Form sind, gehört Deutschland zu den Top-Nationen. Es braucht aber nicht viel, um die DFB-Elf wieder von dieser Stufe zu stoßen.


Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.
Registrieren sie sichSie haben ein Konto? Hier anmelden