Wenn es um die Anzahl der Goldmedaillen bei Olympischen Winterspielen geht, dürfte Sportheilpraktiker Boris Wittmann (57) aus Kempten gleich hinter dem Allgäuer Ausnahme-Biathleten Michael Greis aus Nesselwang rangieren, der 2006 in Turin dreimal ganz oben am Podest stand. Wittmann knetete 2010 in Vancouver den Kanadier Joe Montgomery und 2014 in Sotschi den Russen Alexander Tretjakow jeweils zu Skeleton-Gold. Klar. Wittmann hat die Medaillen nicht selbst gewonnen; er hat sie mit gewonnen. Wenn man aber weiß, wie wichtig die medizinische Hilfe für Sportler ist und wie sehr sie sich ihren Helfern anvertrauen, wie viel Selbstvertrauen und Zuversicht sie daraus schöpfen, dann weiß man auch, wie groß der Anteil von Wittmann am Erfolg der von ihm betreuten Sportler ist.
2015 war Schluss mit den vielen Reisen um die Welt
„2006 war ich zum ersten Mal bei einem Weltcup-Wettbewerb“, sagt Wittmann. Im Lauf der Jahre machte sich der gebürtige Kemptener, der in Thalhofen bei Marktoberdorf lebt, einen Namen in der Branche. „Zu mir kommen Sportler aus der ganzen Welt.“ Drei Jahre betreute er die Österreicher, vier Jahre die Kanadier und vier Jahre die Russen. Wittmann: „Ich war oft bis zu vier Monate im Jahr weg.“ In dieser Zeit blieb seine Praxis in Sankt Mang geschlossen. 2015 war dann Schluss mit den Weltreisen.
Viel rumgekommen, doch von der Welt nicht viel gesehen
Wittmann ist viel rumgekommen in dieser Zeit. Er war bei zwei Olympischen Winterspielen, sieben Weltmeisterschaften und 110 Weltcup-Wettbewerben im Einsatz. Von der Welt gesehen hat er nicht viel. „Vor allem zu Beginn der Wettkämpfe lassen sich nahezu alle Sportler behandeln. Es ist vorgekommen, dass ich 16 bis 18 Stunden am Tag gearbeitet habe.“ Freizeit und Sightseeing waren Fremdworte. „Wir sind abends mit den Trainern ab und zu essen gegangen“, mehr sei nicht drin gewesen.“
Auch Fußballer Kevin Volland schaut bei Wittmann in der Praxis vorbei
Die Sportler haben ihm gedankt und viele verewigten sich auf seiner Homepage. Montgomery spricht gar von Wittmanns „magischen Händen“, keiner mache es besser als er. Athleten bedanken sich gleich reihenweise. Auch Fußball-Profi Kevin Volland, der aus Thalhofen kommt und bei AS Monaco in Frankreich spielt, sucht Wittmann gerne auf, wenn er auf Heimatbesuch bei seiner Familie im Ostallgäu ist. Die Danksagungen „machen mich schon stolz.“ sagt Wittmann. „Im Lauf der Zeit baut man mit den Sportlern zum Teil sehr persönliche Beziehungen auf.“ Dies und die Überredungskünste der Österreicherin Janine Flock und des Letten Martins Dukurs seien ausschlaggebend gewesen, dass er nach fünfeinhalb Jahren Pause in den Wintersport zurückkehrt. Beide waren vor Kurzem bei Wittmann in der Praxis zur Behandlung. Beim Skeleton-Weltcup an diesem Wochenende am Königssee in Berchtesgaden wird er die Österreicher und Letten betreuen.
Sein nächstes großes Ziel: die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking
Es ist der Auftakt für das nächste große Ziel von Wittmann. Erst wird er im Oktober zwei Wochen in Peking verbringen. Danach will er bei den Winterspielen im Februar 2022 in China dabei sein. „Es wären meine dritten Spiele“, sagt er. Olympia 2018 in Pyeongchang in Südkorea hatte er verpasst. „Die Anfrage kam zu kurzfristig“ um die Praxis zu schließen. Die Spiele sind auch für ihn, der viel gesehen hat, etwas Besonderes. Wittmann: „Ich habe viel erlebt. Aber die Eröffnungs- oder Abschlussfeiern bei Olympischen Spielen sind Höhepunkte.“